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LIV Golf gegen die PGA

05.08.2022

Um was geht es?

Die Golfwelt ist in Aufruhr. Grund dafür ist vor allem die Anfang 2022 ins Leben gerufene und vom saudi-arabischen Staatsfonds gesponserte LIV Golf Tour. Diese ist angetreten, um der altehrwürdigen PGA Tour Konkurrenz zu machen. Seither konnte LIV Golf eine Reihe bekannter Spieler wie Phil Mickelson, Bryson DeChambeau oder auch den deutschen Golfprofi Martin Kaymer mit großzügigen finanziellen Anreizen dazu bringen, in die alternative Tour einzusteigen. Zuletzt wurde auch bekannt, dass Tiger Woods ein Angebot von LIV Golf in Höhe von bis zu EUR 800 Mio. abgelehnt haben soll und der PGA die Treue hielt. Jenen Spielern, die anders als Tiger Woods die Angebote von LIV Golf angenommen und an Turnieren und anderen Events von LIV Golf teilnehmen, drohte die PGA unter anderen mit lebenslangen Sperren für PGA Turniere. Aktuell ist es den Teilnehmern der LIV Golf Tour auch verwehrt, an Turnieren der PGA teilzunehmen.

Als Reaktion darauf haben nun elf LIV-Golfprofis um Phil Mickelson eine Klage gegen die PGA Tour vor einem Gericht in Kalifornien eingereicht. Parallel dazu wollen drei der Kläger auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erreichen, an den für Weltranglistenpunkte wichtigen FedEx-Cup-Playoffs der PGA Tour teilzunehmen. In beiden Fällen argumentieren die Kläger, dass die PGA mit ihren Maßnahmen gegen die LIV-Golfprofis gegen Kartellrecht verstoße. Demnach soll die PGA durch die Teilnahmebeschränkungen ihre (bisher) Monopolmacht ausgenutzt haben und damit den Spielern die Möglichkeit verwehren, ihre Dienstleistungen (in Form des öffentlichkeitswirksamen Golfspiels) an andere zu verkaufen. Zugleich würde damit versucht, konkurrierende Anbieter von Profigolfturnieren von vornherein vom Markt zu verdrängen.

Der Streit in der Golfwelt fügt sich ein in eine Reihe anderer Auseinandersetzungen in der Sportwelt wegen der Gründung alternativer Ligen und Veranstaltungsformate in Konkurrenz zu den etablierten Verbänden und Veranstaltern. Prominentestes Beispiel dafür dürfte die sogenannte Super League im Fußball sein. Ein Verbund aus zwölf europäischen Spitzenclubs (u. a. Real Madrid und Manchester United) legte im vergangenen Jahr (2021) ein Konzept für die Super League vor, die der Champions League aber auch den nationalen Ligen Konkurrenz machen soll. In dieser Super League sollten ursprünglich neben den zwölf Gründungsclubs nur gesondert eingeladene Teams spielen dürfen. Aufgrund des negativen Feedbacks von Fans und Politik haben sich einige Clubs zwischenzeitlich wieder von dem Projekt verabschiedet.

Auch wenn die Super League bisher nicht ausgetragen wird, streiten sich die Organisatoren der geplanten Super League mit der UEFA und der FIFA vor einem Gericht in Madrid um die Rechtmäßigkeit der Reaktionen der UEFA und der FIFA auf die Super League-Pläne. Ähnlich wie die PGA gegenüber den LIV-Golfprofis haben auch UEFA und FIFA jenen Clubs Teilnahmesperren angedroht, die auch an der Super League teilnehmen wollten. Das Gericht in Madrid hat mittlerweile auch den EuGH im Wege eines Vorabentscheidungsverfahren angerufen und um Klärung der Frage gebeten, ob UEFA und FIFA ihre marktbeherrschende Stellung ausgenutzt und somit gegen das Marktmachtmissbrauchsverbot (Art. 102 AEUV) verstoßen haben.

Welche Rolle spielt das Kartellrecht?

Neben Golf und Fußball waren alternative Sportverbände und die Veranstaltung von Wettbewerben außerhalb der Organisation bestehender Verbandsstrukturen auch schon in anderen Sportarten zu beobachten. So gibt es beispielsweise im Basketball mehrere europäische Ligawettbewerbe, die von unterschiedlichen Organisationen veranstaltet werden (FIBA Europe und ULEB). Auch im Boxsport kennt man verschiedene Verbände (u.a. WBA, WBC, IBF und WBO). Ein weiteres Beispiel kommt aus dem Eisschnelllauf. Die International Skating Union (ISU) hat von einem privaten, kommerziellen Veranstalter Konkurrenz erhalten, der das gut dotierte „Icederby“ veranstaltet.

Die Reaktion der PGA Tour wie auch der UEFA/FIFA auf die Pläne hinsichtlich der LIV Golf Tour und der Super League sind wiederum vergleichbar mit jener der ISU auf die Konkurrenz. Sie drohte Teilnehmern des Icederbys auf Grundlage der ISU-Statuten u. a. einen lebenslangen Ausschluss von ISU-Wettbewerben an. Die Europäische Kommission hat daraufhin die Beschwerde von zwei betroffenen Eisschnellläufern aufgegriffen und einen Verstoß gegen das europäische Kartellverbot festgestellt. Der Verstoß gegen das Kartellverbot besteht laut Europäischer Kommission in den Regelungen der ISU-Statuten, welche die Möglichkeiten von Sportlern einschränken, an von Dritten veranstalteten Eisschnelllauf-Wettbewerben teilzunehmen. Damit schotte die ISU den Markt für die Veranstaltung und Vermarktung internationaler Eisschnelllauf-Wettbewerbe ab. Das Gericht der Europäischen Union hat diese Entscheidung der Europäischen Kommission mittlerweile bestätigt (T-93/18). Das Rechtsmittelverfahren vor dem EuGH ist aktuell noch anhängig (C-124/21 P).

Neben einem Verstoß gegen das Kartellverbot kommt in derartigen Konstellationen grundsätzlich auch ein Verstoß gegen das Verbot des Marktmachtmissbrauchs durch die etablierten Sportverbände in Betracht. Dahinter steht die Annahme, dass die etablierten Sportverbände – wie die PGA oder die UEFA – die neue Konkurrenz mit Mitteln wieder vom Markt verdrängen könnte, die nicht das eigene Produkt – hier die PGA Tour und die Champions League – verbessern, sondern lediglich Wettbewerber wie die Super League in deren Tätigkeit behindern.

Offen ist, ob im Falle der Super League auch die beteiligten Clubs gegen das Kartellrecht verstoßen haben könnten. Nicht auszuschließen ist in diesem Zusammenhang ein Verstoß gegen das Kartellverbot. Vor allem in der exklusiven Ausgestaltung der Super League zugunsten der Spitzenclubs und die damit einhergehende Abstimmung zwischen diesen Clubs könnte eine Wettbewerbsbeschränkung gesehen werden (wobei zu prüfen wäre, ob eine solche gegebenenfalls zulässig ist).

Bei all diesen Fragen und der rechtlichen Würdigung ist auch die Besonderheit des Sports und der Autonomie der Sportverbände relevant. Denn Sport ist häufig nicht unmittelbar vergleichbar mit anderen Wirtschaftsbereichen. Grund dafür ist beispielsweise, dass beispielsweise im Fußball die Clubs auf jeweils andere leistungsstarke Clubs angewiesen sind, um einen interessanten Wettkampf zu bieten, der die Zuschauer unterhält.

Ausblick

Die letzten Entwicklungen im Golf, im Fußball und in anderen Sportarten lassen erwarten, dass im Kampf um Aufmerksamkeit, Prestige sowie Preis- und Werbegelder das Kartellrecht eine zunehmend prominente Rolle einnehmen wird. Nicht auszuschließen ist, dass neben den gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen den konkurrierenden Verbänden und Organisatoren früher oder später auch kartellbehördliche Verfahren hinzukommen dürften. Dies wäre vor allem dann zu erwarten, wenn die Gerichte sich mehrheitlich auf die Seite der aufstrebenden Sportverbände stellen und die Abwehrmaßnahmen der etablierten Organisationen als kartellrechtlich problematisch einstufen. Wettbewerbsbehörden wie die Europäische Kommission oder auch nationale Kartellbehörden (wie bspw. das Bundeskartellamt) könnten dann die Sportverbände und ihre Abwehrmaßnahmen verschärft in den Blick nehmen.

Je nach weiterem Verlauf sind dann behördliche Bußgelder und vor allem auch Schadensersatzforderungen der benachteiligten Akteure denkbar.