Umfrage: Corona-Krise lässt M&A-Ambitionen unberührt
Die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen Belastungen der Weltwirtschaft haben für die allermeisten Unternehmen keine nachhaltigen Auswirkungen auf ihre Strategie in Bezug auf Übernahmen und Fusionen (M&A). Die Pandemie wirkt aber als Katalysator für eine moderne Unternehmensausrichtung jenseits der reinen Gewinnmaximierung. Nachhaltigkeit und Purpose sind Kernthemen für Unternehmen während und nach der Krise. Das hat eine Umfrage der Kanzlei Noerr unter Chefjustiziaren führender Unternehmen ergeben.
Seit März 2020 wirkt sich die Covid-19-Pandemie weltweit grundlegend auf alle Aspekte des wirtschaftlichen und sozialen Lebens aus. Regierungen haben Grenzen, Universitäten, Schulen, Geschäfte und Restaurants geschlossen und Abstandsregeln verordnet. Dies führte zu einer neuen Normalität für Unternehmen und für jeden Einzelnen. Die Maßnahmen, die zum Schutz der öffentlichen Gesundheit ergriffen wurden, stellten eine Beeinträchtigung für die Weltwirtschaft dar. Rund um den Globus sahen sich Regierungen veranlasst, Konjunkturmaßnahmen zu ergreifen. Ohne Vorwarnung befanden sich Unternehmen in einem Stresstest in Bezug auf ihre Kunden- und Lieferantenbeziehungen. Bei einigen stellten sich grundlegende Fragen in Bezug auf ihr Geschäftsmodell.
„Obwohl wir im zweiten Quartal 2020 eine kurzfristige Schockstarre des Transaktionsmarktes gesehen haben, bestätigt sich aus unseren Gesprächen, dass 85 Prozent der Unternehmen keine mittel- oder langfristigen Auswirkungen auf die strategischen M&A-Ambitionen erwarten. Dieser Befund deckt sich mit einer gesteigerten M&A-Aktivität spätestens seit dem dritten Quartal 2020, die wir in unserer Praxis sehen“, sagte Dr. Natalie Daghles, Partnerin für Corporate/M&A in Düsseldorf.
Dr. Harald Selzner, ebenfalls Partner für Corporate/M&A in Düsseldorf, ergänzte: „Allerdings sieht etwa die Hälfte der Unternehmen durch die Pandemie ausgelöste Herausforderungen bei der Unternehmensbewertung. Ein weiterer Treiber auch bei M&A wird die immer stärkere Fokussierung auf ESG (Environment, Social, Governance) in der Unternehmensausrichtung, was sich auch auf das Steuerung des Beteiligungsportfolios auswirkt. Die Antworten offenbaren erstaunliche Einblicke über den Stand der unternehmensinternen Überlegungen und Debatten. Mit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie hat sich das geschäftliche und gesellschaftliche Leben fundamental und unerwartet verändert. Bei vielen Unternehmen wurden langjährige Beziehungen zu Kunden und Lieferanten in Frage gestellt bzw. einem Stresstest unterzogen.“
An der Umfrage haben General Counsel von 30 führenden Unternehmen in Deutschland und Europa aus verschiedenen Branchen teilgenommen. Die Befragung ergab außerdem:
1. Investoren & Stakeholder (u. a. Anteilseigner, Gläubiger)
- 72 Prozent der befragten Unternehmensjuristinnen und -juristen sehen Shareholder Activism nicht als Bedrohung für ihr Unternehmen an.
Darüber hinaus
- hat Corona die Beteiligung von Investoren durch virtuelle Hauptversammlungen erhöht,
- hat Corona zu häufigerer Kommunikation mit Investoren geführt,
- ist der Kontakt wegen des fehlenden persönlichen Austausches formeller geworden.
2. Fusionen & Übernahmen (Mergers & Acquisitions, M&A)
- 85 Prozent der befragten Unternehmensjuristinnen und -juristen sehen keine oder nur kurzfristige Auswirkungen der Corona-Pandemie auf M&A-Ambitionen.
- 85 Prozent geben an, ihr Unternehmen habe seine M&A-Strategie aufgrund der Covid-19-Krise nicht angepasst.
- 45 Prozent sehen Corona-bedingte Herausforderungen bei der Unternehmensbewertung.
3. Unternehmensführung (Corporate Governance)
- 92 Prozent der befragten Unternehmensjuristinnen und -juristen sagen, dass Klimawandel/Umwelt für ihr Unternehmen von hoher Bedeutung sind.
- 85 Prozent sagen, dass ein Sinn bzw. Zweck (Purpose) für ihr Unternehmen von hoher Bedeutung ist.
- 81 Prozent sagen, dass Vielfalt (Diversity) für ihr Unternehmen von hoher Bedeutung ist.
4. Mobiles Arbeiten & Reisen
- 81 Prozent der befragten Chefjuristen sagen, dass 90 Prozent ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nie mehr vollständig an ihren Arbeitsplatz zurückkehren werden.
- 85 Prozent erwarten, dass Geschäftsreisen nie mehr das Vor-Corona-Niveau erreichen werden.
5. Herausforderungen für Unternehmensjuristinnen und -juristen
a) Top 5
- Regulatorische Fragen
- Datenschutz und Cybersicherheit
- Sanktionen
- Umwelt, Soziales & Unternehmensführung (Environment, Social & Goverance, ESG)
- Rechtsstreitigkeiten
b) Selbstverständnis
- 54 Prozent der befragten Chefjustiziare sehen sich primär in einer Facilitator-Funktion für die Business-Teams, um Wege zur Umsetzung der operativen Ziele zu finden.
- 25 Prozent sehen sich primär in einer Gatekeeper-Funktion zur Sicherstellung der Einhaltung rechtlicher Rahmenbedingungen und Auflagen bei der Umsetzung der operativen Ziele.
c) Wichtigste strategische Initiativen
- 37 Prozent: Digitalisierung und Technologie
- 11 Prozent: Risiken und Compliance
- 11 Prozent: Kostenreduzierung und Effizienzsteigerung
- 7 Prozent: Unternehmensintegration
d) Bedeutung von Legal Tech (Automatisierung juristischer Tätigkeiten) für Unternehmensjuristen
- 58 Prozent: sehr wichtig
- 38 Prozent: nicht wichtig
Download Studie:Die Studie „Noerr GC Top of Mind 2021“ steht hier zum Download bereit. |