News

Vertriebs­kartellrecht unverändert im Fokus der Wettbewerbs­hüter

Competition Outlook 2025

29.01.2025

Das Bundeskartellamt verhängte auch im Jahr 2024 wieder in mehreren Fällen Bußgelder wegen vertikaler Preisbindungen. Betroffen waren Hersteller von Telekommunikations- und Netzwerktechnik sowie von Schutzkleidung. In beiden Fällen hat das Kartellamt – wie so oft – die involvierten (Fach-)Händler nicht belangt.

Die Europäische Kommission identifizierte verschiedene Praktiken des Schokoladen- und Keksherstellers Mondelez, wie beispielsweise die Beschränkung des Verkaufsgebiets von Großhändlern, die den grenzüberschreitenden Handel und damit das Unionsziel der Schaffung eines integrierten Binnenmarktes gefährdeten. Mondelez wurde mit EUR 337,5 Mio. bebußt (Details: Noerr Insights). Zudem verhängte die Europäische Kommission im Bereich Bekleidung ein Bußgeld i.H.v. EUR 5,7 Mio. gegen Pierre Cardin und seinen größten Vertriebspartner Ahlers wegen des unzulässigen Gebietsschutzes zugunsten von Ahlers.

Neben den Behörden waren auch die Gerichte nicht untätig:

Wettbewerbsverbote: Das Oberlandesgericht Düsseldorf stellte fest, dass Wettbewerbsverbote bzw. Alleinbezugsvereinbarungen in Lieferverträgen auch bei Marktanteilen von über 30 % nicht per se kartellrechtswidrig seien. Kritisch zu würdigen seien Wettbewerbsverbote aber insbesondere dann, wenn Abschottungseffekte auftreten. Das Urteil nennt mehrere Aspekte, die bei der Beurteilung der Erschwerung des Marktzugangs relevant sein können (Details: Noerr Insights).

Bestpreisklauseln: Deutsche Gerichte haben bereits mehrfach zu Bestpreisklauseln bei Hotelbuchungsplattformen (Competition Outlook 2022) entschieden. Zu differenzieren sind (i) weite Bestpreisklauseln, die den Hotels generell verbieten, ihre Zimmer irgendwo günstiger anzubieten als auf der Buchungsplattform, und (ii) enge Bestpreisklauseln, die den Hotels lediglich verbieten, ihre Zimmer auf der eigenen Webseite günstiger anzubieten. Nun urteilte der Gerichtshof der Europäischen Union in Sachen booking.com, dass weder die enge noch die weite Bestpreisklausel von booking.com eine notwendige Nebenabrede sei und daher grundsätzlich in den Anwendungsbereich des Kartellverbots falle. Bei Nebenabreden komme es nicht auf die Sicherstellung des wirtschaftlichen Erfolgs der Hauptmaßnahme an, weswegen bloße negative Auswirkungen auf die Rentabilität als Rechtfertigung nicht genügten. Während weite Bestpreisklausen nach der Vertikal-Gruppenfreistellungsverordnung ausdrücklich nicht gruppenfreigestellt seien, schloss der Gerichtshof der Europäischen Union dies für enge Bestpreisklauseln nicht aus, ließ die Entscheidung letztlich aber offen.

Exklusivitätsrabatte: Der Gerichtshof der Europäischen Union hat das im Jahr 2009 verhängte Bußgeld i. H. v. EUR 1,06 Mrd. gegen Intel wegen des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung im Bereich Mikroprozessoren aufgehoben (Vorwurf des Marktauschlusses von Wettbewerbern) und beendete dadurch den 15 Jahre andauernden Rechtsstreit. Er betonte, dass Exklusivitätsrabatte eines marktbeherrschenden Unternehmens nicht per se wettbewerbswidrig seien. Entscheidend seien die Auswirkungen auf den Wettbewerb, welche die Wettbewerbsbehörde anhand des sog. as efficient competitor test untersuchen könne. Im Kern wird dabei analysiert, ob ein ebenso effizienter Wettbewerber dasselbe Rabattsystem kostendeckend anwenden könnte wie das marktbeherrschende Unternehmen. Das Urteil enthält dazu wichtige Klarstellungen (Details: Noerr Insights); dennoch bleibt die kartellrechtskonforme Rabattgestaltung ein Dauerbrenner. Hilfestellung für eine erste Einordnung finden Sie auf Noerr Insights.

Dieser Artikel ist Teil des Competition Outlook 2025. Alle Artikel des Competition Outlooks finden Sie hier.