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Vertriebskartellrecht

Das Vertriebskartellrecht bleibt weiterhin ein Dauerbrenner

12.02.2025

Auch im Jahr 2024 spielte das Vertriebskartellrecht in behördlichen und gerichtlichen Entscheidungen wie auch in der Beratungspraxis wieder eine unvermindert große Rolle (vgl. bereits Update Commercial 2024). Der Einhaltung der kartellrechtlichen Rahmenbedingungen bei der Ausgestaltung und Durchführung von Liefer- und Absatzverhältnissen sollte stets ein hoher Stellenwert eingeräumt werden.

Dies zeigt etwa die Mondelez-Entscheidung der Europäischen Kommission. Sie verhängte gegen den Schokoladen- und Kekshersteller ein Bußgeld von EUR 337,5 Mio., u. a. weil dieser mit seinen Großhändlern Gebiets- und Kundenkreisbeschränkungen vereinbart haben soll, die geeignet waren, den Wettbewerb zu beeinträchtigen. Dabei hob die Europäische Kommission hervor, dass der Erhalt der Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes bei ihr verstärkt im Fokus stehe (vgl. Noerr Insights).

In einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union ging es um einen Fall, bei dem ein Importeur von Fahrzeugen kartellrechtlich unzulässige Gewährleistungsbedingungen mit den Mitgliedern seines autorisierten Vertriebsnetzes vereinbart haben soll, die laut der zuständigen Wettbewerbsbehörde eine Wettbewerbsbeschränkung bewirkten. Im Rahmen des Vorlageersuchens präzisierte der Gerichtshof der Europäischen Union hierbei die Anforderungen an das Beweismaß des Vorwurfs der bewirkten Wettbewerbsbeschränkung und bestätigte, dass bereits der Nachweis potenzieller – also noch nicht eingetretener – Wirkungen auf den Wettbewerb ausreicht, wenn diese spürbar sind.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf befand hingegen entgegen dem Bundeskartellamt das Wettbewerbsverbot eines Lieferanten für zulässig. In seiner Entscheidung entwickelte das Gericht eine für die Praxis interessante Richtschnur für die kartellrechtliche Bewertung von Wettbewerbsverboten (Vertragshändlerverträge).

Stets relevant sind auch die kartellrechtlichen Grenzen des Informationsaustausches, denn sie sind auch im sog. dualen Vertrieb zu beachten (z. B. wenn der Anbieter selbst die Vertragsprodukte neben seinen Händlern auf dem Markt für Endkunden vertreibt). So hat etwa das dänische See- und Handelsgericht in einer auch für den europäischen Kontext interessanten Entscheidung (in Dänisch) bei einer solchen Konstellation einen Austausch trotz vorgesehener Schutzmaßnahmen für unzulässig erachtet, weil die Maßnahmen faktisch unzureichend waren. Es bleibt ferner abzuwarten, ob die Entscheidungspraxis auch den zuletzt sehr strengen Maßstab des Gerichtshofs der Europäischen Union bei der Feststellung des Informationsaustausches aufgreifen wird.

Ferner fiel in das Jahr 2024 die Beendigung des gut 15 Jahre andauernden Intel-Rechtsstreits zu angeblich missbräuchlichen Rabatten. Der Gerichtshof der Europäischen Union hob das im Jahr 2009 durch die Europäische Kommission gegen Intel verhängte Bußgeld von EUR 1,06 Mrd. im Ergebnis auf. Auch Exklusivrabatte eines marktbeherrschenden Unternehmens sind nicht generell wettbewerbswidrig, wenn etwa ein ebenso effizienter Wettbewerber dasselbe Rabattsystem kostendeckend anwenden könnte. Es sind folglich auch in diesen Fällen die Auswirkungen auf den Wettbewerb konkret zu untersuchen (vgl. Noerr Insights). Für die Gestaltung von Boni und Rabatten bedeutet dies jedoch keinen Freifahrtschein. Vielmehr sind bei Marktbeherrschern oder im Falle relativer Abhängigkeit, die oft zwischen dem Lieferanten und seinen autorisierten Vertriebspartnern besteht, die kartellrechtlichen Grenzen vorab zu prüfen (vgl. Noerr Insights).

Weitere Entscheidungen zum Vertriebskartellrecht

Dieser Artikel ist Teil des "Update Commercial 2025". Alle Beiträge und den gesamten Report als PDF finden Sie hier.