News

Vereinfachungen der CSRD: Omnibus I

27.03.2025

Zahlreiche Unternehmen haben sich intensiv auf die Berichterstattung nach der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive, RL (EU) 2022/2464) vorbereitet. Nun hat die Europäische Kommission am 26. Februar 2025 als Teil des sog. Omnibusverfahrens zwei Vorschläge unterbreitet, um die verschiedenen Nachhaltigkeitsberichterstattungspflichten drastisch zu vereinfachen. Mit dem ersten Änderungsvorschlag sollen Unternehmen spürbar mehr Zeit erhalten, bis die Berichtspflicht nach der CSRD für sie greift (sog. „Stop the clock“-Vorschlag). Mit einer zweiten, inhaltlich umfassenderen Änderung der CSRD sollen deutlich weniger Unternehmen verpflichtet sein, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen und die Europäische Kommission plant, die Berichtsangaben stark zu reduzieren.

Das Omnibuspaket enthält darüber hinaus Vereinfachungen der CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) und des CO₂-Grenzausgleichssystems / CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism).

Die wichtigsten Änderungen auf einen Blick

In Bezug auf die CSRD beinhaltet das Omnibuspaket vor allem die folgenden Erleichterungen:

  • Anwendungsbereich: Die CSRD soll nur noch für große Kapitalgesellschaften mit durchschnittlich über 1.000 Beschäftigten und mit entweder einer Bilanzsumme über EUR 25.000.000 oder Nettoumsatzerlösen über EUR 50.000.000 gelten.
  • Beginn: Für Unternehmen, die eigentlich ab dem Geschäftsjahr 2025 berichtspflichtig gewesen sind, verschieben sich die Berichtspflichten um zwei Jahre. Ab dem Geschäftsjahr 2024 berichtspflichtige Unternehmen profitieren nicht von einer Verschiebung. Je nach Beschäftigtenzahl könnten sie allerdings zukünftig nicht mehr unter den Anwendungsbereich der CSRD fallen, womit die Berichtspflicht für sie wieder entfallen würde.
  • ESRS: Die europäischen ESRS-Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (European Sustainability Reporting Standards) sollen überarbeitet werden und geringere Angabepflichten enthalten.
  • Trickle-down Effekte: Für Unternehmen, die nicht unter die CSRD-Berichtspflicht fallen, soll ein weiterer Berichtsstandard entwickelt werden. Dieser soll den Umfang an Informationen begrenzen, die diese Unternehmen an berichtspflichtige Unternehmen als Teil der Wertschöpfungskette weitergeben müssen (sog. Value Chain Cap). Dadurch soll verhindert werden, dass nicht-berichtspflichtige Unternehmen mehr Angaben machen müssen, als sie es tun müssten, wenn sie selbst berichtspflichtig wären.
  • Prüfung: Die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts soll nur mit begrenzter Sicherheit durchgeführt werden (sog. Limited Assurance). Bis zum Jahr 2026 plant die Europäische Kommission, Leitlinien zu veröffentlichen, auf die spezifische Standards folgen sollen. Eine spätere Erhöhung des Prüfungsniveaus auf hinreichende Sicherheit (sog. Reasonable Assurance) sowie die Entwicklung entsprechender Prüfungsstandards sind nicht mehr vorgesehen.

Neuer Anwendungsbereich der CSRD

Nach Schätzungen der Europäischen Kommission soll das Omnibuspaket die Zahl der gemäß der CSRD berichtspflichtigen Unternehmen um 80 % senken (Pressemitteilung der Europäischen Kommission).

Bisher sind nach der CSRD große Kapitalgesellschaften mit über 250 Beschäftigten sowie kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Kapitalgesellschaften berichtspflichtig. Der Vorschlag zur grundlegenden Änderung der CSRD (COM(2025) 81 final) sieht nunmehr vor, dass große Kapitalgesellschaften der Berichtspflicht künftig nur noch dann unterliegen, wenn sie folgende Kriterien erfüllen:

  • durchschnittlich mehr als 1.000 Beschäftigte und
  • entweder Bilanzsumme über EUR 25.000.000 oder Nettoumsatzerlöse über EUR 50.000.000.

Kleine und mittlere Kapitalgesellschaften wären nach dem Vorschlag der Europäischen Kommission nicht mehr berichtspflichtig, selbst wenn sie kapitalmarktorientiert sind.

Die gleichen, neuen Schwellenwerte sollen nach dem Vorschlag der Europäischen Kommission künftig auch für Konzerne für die Erstellung eines konsolidierten Nachhaltigkeitsberichts gelten. Auch Konzernmütter wären nur dann berichtspflichtig, wenn sie auf konsolidierter Basis über 1.000 Beschäftigte und entweder eine Bilanzsumme über EUR 25.000.000 oder Nettoumsatzerlöse über EUR 50.000.000 haben.

Die Europäische Kommission hat zudem vorgeschlagen, die Schwellenwerte für in der Europäischen Union ansässige, berichtspflichtige Tochterunternehmen und Zweigniederlassungen von Drittlandunternehmen anzupassen. Diese müssten nur noch dann einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen, wenn das übergeordnete Drittlandunternehmen Gesamtnettoumsätze von über EUR 450.000.000 in der Europäischen Union erwirtschaftet und das Tochterunternehmen eine große Kapitalgesellschaft ist oder die Zweigniederlassung über EUR 50.000.000 Nettoumsätze erzielt.

Neuer Beginn der Berichtspflichten

Das Omnibuspaket sieht eine zeitliche Verschiebung der Berichtspflichten um zwei Jahre vor.

Die CSRD greift bislang für große kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften mit mehr als 500 Beschäftigten ab dem Geschäftsjahr 2024 (sog. erste Welle), für alle weiteren großen Kapitalgesellschaften ab dem Geschäftsjahr 2025 (sog. zweite Welle) und für kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Kapitalgesellschaften ab dem Geschäftsjahr 2026 (sog. dritte Welle). Die Europäische Kommission beabsichtigt mit ihrem Vorschlag zur Änderung der CSRD (COM(2025) 80 final), die Berichtspflicht für Unternehmen der zweiten und dritten Welle jeweils um zwei Jahre zu verschieben, sodass diese ab dem Geschäftsjahr 2027 bzw. 2028 frühestens berichtspflichtig wären (sog. „Stop the clock“-Vorschlag).

Im Rahmen des weiteren, grundlegenderen Vorschlags zur Änderung der CSRD (COM(2025) 81 final) soll die Berichtspflicht dann einheitlich für alle berichtspflichtigen Unternehmen ab dem Geschäftsjahr 2027 gelten. Das betrifft dann nur noch große Kapitalgesellschaften mit mindestens 1.000 Beschäftigten und entweder einer Bilanzsumme über EUR 25.000.000 oder Nettoumsatzerlösen über EUR 50.000.000 (d.h. manche Unternehmen aus der ersten und der zweiten Welle). Kleinere und mittlere Kapitalgesellschaften (d.h. aus der dritten Welle) wären nicht mehr berichtspflichtig.

Unternehmen der ersten Welle, die schon ab dem Geschäftsjahr 2024 berichtspflichtig sind, sind von der geplanten Verschiebung der Berichtspflichten um zwei Jahre nicht erfasst. In Ländern, in denen die CSRD bereits in nationales Recht umgesetzt wurde, bedeutet das, dass sie ab dem Geschäftsjahr 2024 zunächst einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen müssen. In Deutschland, wo die CSRD bislang nicht in deutsches Recht umgesetzt wurde, gilt für Unternehmen, dass sie eine nichtfinanzielle Erklärung nach den geltenden Regeln des HGB (§ 289b HGB) für das Geschäftsjahr 2024 erstellen müssen (wir berichteten hier). Nach Auffassung des Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee e. V. (DRSC) in einem Briefing Paper vom 18. Dezember 2024 ist allerdings auch möglich, dass solche Unternehmen einen ESRS-konformen Nachhaltigkeitsbericht zugleich als nichtfinanzielle Erklärung verwenden, soweit er die Mindestvoraussetzungen für nichtfinanzielle Erklärungen beinhaltet. Die nichtfinanzielle Erklärung kann unter Nutzung nationaler, europäischer oder internationaler Rahmenwerke erstellt werden (§ 289d HGB). Die ESRS bedürfen als delegierte Verordnung keiner Umsetzung in nationales Recht und gelten bereits unmittelbar.

Sofern das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union die Änderungen der CSRD aus dem Omnibuspaket, wie vorgeschlagen, beschließen und der deutsche Gesetzgeber die CSRD entsprechend in nationales Recht umsetzt, müssten zukünftig nur solche Unternehmen der ersten Welle einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen, die mehr als 1.000 Beschäftigte haben. Unternehmen der ersten Welle mit weniger als 1.000 Beschäftigten wären hingegen weder zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts noch einer nichtfinanziellen Erklärung verpflichtet.

Geringere ESRS-Angaben

Die umfangreichen Angabepflichten, die sich aus den ESRS ergeben, sollen sich stark reduzieren.

Die Europäische Kommission plant, die Zahl verpflichtender Datenpunkte im Nachhaltigkeitsbericht nach der CSRD erheblich zu verkleinern und schwerpunktmäßig auf wesentliche und quantitativ messbare Datenpunkte zu begrenzen. Das erste Set der ESRS, das mit delegierter Verordnung (EU) 2023/2772 am 22. Dezember 2023 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde, soll entsprechend überarbeitet werden.

Daneben soll es keine sektorspezifischen ESRS geben. Die Europäische Kommission und EFRAG waren bislang dabei, weitere Berichtspflichten für bestimmte Sektoren zu erarbeiten, die für über 30 Branchen zusätzliche Angabepflichten für den Nachhaltigkeitsbericht definieren sollten. Es ist durchaus denkbar, dass für Unternehmen im Rahmen ihrer Wesentlichkeitsanalyse zukünftig dennoch ein Blick in internationale, sektorspezifische Berichtsstandards weiterhin hilfreich sein wird, um Themen für den Nachhaltigkeitsbericht zu identifizieren.

Nächste Verfahrensschritte

Die Europäische Kommission hat ihre Vorschläge an das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Union weitergeleitet und diese aufgefordert, das Omnibuspaket vorrangig zu behandeln.

Die Aussprache im Europäischen Parlament am 10. März 2025 zeigte eine gemischte Haltung gegenüber den Vorschlägen der Europäischen Kommission. Der Rat der Wettbewerbsfähigkeit befürwortete hingegen in seiner Sitzung am 12. März 2025 tendenziell die Erleichterungen durch das Omnibuspaket.

Am 26. März 2025 hat der Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten beschlossen, dass der Vorsitzende des Rates der Europäischen Union in Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament treten kann, um in einem ersten Schritt die CSRD-Berichtspflichten um zwei Jahre zu verschieben. Das Europäische Parlament hat seinerseits für den 1. April 2025 eine Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag zu diesem „Stop the clock“-Vorschlag anberaumt.

Es ist wahrscheinlich, dass im europäischen Gesetzgebungsverfahren weitere oder andere inhaltliche Änderungen der CSRD vorgeschlagen werden und ein Trilog-Verfahren stattfinden wird. Dabei handelt es sich um ein informelles Verfahren zwischen Europäischer Kommission, Europäischem Parlament und Rat der Europäischen Union, um sich auf einen vorläufigen Kompromisstext zu einigen. Dieser Kompromisstext muss dann im Europäischen Parlament und im Rat der Europäischen Union zur Abstimmung gestellt und beschlossen werden.

Fazit und Ausblick

Obwohl die zeitliche Verschiebung der Berichtspflichten um zwei Jahre einen wertvollen Zeitgewinn für Unternehmen bedeutet, die auch zukünftig einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen müssen, stehen Unternehmen doch aktuell vor der Frage, wie sie die Zeit sinnvoll zur Vorbereitung nutzen können. Es ist nicht eindeutig, wie schnell und in welchem Umfang die geplanten Änderungen zur CSRD und später auch die Änderungen der ESRS auf europäischer Ebene beschlossen und im Amtsblatt der Europäischen Union verkündet werden. Auch müssen die Mitgliedstaaten die Änderungen der CSRD dann in nationales Recht umsetzen. Für eine ordentliche Nachhaltigkeitsberichterstattung benötigen Unternehmen allerdings Klarheit über die neuen Anforderungen an die Berichterstattung und genügend zeitlichen Vorlauf, um die erforderliche Kompetenz und internen Prozesse zu entwickeln.

Insgesamt erscheint es ratsam, dass Unternehmen, die voraussichtlich berichtspflichtig bleiben werden, ihre Vorbereitungen auf der bisherigen Grundlage fortsetzen und die konkreten, inhaltlichen Erleichterungen bei der Berichterstattung laufend beobachten. Insbesondere Unternehmen global agierender Konzerne oder mit internationalen Investoren und Finanzgebern werden sich überlegen, freiwillig höhere Berichtsstandards einzuhalten, wenn sie wettbewerbsfähig bleiben und Erwartungen ihrer Stakeholder erfüllen wollen. Das gilt gleichermaßen für Unternehmen, die in Zukunft nicht berichtspflichtig sein werden, weil sie nicht mehr als 1.000 Beschäftigte haben. Sie müssen sich die Frage stellen, ob sie freiwillig einen Nachhaltigkeitsbericht aufstellen werden.

Unternehmen der ersten Welle stehen vor der besonderen Herausforderung, dass sie ihren Nachhaltigkeitsbericht für das Geschäftsjahr 2025 erneut unter Berücksichtigung der sich wandelnden Umstände aufstellen werden müssen. Auch hier steht die Frage im Raum, inwiefern sie den Nachhaltigkeitsbericht gegenüber dem Vorjahr abwandeln oder aus Transparenzgründen den gleichen Maßstab anlegen werden.

Absehbar ist jedenfalls, dass der Berichtsaufwand für viele Unternehmen im Zusammenhang mit der CSRD insgesamt deutlich sinken wird. Der neue Schwellenwert, der 1.000 Beschäftigte verlangt, nimmt zunächst größere Kapitalgesellschaften in die Verantwortung, über ihre Nachhaltigkeitsstrategie und -ziele zu berichten. Begrüßenswert ist weiter, dass ein noch stärkerer Fokus darauf gelegt wird, den Berichtsumfang von Unternehmen zu begrenzen, die nur mittelbar als Teil der Wertschöpfungskette berichtspflichtiger Unternehmen Angaben über Nachhaltigkeitsaspekte machen müssen.

 

Weiterführende Informationen zu unserer Beratung rund um das Thema Environmental, Social & Governance (ESG) finden Sie hier.

Weiterführende Informationen zu unserer Beratung rund um das Thema Lieferketten-Compliance,einschließlich LkSG und CSDDD, finden Sie hier.

Weiterführende Informationen zu unserer Beratung rund um das Thema Energie & Infrastruktur finden Sie hier.