Krypto-Regulierung vor Wendepunkt
Der Rat der Europäischen Union hat dem Entwurf der Verordnung zu Märkten für Kryptowerte (MiCA-VO) zugestimmt und damit einen entscheidenden weiteren Schritt zur Schaffung eines europaweit harmonisierten Regulierungsrahmens für Krypto-Assets unternommen. In seiner Sitzung am 5. Oktober 2022 stimmte der Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (COREPER) dem – gegenüber der ursprünglichen Fassung vom 19. November 2021 deutlich weiterentwickelten – Entwurf zu und machte damit den Weg für eine finale Abstimmung durch das Europäische Parlament frei. Am 10. Oktober 2022 hat nun der Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments dem Vorschlag zugestimmt. Eine Abstimmung im Plenum (erste Lesung) soll in Kürze erfolgen. Anwendbar werden könnte die neue Verordnung aufgrund vorgesehener Anwendungsreglungen damit (vorbehaltlich bestimmter Übergangsregelungen) Anfang bis Mitte 2024.
Ziele und Zusammenfassung wesentlicher Inhalte
Im Rahmen der sogenannten Trilogverhandlungen war zuletzt zwischen Vertretern des Europäischen Rats, der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments über die Details des Entwurfs verhandelt worden. Den Legislativvorschlag zur MiCA-VO hatte die Europäische Kommission bereits am 24. September 2020 im Rahmen des sog. Digital Finance Package vorgelegt. Das Paket umfasste Strategien zur Digitalisierung des Finanzsektors, eine Strategie für den Massenzahlungsverkehr sowie Entwürfe der MiCA-VO und der Verordnung zur digitalen operationellen Resilienz (Digital Operational Resilience Act – DORA).
Ziel der MiCA-VO ist die Schaffung eines einheitlichen EU-weiten Regulierungsrahmens für Krypto-Assets, deren Emittenten und bestimmte Dienstleister, sowie Maßnahmen zum Anlegerschutz und zur Verhinderung von Marktmissbrauch. Die Verordnung wird insofern sowohl Tätigkeiten des Primärmarktes (insb. die Emission von Krypto-Assets) als auch Dienstleistungen des Sekundärmarktes regeln. Für diese Zwecke enthält der aktuelle Entwurf der MiCA-VO Regelungen zu Transparenz- und Offenlegungspflichten für die Emission und den Handel mit Krypto-Assets, die Erlaubnispflicht von und die Aufsicht über Krypto-Asset-Dienstleister und Emittenten von Krypto-Assets, die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation von Krypto-Asset-Emittenten sowie Krypto-Asset-Dienstleistern, Investoren- und Verbraucherschutzvorschriften für die Emission, den Handel und die Verwahrung von Krypto-Assets sowie Vorschriften zur Bekämpfung von Marktmissbrauch auf Krypto-Handelsplätzen.
Anwendungsbereich der MiCA-VO
In den Anwendungsbereich der MiCA-VO sollen vor allem fungible Krypto-Assets fallen, die derzeit nicht von den EU-Rechtsvorschriften für Finanzdienstleistungen, insbesondere der MiFID II, erfasst werden. Damit fallen beispielsweise Token, die als Wertpapiere qualifizieren (sog. Security Token), nicht unter die neuen Regelungen, sondern werden (weiterhin) wie Wertpapiere behandelt.
Der Begriff des Krypto-Assets wird in der MiCA-VO definiert als „digitale Darstellungen eines Wertes oder Rechts, die elektronisch unter Verwendung von Distributed Ledger Technologie oder einer ähnlichen Technologie übertragen und gespeichert werden können“. Anders als die Definition des entsprechenden Begriffs im deutschen KWG ist es nicht erforderlich, dass das Krypto-Asset als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert wird oder Anlagezwecken dient. Ebenso ist unerheblich, ob das Krypto-Asset von einer Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert oder garantiert wird und den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt.
Der Begriff der Krypto-Assets wird in der MiCA-VO weiter in die folgenden drei Unterkategorien aufgeteilt:
- Wertreferenzierte Token (asset-referenced token), bei denen es sich um Token handelt, die keine E-Geld Token sind und die vorgeben, einen stabilen Wert zu haben, indem sie auf einen anderen Wert oder ein Recht oder eine Kombination von beidem, einschließlich einer oder mehrerer offizieller Währungen, Bezug nehmen;
- E-Geld Token (electronic money token), bei denen es sich um Token handelt, die vorgeben, einen stabilen Wert zu haben, indem sie auf den Wert einer offiziellen Währung eines Landes, die durch eine Zentralbank oder andere Währungsbehörde ausgegeben wurde, Bezug nehmen– hierbei handelt es sich um Token, die in erster Linie als Zahlungsmittel dienen. Zudem fallen hierunter Stable Coins, sofern deren Wert an eine Zentralbankwährung wie den US-Dollar oder den Euro gekoppelt ist; und
- Utility Token, bei denen es sich um Token handelt, die dazu bestimmt sind, den Zugang zu einer Ware oder einer Dienstleistung zu ermöglichen, die vom Emittenten dieser Tokens bereitgestellt werden (Art. 3 Abs. 1 Nr. 5).
Ausdrücklich nicht in den Anwendungsbereich der MiCA-VO sollen „einzigartige und nicht-fungible Krypto-Assets“ fallen, zu denen z.B. digitale Kunst und sog. „Collectibles“ zählen sollen, sowie Krypto-Assets, die bereits existierende, realwirtschaftliche Waren und Dienstleistungen repräsentieren. Damit werden Non-Fungible Token (NFT) bzw. Utility Token weitgehend aus dem Anwendungsbereich der MiCA-VO ausgenommen. Zwar könnten solche Krypto-Assets ebenfalls gehandelt und als Spekulationsobjekt verwendet werden, allerdings seien, wie in den Erwägungsgründen der MiCA-VO ausgeführt wird, diese Krypto-Assets aufgrund ihrer fehlenden Austauschbarkeit nicht ohne weiteres für den Handel geeignet und das von diesen Krypto-Assets ausgehende Risiko damit beschränkt. Eine Rückausnahme sieht die Verordnung jedoch für die Ausgabe von „fractional parts“ einzigartiger und nicht-fungibler Krypto-Assets vor, also insb. die Ausgabe von Krypto-Assets in „großen Serien oder Kollektionen“, die deren Handelbarkeit indizierten, ohne dass die MiCA-VO jedoch den Begriff der Serie oder der Kollektion weiter definiert. Folglich könnten hierdurch unter bestimmten Umständen auch NFTs in den Anwendungsbereich der MiCA-VO fallen.
Zeitlich wird die MiCA-VO den Marktteilnehmern Zeit geben, sich auf die neuen Regelungen einzustellen. Die MiCA-VO soll nämlich grundsätzlich erst 18 Monate nach ihrem Inkrafttreten anwendbar sein, wobei die Regelungen zu den wertreferenzierten Token sowie den E-Geld Token bereits 12 Monate nach Inkrafttreten der MiCA-VO anwendbar werden. Außerdem sind großzügig bemessene Übergangsvorschriften vorgesehen, die die Anwendbarkeit insbesondere der neu eingeführten Erlaubnispflichten noch einmal um bis zu weitere 18 Monate nach hinten verschiebt; davon können die Mitgliedstaaten allerdings abweichen und eine frühere Anwendbarkeit vorsehen (vgl. Art. 123 MiCA-VO).
Neue Erlaubnispflichten
Zentrales Element der MiCA-VO ist die Erlaubnispflicht für Emittenten und Anbieter von wertreferenzierten Token und E-Geld Token sowie für Anbieter bestimmter Dienstleistungen in Zusammenhang mit Krypto-Assets. Darüber hinaus sieht die Verordnung eine Reihe von Wohlverhaltenspflichten für Emittenten und Anbieter von Krypto-Assets sowie für Anbieter von Krypto-Asset bezogenen Dienstleistungen vor.
Erlaubnispflicht für Emittenten und Anbieter
Für die Zwecke der Erlaubnispflichten unterscheidet die MiCA-VO zwischen dem Emittenten von Krypto-Assets, also derjenigen natürlichen oder juristischen Person oder anderen Einrichtung, die die Krypto-Assets begibt, und dem Anbieter von Krypto-Assets, also derjenigen natürlichen oder juristischen Person oder anderen Einrichtung, die die Krypto-Assets der Öffentlichkeit anbietet.
Mit Inkrafttreten der Verordnung dürfen in der EU wertreferenzierte Token und E-Geld Token nicht mehr ohne eine entsprechenden Erlaubnis der zuständigen nationalen Aufsichtsbehörde begeben bzw. angeboten werden.
Anforderungen für die Emission und das Angebot wertreferenzierter Token
Emittenten wertreferenzierter Token müssen ihren Sitz in der EU haben (Art. 15 Abs. 1 lit. (a) MiCA-VO) und über ausreichend Eigenmittel und Vermögenswertreserven verfügen (Art. 31-34 MiCA-VO). Letztere Anforderungen wurden während der Verhandlungen noch einmal deutlich verschärft.
Eine Ausnahme von der Erlaubnispflicht für die Emission von wertreferenzierten Token gilt für Kreditinstitute, für die lediglich die Pflicht zur Erstellung und Registrierung eines White Papers gilt. Zudem sind Ausnahmen von der Erlaubnispflicht vorgesehen, wenn ein bestimmter Gesamtwert der ausgegebenen wertreferenzierten Token nicht überschritten oder diese lediglich qualifizierten Anlegern angeboten werden.
Entgegen aller Bestrebungen der Krypto-Lobbyorganisationen enthält die Verordnung zudem einen Ausgabestopp für wertreferenzierte Token durch einen Emittenten vor, wenn der Handel mit dem betreffenden Token 1 Mio. Transaktionen oder EUR 200 Mio. Handelsvolumen pro Tag überschreitet. Da diese Grenze nur für wertreferenzierte Token gilt, sind Stable Coins, die an den Euro gebunden sind (E-Geld Token), von der Regelung nicht erfasst. Dies könnte u.U. langfristig die Anzahl der an den Euro gebundenen Stable Coins erhöhen.
E-Geld Token
Die Emission von E-Geld Token ist Kreditinstituten und E-Geld-Instituten vorbehalten. Die von ihnen ausgegebenen E-Geld Token müssen zudem bestimmte Anforderungen an die Ausgabe und Rücktauschbarkeit von E-Geld nach der E-Geld-Richtlinie. Im Zuge der Verhandlungen neu hinzugekommen ist die Verpflichtung des Anbieters von E-Geld Token, die Emission der E-Geld Token der zuständigen Aufsichtsbehörde 40 Arbeitstage vorher anzukündigen.
Signifikante Krypto-Assets
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass die EBA in Anwendung verschiedener Kriterien bestimmte wertreferenzierte Token und E-Geld Token als signifikant einstuft. Eine solche Einstufung resultiert in erhöhten regulatorischen Anforderungen.
Für wertreferenzierte Token ist dies z.B. der Fall, wenn die Anzahl der Inhaber den Schwellenwert von 10 Mio. Personen überschritten hat, die Marktkapitalisierung des Krypto-Assets über EUR 5 Mrd. liegt oder die Anzahl der Transaktionen mit diesem Krypto-Assets 2,5 Mio. bzw. EUR 500 Mio. pro Tag überschritten hat. Zudem haben bestimmte Emittenten auch die Möglichkeit, ihre wertreferenzierten Token oder E-Geld Token freiwillig von der EBA als signifikant einstufen zu lassen.
Erlaubnispflicht für Anbieter bestimmter Dienstleistungen
Auch Anbieter bestimmter Dienstleistungen in Zusammenhang mit Krypto-Assets bedürfen künftig einer Erlaubnis der zuständigen nationalen Aufsichtsbehörde. Die relevanten Krypto-Asset Dienstleistungen umfassen eine Reihe von Tatbeständen, die denjenigen ähneln, die bereits nach bestehendem deutschen Aufsichtsrecht wegen des dort weit gefassten Begriffs des Finanzinstruments einer Erlaubnispflicht unterliegen. Hierzu gehören:
- die Verwahrung/Verwaltung von Krypto-Assets für Dritte,
- der Betrieb einer Handelsplattform für Krypto-Assets,
- der Tausch von Krypto-Assets gegen Nominalgeldwährungen, die ein gesetzliches Zahlungsmittel sind,
- der Tausch von Krypto-Assets gegen andere Krypto-Assets,
- die Ausführung von Aufträgen über Krypto-Assets für Dritte,
- die Platzierung von Krypto-Assets,
- die Übertragung von Krypto-Assets für Dritte,
- die Annahme und Übermittlung von Aufträgen über Krypto-Assets für Dritte,
- die Beratung zu Krypto-Assets, und
- die Vermögensverwaltung in Bezug auf Krypto-Assets.
Kreditinstitute bedürfen keiner weiteren Erlaubnis für das Erbringen von Krypto-Asset Dienstleistungen, wenn sie ihrer zuständigen nationalen Aufsichtsbehörde zuvor die beabsichtigte Tätigkeit anzeigen. Für Wertpapierdienstleistungsunternehmen bestehen Erleichterungen in Bezug auf Krypto-Asset Dienstleistungen, die jenen entsprechen, für die ihnen bereits nach MiFID II bzw. dem jeweiligen nationalen Aufsichtsrecht eine entsprechende Erlaubnis erteilt wurde.
EU-Passporting und Reverse Solicitation
Wie auch im KWG und WpIG ermöglicht die MiCA-VO eine grenzüberschreitende Erbringung von Krypto-Asset Dienstleistungen in anderen EU-Mitgliedstaaten, so dass der Anbieter von Krypto-Asset Dienstleistungen nicht in jeden Mitgliedstaat eine eigene Erlaubnis beantragen muss. Das dafür erforderliche Verfahren sieht vor, dass der Anbieter in seinem Heimatmitgliedstaat der zuständigen Aufsichtsbehörde die Tätigkeit melden muss. Mit dem Eintrag in einem Register der ESMA und der EBA und der Benachrichtigung des Anbieters der Krypto-Asset Dienstleistungen darf dieser sodann im Aufnahmestaat tätig werden, ohne dass im Hinblick auf aufsichtsrechtliche Anforderungen zwischen grenzüberschreitender Tätigkeit oder Errichtung einer Niederlassung – wie bei Bankgeschäften und Finanzdienstleistungen üblich – differenziert wird.
Wie auch bei den derzeit bestehenden Erlaubnisvorbehalten im deutschen Aufsichtsrecht besteht die Reverse Solicitation-Ausnahme von dem Erlaubnisvorbehalt für Fallgestaltungen, in denen ein in der EU ansässiger Kunde auf eigene Initiative Krypto-Asset Dienstleistungen eines Anbieters aus einem Drittstaat anfragt.
Pflicht zur Erstellung eines White Papers
In Anlehnung an die Regelungen der EU-Prospektverordnung in Bezug auf das öffentliche Angebot und die Zulassung von Wertpapieren zum regulierten Markt sieht auch die MiCA-VO bestimmte Veröffentlichungsplichten vor. Diese unterscheiden sich nach der Art des angebotenen Krypto-Assets.
White Paper für die Emission von Krypto-Assets
Für Krypto-Assets, bei denen es sich nicht um wertreferenzierte Token oder E-Geld Token handelt, ist für das öffentliche Angebot und die Zulassung zum Handel an einer Handelsplattform die Pflicht zur Erstellung eines White Papers vorgesehen. Das White Paper muss bei der zuständigen nationalen Aufsichtsbehörde zudem registriert und auf der Website des Emittenten bzw. des Zulassungsantragstellers veröffentlicht werden. Eine Billigung des White Papers durch die nationale Aufsichtsbehörde ist nicht erforderlich. Zuständig für die Registrierung der White Papers ist die Aufsichtsbehörde des Mitgliedstaats, in dem die Krypto-Assets vermarktet oder auf einer Handelsplattform zugelassen werden sollen.
Die notwendigen Inhalte des White Papers sind im Zuge der Verhandlungen deutlich entschärft wurde. So wird anstelle einer detaillierten Beschreibung der Hauptrisiken lediglich verlangt, Informationen zu Risiken darzustellen, und statt einer detaillierten Beschreibung des Anbieters werden bloß Informationen über den Anbieter gefordert. Das White Paper dient Offenlegungs- und Informationszwecken und ist von seiner inhaltlichen Ausgestaltung an den Vorgaben der EU-Prospektverordnung und der zugehörigen Delegierten Verordnungen orientiert.
White Paper für die Emission von wertreferenzierten Token und E-Geld Token
Für wertreferenzierte Token sind weitere Anforderungen an die Inhalte des White Papers vorgesehen. Auch insoweit wurden im Zuge der Verhandlungen noch erheblichen Änderungen vorgenommen. Wie auch bei sonstigen Krypto-Assets muss das White Paper nicht von der zuständigen Aufsichtsbehörde gebilligt werden. Allerdings ist dieses im Rahmen des Erlaubniserteilungsverfahrens vorzulegen und wird in diesem Zusammenhang von der Behörde geprüft. Mit Erteilen der Erlaubnis gilt das White Paper als gebilligt.
Im Falle von Emissionen durch Kreditinstitute, die keiner weiteren Erlaubnis für das Angebot wertreferenzierter Token bedürfen, muss das White Paper von der zuständigen Behörde separat gebilligt werden.
Für E-Geld Token sieht die – insoweit noch einmal angepasste – MiCA-VO weitere Anforderungen an die Inhalte des White Papers vor. Anders als bei wertreferenzierten Token unterliegt das White Paper für E-Geld Token keiner Prüfung durch die Aufsichtsbehörde. Stattdessen wird das White Paper bei der zuständigen Behörde lediglich registriert.
Haftung für White Papers
Wie auch im Wertpapierprospektrecht ist nach der MiCA-VO mit dem White Paper eine zivilrechtliche Haftung des Emittenten verbunden.
Bei einem White Paper für Krypto-Assets, bei denen es sich nicht um wertreferenzierte Token oder E-Geld Token handelt, ist die zivilrechtliche Haftung des Anbieters, des Zulassungsantragstellers und des Betreibers einer Handelsplattform bzw. deren jeweiliger Organmitglieder vorgesehen, wenn die erforderlichen Inhalte nicht im White Paper enthalten sind. Im Wesentlichen gilt dies auch für wertreferenzierte Token und E-Geld Token.
Anders als noch im Vorgängerentwurf der Verordnung stellt die MiCA-VO – ungeachtet einer möglichen nationalen zivilrechtlichen Haftungsnorm – den normativen Anknüpfungspunkt für die zivilrechtliche Haftung direkt zur Verfügung (vgl. Art. 14, 22 und 47 MiCA-VO).
Schutz gegen Marktmissbrauch
Die MiCA-VO enthält ferner Verbote und Anforderungen zur Verhinderung von Marktmissbrauch im Zusammenhang mit Krypto-Assets, wobei der Anwendungsbereich dieser Regelungen auf solche Krypto-Assets beschränkt ist, die zum Handel auf einer Handelsplattform für Krypto-Assets zugelassen sind oder deren Zulassung zum Handel beantragt wurde. Vergleichbar mit den Regelungen der Marktmissbrauchsverordnung müssen Emittenten zugelassener Krypto-Assets Insiderinformationen offenlegen. Ferner sind Bestimmungen zur Unterbindung von Insidergeschäften, der unrechtmäßigen Offenlegung von Insiderinformationen sowie von Marktmanipulation vorgesehen.
Fazit
Die vorliegende Fassung der MiCA-VO wird – sofern sie, wie zu erwarten ist, in Kürze vom EU-Parlament verabschiedet werden wird – einen Meilenstein in der Regulierung von Krypto-Assets setzen. Für Deutschland folgt das allerdings nicht aus der Einführung neuer Erlaubnispflichten, weil der deutsche Gesetzgeber mit der Einführung eines weit definierten Begriffs des Finanzinstruments, der Krypto-Assets bereits erfasst, die wesentlichen Krypto-Asset Dienstleistungen einem Erlaubnisvorbehalt unterworfen hat. Vielmehr folgt die besondere Bedeutung aus der Schaffung einheitlicher Regelungen innerhalb der EU und der Ermöglichung eines Passportings. Damit wird ein Level Playing Field einschließlich der Möglichkeit des Passportings geschaffen, auf das die Marktteilnehmer bereits seit einiger Zeit warten. Der deutsche Gesetzgeber wird freilich nicht umhin kommen, das nationale deutsche Recht an die Vorgaben der MiCA-VO anzupassen. Dafür besteht allerdings angesichts der großzügig bemessenen Anwendbarkeits- und Übergangsregelungen der MiCA-VO kein unmittelbarer Zeitdruck. Auch wenn mit der MiCA-VO ein großer Schritt in Richtung der Regulierung von Krypto-Assets getan wird, ist indes nicht zu verkennen, dass die MiCA-VO noch nicht alle rechtlichen Herausforderungen im Krypto-Asset Bereich auflösen wird. Vielmehr ist bereits absehbar, dass insbesondere für NFTs weiterer Regulierungs- und Klarstellungsbedarf besteht. Es ist somit damit zu rechnen, dass sich der Rechtsrahmen für Krypto-Assets und die damit zusammenhängenden Dienstleistungen weiter dynamisch entwickeln wird.