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Das neue Sonder­vermögen Infrastruktur in Höhe von EUR 500 Milliarden – Investit­ionen in (bestenfalls klimaneutrale) Energie­infrastruktur, Verkehr, Digitalisierung und soziale Infrastruktur

Bundestagswahl Insights

27.03.2025

Nach dem Beschluss des 20. Deutschen Bundestags am 18. März 2025 hat am 21. März 2025 auch der Bundesrat der Grundgesetzänderung über das Sondervermögen für Infrastruktur und Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität zugestimmt (siehe hierzu auch unser Beitrag vom 21. März 2025). Damit ist der Weg frei gemacht für Investitionen in die Deutsche Infrastruktur in Höhe von EUR 500 Milliarden in den nächsten zwölf Jahren.

Der ursprünglich von CDU/CSU und SPD aufgestellte Entwurf (siehe hierzu auch unser Beitrag vom 6. März 2025) ist infolge einer Einigung mit Bündnis 90/Die Grünen noch einmal deutlich in Richtung Verwirklichung der Klimaneutralität bis 2045 nachgeschärft worden. Das Bundesverfassungsgericht hatte zuletzt mehrere gegen die geplante Abstimmung noch im „alten“ Bundestag gerichtete Eilanträge verworfen (siehe hierzu auch unser Beitrag vom 18. März 2025). Neben der Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben, den Zivil- und Bevölkerungsschutz, Nachrichtendienste, den Schutz informationstechnischer Systeme und der Hilfe für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten wurde zusätzlich ein Sondervermögen in Höhe von EUR 500 Milliarden für Infrastruktur und die Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 eingerichtet.

Für die Infrastrukturbranche eröffnet der neue Artikel 143h des Grundgesetzes in seiner jetzt vom Bundestag beschlossenen Form zahlreiche Investitionsmöglichkeiten in den nächsten Jahren. Die normalerweise für die Neuverschuldung der Bundesrepublik Deutschland geltende Schuldenbremse wird für zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und für zusätzliche Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 mit einem Volumen von bis zu EUR 500 Milliarden Euro aufgehoben.

Zusätzlichkeits-Kriterium für Investitionen und erweiterte Investitionsmöglichkeiten der Bundesländer

Das Gesetz sieht nun (anders als im ursprünglichen Entwurf) ausdrücklich vor, dass die Investitionen in die Infrastruktur und die Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität „zusätzlich“ erfolgen sollen. Zusätzlichkeit liegt nur dann vor, „wenn im jeweiligen Haushaltsjahr eine angemessene Investitionsquote im Bundeshaushalt erreicht wird“. Dies ist laut Begründung dann der Fall, wenn der im jeweiligen Haushaltsjahr geplante Anteil an Investitionen 10% der Ausgaben im Bundeshaushalt ohne Sondervermögen und finanzielle Transaktionen übersteigt. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die zusätzlichen Milliarden auch tatsächlich in neue Infrastrukturprojekte in Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität fließen und nicht andere Ausgaben querfinanziert werden.

Außerdem sieht die Grundgesetzänderung nun auch für Bundesländer auch für die Bundesländer eine Aufweichung der Schuldenbremse vor, die damit nun ebenfalls in erhöhtem Maße Investitionen tätigen können. Aus dem Sondervermögen stehen EUR 100 Milliarden auch für Investitionen der Bundesländer in deren Infrastruktur zur Verfügung; nach der Gesetzbegründung sollen die Mittel insbesondere für die Mitfinanzierung der Wärme- und Energienetze dienen.

Nähere Ausgestaltung des Sondervermögens Infrastruktur bleibt abzuwarten, jedenfalls EUR 100 Milliarden aus den EUR 500 Milliarden für den Klima- und Transformationsfonds

Die nähere Ausgestaltung des Sondervermögens Infrastruktur soll durch ein noch zu beschließendes Bundesgesetz vorgenommen werden. Zudem muss ohnehin der Haushaltsgesetzgeber der Verwendung der Mittel zustimmen. Dies bleibt der zukünftigen Bundesregierung vorbehalten.

Erste Erkenntnisse, was sich eine Koalition aus CDU/CSU und SPD unter Infrastruktur vorstellt, lässt sich unter Umständen schon dem Ergebnispapier der Sondierungsgespräche entnehmen (siehe hierzu auch unser Beitrag vom 11. März 2025). Dort heißt es, dass Sondervermögen für Infrastruktur soll insbesondere (und demnach nicht abschließend) für folgende Bereiche eingesetzt werden dürfen:

2. Es wird ein Sondervermögen Infrastruktur Bund/Länder/Kommunen geschaffen, das mit einem Volumen von 500 Milliarden Euro ausgestattet wird und eine Laufzeit von 12 Jahren hat. Dieses Sondervermögen soll für Investitionen in die Infrastruktur dienen. Dies umfasst insbesondere Zivil- und Bevölkerungsschutz, Verkehrsinfrastruktur, Krankenhaus-Investitionen, Investitionen in die Energieinfrastruktur, in die Bildungs-, Betreuungs- und Wissenschaftsinfrastruktur, in Forschung und Entwicklung und Digitalisierung. Davon sollen 100 Milliarden Euro den Ländern und Kommunen für die o. g. Bereiche zur Verfügung stehen.

Konkretisiert werden erste Maßnahmen in verschiedenen Unterpunkten zum Thema Wirtschaft im Sondierungspapier. Demnach sollen:

  • die Übertragungsnetzentgelte halbiert und die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden.
  • die Regelungen der Strompreiskompensation auf weitere energieintensive Branchen ausgeweitet und die Kompensation verlängert werden, um global wettbewerbsfähige Energiekosten zu sichern (Stichwort: Industriestrompreis).
  • die Errichtung von Reservekraftwerke (20 GW Gaskraftwerksleistung) für den Base Load erfolgen sowie diese auch zur Stabilisierung des Strompreises zum Einsatz kommen. Zudem sollen Renewables (Sonne, Wind, Bioenergie, Wasserkraft, Geothermie und Speicher) weiter (netzdienlich) ausgebaut werden.
  • CCS/CCU für schwer vermeidbare Emissionen ermöglicht werden.
  • Anbindung der industriellen Zentren deutschlandweit an das Wasserstoffkernnetz.
  • strategisch wichtige Branchen in Deutschland angesiedelt werden, z.B. Halbleiterindustrie, Batteriefertigung, Wasserstoff oder Pharma.
  • E-Mobilität durch Kaufanreize und eine Erhöhung der Pendlerpauschale fördern, um die Autoindustrie als Leitindustrie zu erhalten.
  • Investitionsfonds (durch Zusammenwirken von öffentlichen Garantien und privatem Kapital) zur Hebelung von Investitionen aufgelegt werden, z.B. für Venture Capital, Wohnungsbau und Energieinfrastruktur.

Von besonderem Interesse für die Energieinfrastrukturbranche, insbesondere im Bereich Wasserstoff, erneuerbare Energien und Energienetze wird sein, welche zusätzlichen Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 letztendlich durch die finanzielle Aufstockung des Klima- und Transformationsfonds gefördert werden. Denn von den EUR 500 Milliarden sind EUR 100 Milliarden fest für den Klima- und Transformationsfonds eingeplant. Damit scheint nun die Finanzierung des Klima- und Transformationsfonds wieder gesichert, nachdem das Bundesverfassungsgericht die Umwidmung von für die Bekämpfung der Auswirkungen der Corona-Pandemie vorgesehenen Geldern in Höhe von EUR 60 Milliarden in den Klima- und Transformationsfonds für verfassungswidrig erklärt hatte verworfen (siehe hierzu auch unser Beitrag vom 23. November 2023). Über den Klima- und Transformationsfonds werden insbesondere die für die Klimaneutralität dringend erforderliche, energetische Gebäudesanierung und Umstellung auf klimafreundliche Heizungen, die Dekarbonisierung der Industrie, der Ausbau der erneuerbaren Energien, der Elektromobilität und Ladeinfrastruktur sowie der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft gefördert.

Wünsche und Ideen für den Einsatz der zusätzlichen Mittel gibt es viele. So hatte die Deutsche Bahn bereits einen Bedarf von EUR 148 Milliarden aus dem Sondervermögen bei den voraussichtlich künftigen Koalitionspartnern angemeldet. Insgesamt rechnet die Deutsche Bahn bis 2034 mit einem Investitionsbedarf von EUR 290 Milliarden. Aber auch im Bereich Autobahnen und Bundesstraßen besteht erheblicher Finanzierungsbedarf. Im Gesundheitswesen steht eine Krankenhausreform an, die zur Hälfte von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert werden sollte. Hier könnten stattdessen Gelder aus dem Sondervermögen fließen. Im Bildungsbereich könnte das Geld insbesondere für die Digitalisierung der Schulen und für Sanierung und Neubau von Schulgebäuden eingesetzt werden. Hinsichtlich der EUR 100 Milliarden, die für die Bundesländer vorgesehen sind, setzen sich Vertreter der Gemeinden dafür ein, dass ein großer Teil auf möglichst unbürokratische Weise direkt an die Gemeinden fließen soll.

Allerdings kann die neue Bundesregierung hier andere Schwerpunkte setzen, als dies von der Ampel-Koalition bisher geplant war. Dabei werden sicherlich insbesondere die im Sondierungspapier angesprochenen Bereiche Berücksichtigung finden. Medienberichten zufolge möchte die CDU die bisherigen Förderprogramme des Klima- und Transformationsfonds einer Effizienzprüfung unterziehen. Das könnte beispielsweise das Programm zur energetischen Sanierung von Gebäuden und den Einbau klimafreundlicher Heizungen treffen. Die Gelder könnten dann auch möglicherweise verstärkt für Investitionen in Strom-, Wärme-, Wasserstoff- und CO2-Netze eingesetzt werden. Die konkrete Mittelverwendung bleibt daher abzuwarten, auch wenn ein möglicher Koalitionsvertrag zwischen der CDU/CSU und SPD sicher weitere Indikationen für die Zukunftsfelder liefern wird.

 

Dieser Artikel erscheint im Rahmen unserer Bundestagswahl Insights. Alle Bundestagswahl Insights und mehr Informationen zur Bundestagswahl und deren Auswirkungen auf Industrie und Wirtschaft finden Sie auf unserem Election Hub (hier).