Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD - Investitionschancen im Infrastruktursektor
Bundestagswahl Insights
Der kürzlich von CDU/CSU und SPD vorgestellte Koalitionsvertrag eröffnet zahlreiche Chancen für Investoren im Bereich Energie und Infrastruktur. Neben dem Einsatz staatlicher Gelder im Rahmen von Vergabe und Beihilfen zur Transformation und Modernisierung der deutschen Infrastruktur, gilt dies insbesondere in den Bereichen, Energie, Verkehr und Telekommunikation. Für die EUR 500 Milliarden Sondervermögen Infrastruktur fehlt es allerdings weiterhin an einer Konkretisierung.
Der Koalitionsvertrag setzt allerdings ein klares Signal, dass mit Investitionen in erneuerbare Energien die Energiewende im Wesentlichen weiter vorangetrieben werden kann, wenn die Subventionen zum Ausbau etablierter Technologien reduziert werden sollen. Deutschlands Strategieschwenk hin zu Bezahlbarkeit, Kosteneffizienz und Versorgungssicherheit bietet vielfältige Investitionsmöglichkeiten und positioniert das Land als Vorreiter bei der Entwicklung nachhaltiger Energie und moderner Infrastruktur. Mit ihren ersten Investitionsschwerpunkten aus dem Koalitionsvertrag führt die künftige Koalition den von der Ampelkoalition eingeschlagenen Weg fort und nimmt nur wenige Kurskorrekturen vor.
Sämtliche Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag stehen jedoch unter dem Haushaltsvorbehalt. Nun wird es darauf ankommen, die politischen Ankündigungen in konkrete Gesetze und Förderprogramme umzusetzen und die zusätzlichen Milliarden aus dem Sondervermögen Infrastruktur zielgerichtet einzusetzen.
Das Sondervermögen Infrastruktur: Konkretisierung der Verteilung und Verwendung steht noch aus
Wie bereits berichtet (siehe hierzu auch unser Beitrag vom 27. März 2025), sind EUR 100 Milliarden aus dem Sondervermögen für Länder und Kommunen und EUR 100 Milliarden für den Klima- und Transformationsfonds vorgesehen. Die Mittel für den Klima- und Transformationsfonds werden schrittweise mit jährlich rund EUR 10 Milliarden zugeführt. Aus dem Bundesanteil des Sondervermögens werden in den Jahren 2025 bis 2029 Maßnahmen in Höhe von rund EUR 150 Milliarden finanziert.
Der Koalitionsvertrag nennt nur zwei konkrete Einzelmaßnahmen, für die das Sondervermögen Infrastruktur eingesetzt werden soll: Zum einen soll die Sanierung der Hochleistungskorridore im Schienennetz durch das Sondervermögen Infrastruktur finanziert und an dessen Laufzeit gekoppelt werden. Zum anderen soll der bisher für die gesetzlichen Krankenkassen vorgesehene Anteil für den Transformationsfonds für Krankenhäuser finanziert werden. Im Übrigen bleibt die Konkretisierung durch das Errichtungsgesetz zum Sondervermögen abzuwarten.
Der Klima- und Transformationsfonds soll saniert werden. Die Effizienz der Mittelvergabe soll gesteigert und stärker an den Kriterien der CO2-Vermeidung und des sozialen Ausgleichs ausgerichtet werden. Hierbei sollen Kleinstprogramme mit perspektivisch weniger als EUR 50 Millionen Fördervolumen auslaufen.
Um die Implementierung der Vorhaben zu beschleunigen, ist ein Infrastruktur-Zukunftsgesetz geplant, das die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren regeln soll. Die Vorhaben sollen mit einem überragenden öffentlichen Interesse ausgestattet und damit rechtlich priorisiert werden.
Infrastruktur für die Energiewende
Im Bereich Energie stellt der Koalitionsvertrag auf die Vereinbarkeit von Klimaschutz, wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit und sozialer Ausgewogenheit ab. Alle Bereiche sollen auf Bezahlbarkeit, Kosteneffizienz und Versorgungssicherheit ausgerichtet sein. Neben den erneuerbaren Energien setzt der Koalitionsvertrag auch auf Gaskraftwerke, Wasserstoff aus verschiedenen Quellen sowie CCU/CCS-Technologie. CDU/CSU und SPD betonen den marktgesteuerten Ansatz, der durch transparente und vorhersehbare Politik unterstützt werden soll. Im Kapitalmarktrecht soll ein rechtssicherer und europäisch wettbewerbsfähiger Rahmen für Investitionen von Fonds in Infrastruktur und Erneuerbare Energien geschaffen werden.
Im Energiebereich setzt der Koalitionsvertrag insbesondere folgende Schwerpunkte:
- Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung: Zur Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren soll insbesondere RED III zügig in nationales Recht umgesetzt werden. Die Einrichtung von Expertenpools, die Ausweitung der Zustimmungsfiktion und der erweiterte Bestandsschutz für Ersatzeinrichtungen sollen geprüft werden.
- Investitionsfonds Energieinfrastruktur: Ein Investitionsfonds für Energieinfrastruktur soll aufgelegt werden. Dieser soll zur Vergabe von Eigen- und Fremdkapital öffentliche Garantien und privates Kapital vereinigen.
- Erneuerbare Energien: Die Förderung von Solarenergie in Verbindung mit Speichern soll systemdienlich ausgestaltet werden. Parkplatz-, Agri- und Floating-PV sollen erleichtert werden. Bei der Windenergie sollen die Flächenziele für 2032 evaluiert werden, was möglicherweise zu einem geringeren Ausbau führt als von der Ampelkoalition vorgesehen. Bürgerstrom soll erleichtert und die zulässige Höhe der Flächenpacht für im EEG geförderte Windkraftanlagen begrenzt werden. Im Bereich Offshore-Windenergie soll die Abschattungsproblematik angegangen und stärker mit anderen Nordsee-Anrainer-Staaten kooperiert werden.
- Wasserstofftechnologie: In der Phase des Wasserstoffhochlaufs soll nicht ausschließlich grüner Wasserstoff, sondern es sollen auch andere Wasserstoff-Farben zum Einsatz kommen. Erst später soll eine Umstellung auf klimaneutralen Wasserstoff erfolgen. Bei der Wasserstoff-Versorgung wird voraussichtlich der Import eine große Rolle spielen, aber auch die heimische Produktion soll sowohl in Form großer systemdienlicher Elektrolyse-Anlagen als auch in Form von dezentraler und flächendeckender Produktion ermöglicht werden. Im Bereich Wasserstoff sollen nationale und europäische Förderinstrumenten wie H2 Global, IPCEI-Projekte und Programme für den Mittelstand genutzt werden. Beim Wasserstoffkernnetz soll eine erweiterte Planung mit zusätzlichen Trassen die bedarfsgerechte Anbindung der industriellen Zentren auch im Süden und Osten Deutschlands unter Berücksichtigung von Wasserstoffspeichern ermöglichen.
- CCU/CCS-Technologie: Unmittelbar nach Beginn der Wahlperiode soll ein Gesetzespaket zur Ermöglichung beschlossen werden. Für den Bau von CCS/CCU-Anlagen und -Leitungen bei schwer vermeidbaren Emissionen des Industriesektors und für Gaskraftwerke soll das überragende öffentliche Interesse festgestellt werden. Zu erwarten wäre wohl, dass an die erheblichen Vorarbeiten der Ampel-Regierung angeknüpft wird.
- Kraftwerksstrategie: Für Gaskraftwerke sollen schnellstmöglich technologieoffene Ausschreibungen stattfinden. Bis 2030 ist der Bau von bis zu 20 GW Gaskraftwerksleistung geplant.
- Netz- und Speicherausbau: Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsnetze sollen, wo möglich, als Freileitungen errichtet werden. An der einheitlichen Stromgebotszone wird festgehalten. Der Rollout von Smartmetern im Verteilnetz soll beschleunigt werden. Investitionen in Energiespeicher sollen ausgebaut und angereizt werden.
- Energiepreise: Die Energiepreise sollen durch Senkung der Stromsteuer, der Reduktion von Umlagen und Netzentgelten und anderen Maßnahmen gesenkt werden.
Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur
Die Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur stellt einen Investitionsschwerpunkt im Koalitionsvertrag dar. Für die Verkehrsträger sollen Finanzierungskreisläufe eingeführt werden, bei denen die Einnahmen dem jeweiligen Verkehrsträger zugutekommen. Die Finanzierung soll auf ein Drei-Säulen-Modell gestützt werden, bei dem neben Haushaltsmitteln und Nutzerfinanzierung in begrenztem Umfang auch Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP) eingesetzt werden sollen.
Ein Schwerpunkt der geplanten Investitionen im Bereich Verkehrsinfrastruktur liegt auf der Schiene, aber auch die anderen Verkehrsträger finden Berücksichtigung:
- Schienenverkehr: Die zukünftige Koalition plant, den Infraplan als gesetzliches Steuerungsinstrument mit verbindlicher Finanzierungszusage (Eisenbahninfrastrukturfonds) auszugestalten. Die Investitionen in das Schienennetz sollen sowohl bei Haupt- als auch bei Nebenstrecken gesteigert werden. Die Finanzierung soll neben dem Sondervermögen weiterhin aus dem Bundeshaushalt und aus Trassenentgelten erfolgen. Des Weiteren sollen Digitalisierung und Elektrifizierung des Schienennetzes aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert werden. Mittelfristig ist eine grundlegende Bahnreform geplant.
- Straßenverkehr: Die Autobahn GmbH soll begrenzt kreditfähig werden und ihr werden die Einnahmen aus der LKW-Maut zur Verfügung gestellt. Der Ausbau des Ladenetzes und Schnelladenetzes für elektrisch betriebene PKW und LKW soll beschleunigt und die Finanzierung sichergestellt werden.
- Luft- und Wasserverkehr: Im Luftverkehr sollen die internationalen Flugverbindungen von deutschen Flughäfen verbessert und auch Regionalflughäfen weiterhin unterstützt werden. Im Wasserverkehr ist eine zusätzliche Finanzierung für die Ertüchtigung der Wasserstraßen, Schleusen, See- und Binnenhäfen vorgesehen.
Infrastruktur für KI und Telekommunikation
Deutschland soll nach den Vorstellungen der künftigen Koalitionspartner KI- und Gründernation werden (siehe hierzu auch unser Beitrag vom 11. April 2025). Hierfür bedarf es massiver Investitionen auch in die Infrastruktur:
- Rechenzentren: Der Rechenzentrumsstandort Deutschland soll durch Unterstützung von Clustern sowie von regionaler und dezentraler Ansiedlung gestärkt werden. Der Bund wird die für die Digitalisierung der Verwaltung benötigte Kerninfrastruktur wie Netze und Rechenzentren stärken. Die Integration von Rechenzentren in das Stromnetz soll durch eine Digitalisierungsoffensive bei Stromnetzbetreibern zu mehr Transparenz über Netzanschlusskapazitäten erleichtert werden. Rechenzentren sollen insbesondere auch in Ostdeutschland aufgebaut werden.
- Glasfaserausbau: Der Glasfaserausbau soll flächendeckend bis in jede (Miet-) Wohnung vorangetrieben werden. Wo kein marktgetriebener Ausbau möglich ist, sollen Förderprogramme für den Mobilfunk- und Glasfaserausbau eingesetzt werden. Ein neu einzuführendes Beschleunigungsgesetz soll den Mobilfunk- und Glasfaserausbau als überragendes öffentliches Interesse definieren.
Fazit: Zahlreiche Potenziale für Investoren, die der konkreten Umsetzung bedürfen.
Dieser Artikel erscheint im Rahmen unserer Bundestagswahl Insights. Alle Bundestagswahl Insights und mehr Informationen zur Bundestagswahl und deren Auswirkungen auf Industrie und Wirtschaft finden Sie auf unserem Election Hub (hier).
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