Franchiserecht
Aktuelle Herausforderungen im Franchiserecht 2024
Die Franchisebranche steht weiterhin vor vielfältigen rechtlichen Herausforderungen. Besonders hervorzuheben sind das Urteil des Landgerichts Augsburg sowie wesentliche Gesetzesänderungen, die unmittelbare Auswirkungen auf die Franchisebranche haben.
Verantwortung von Franchisegebern für unlautere Geschäftspraktiken ihrer Franchisenehmer
Das Urteil des Landgerichts Augsburg (Urt. v. 6.10.2023, 81 O 1161/23) hat die Verantwortung von Franchisegebern für unlautere Geschäftspraktiken ihrer Franchisenehmer zum Gegenstand.
Der Fall drehte sich um ein Fitnessstudio-Franchisesystem, bei dem ein Franchisenehmer eigenmächtig versuchte, die Mitgliedsbeiträge durch fingierte Zustimmung seiner Mitglieder ohne Kenntnis des Franchisegebers zu erhöhen. Durch das Passieren des Drehkreuzes am Eingang des Fitnessstudios sollte die Zustimmung zur Erhöhung der Mitgliedsbeiträge als erteilt gelten.
Aufgrund dieser Praxis klagte ein Verbraucherverband gegen den Franchisegeber auf Unterlassung. Das Gericht sah in dieser Praxis eine unzulässige Beeinflussung, die geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers erheblich zu beeinträchtigen (vgl. § 4a Abs. 1, S. 1, S. 2 Nr. 3, S. 3 UWG), und entschied, dass der Franchisegeber selbstständig neben dem Franchisenehmer haftbar sei (§ 8 Abs. 2 UWG). Das Gericht war der Auffassung, dass die Handlung innerhalb des Betriebsorganismus des Franchisegebers stattgefunden habe. Der Franchisenehmer habe innerhalb eines Rahmenwerks agiert, das durch den Franchisegeber vorgegeben worden sei, was die Eingliederung in dessen Betriebsorganismus belege.
Zentral für die Haftung sei zudem, dass der Erfolg der Handlung des Franchisenehmers letztlich dem Franchisegeber zugutekomme. Der Franchisegeber wisse zwar nichts von den Praktiken, profitiere jedoch indirekt von den Maßnahmen des Franchisenehmers durch höhere Franchisegebühren. Schließlich argumentierte das Gericht, dass der Franchisegeber Maßnahmen hätte treffen können, um ein unlauteres Verhalten zu unterbinden. Dem stünde auch nicht entgegen, dass kartellrechtliche Beschränkungen Preisvorgaben untersagen.
Es bleibt abzuwarten, ob das Urteil der Berufung standhält. Allerdings verdeutlicht es abermals die Notwendigkeit für Franchisegeber, durch Vertragsgestaltung und organisatorische Maßnahmen bestmöglich sicherzustellen, dass Vertriebspraktiken ihrer Franchisenehmer im Einklang mit dem Wettbewerbsrecht stehen.
Gesetzesänderungen und -vorhaben
Neben dem Urteil des Landgerichts Augsburg gibt es drei weitere wesentliche Entwicklungen, die für die Franchisebranche von Bedeutung sind:
Textform statt Schriftform für Gewerbemietverträge
Am 01.01.2025 trat das IV. Bürokratieentlastungsgesetz in Kraft, das die Anforderungen für die Gestaltung von Gewerbemietverträgen verändert. Anstelle der bisherigen Schriftform wird nun die Textform akzeptiert. Gewerbemietverträge können nun also auch per E-Mail, Fax oder andere digitale Nachrichten (beispielsweise WhatsApp) abgeschlossen werden, sofern diese dauerhaft und unverändert gespeichert werden können. Diese Änderung ermöglicht mehr Flexibilität, erfordert aber auch ein umsichtigeres Vertragsmanagement. Für Franchisegeber ist es daher wichtig, die administrativen Prozesse anzupassen und vertraglich klar festzulegen, welche Kommunikationsmittel akzeptiert werden, um mögliche Rechtsunsicherheiten zu vermeiden.
Wettbewerbsrechtliche Herausforderungen durch Abwerbeverbote
In dem Competition-Policy-Brief der Europäischen Kommission zum Thema „Antitrust in Labour Markets“ wies die Europäische Kommission im Mai 2024 darauf hin, dass Abwerbeverbote (auch bekannt als No-Poach-Vereinbarungen) als schwerwiegende Wettbewerbsbeschränkungen anzusehen sind. Sie schränkten den Wettbewerb um die besten Arbeitskräfte in unzulässiger Art und Weise ein und seien nur ausnahmsweise gerechtfertigt. Der Policy-Brief besitzt keine Gesetzeskraft. Es bleibt vorläufig abzuwarten, ob auch Abwerbeverbote in Franchiseverträgen – die bis dato völlig üblich waren – künftig als unzulässige Wettbewerbsbeschränkungen angesehen werden oder ob sie ausnahmsweise gerechtfertigt sind.
Mögliche Rückzahlung von Corona-Beihilfen
Einige Investitionsbanken vertreten derzeit die Auffassung, dass Franchisesysteme im beihilferechtlichen Sinne als Unternehmensverbund einzustufen sind. Dies hätte zur Folge, dass einzelne Franchisenehmer keine separaten Corona-Hilfen hätten beantragen dürfen. Stattdessen wäre nur das gesamte Franchisesystem als Unternehmensverbund dazu berechtigt gewesen. Da die Coronahilfen pro Unternehmen betragsmäßig gedeckelt waren, wäre bei Franchisesystemen die Deckelung schnell überschritten. Zu viel gezahlte Coronahilfen müssten zurückgezahlt werden. Für Franchisegeber ist es wichtig, im Einzelfall zu prüfen, ob ihre Struktur den Definitionen eines Unternehmensverbundes entspricht, um sich und ihre Franchisenehmer gegen eventuelle Rückzahlungsforderungen abzusichern.
Dieser Artikel ist Teil des "Update Commercial 2025". Alle Beiträge und den gesamten Report als PDF finden Sie hier.