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Kartell- und Missbrauchs­verfahren  - von A wie Arbeits­markt bis Z wie Zugangs­verweigerung

Competition Outlook 2025

29.01.2025

Ein bewegtes Jahr 2024

Nach der durch Corona bedingten „Ruhephase“ setzte die Europäische Kommission wieder verstärkt auf Durchsuchungen, um mutmaßliche Verstöße gegen das Kartellverbot zu untersuchen. Im Fokus standen u. a. der Vertrieb von Finanzderivaten, der Reifensektor und zuletzt der Bereich Data Center Construction. Weiter brachte die Kommission einige Kartellverfahren zum Abschluss und verhängte Bußgelder gegen die Rabobank i.H.v. EUR 26,6 Mio. (Handelskartell für Euro-Anleihen), gegen Ethanolhersteller i.H.v. EUR 47,7 Mio. (Benchmark-Kartell) und gegen Schienenverkehrsbetreiber und Österreichische Bundesbahnen i.H.v. EUR 48,7 Mio. (kollusive Absprachen zum Ausschluss eines Wettbewerbers). 

Der Gerichtshof der Europäischen Union entschied in der Rechtssache Banco BPN, dass bereits ein Informationsaustausch zwischen Wettbewerbern eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstellen könne, ohne dass es einer darüber hinausgehenden Koordinierung der Preissetzung anhand der ausgetauschten Informationen bedürfe (Details: Noerr Insights). Die Entscheidung lässt künftig eine strengere Praxis der Wettbewerbsbehörden bei der Beurteilung des Austauschs wettbewerbsrelevanter Informationen durch Wettbewerber erwarten. 

Außerdem traf der Gerichtshof der Europäischen Union mehrere für den Bereich Sport bedeutsame Entscheidungen: European Super LeagueInternational Skating Union, Royal Antwerp Football Club und jüngst zu Transferregeln der Fifa. Er stellte u. a. klar, dass sämtliche wirtschaftlichen Tätigkeiten von Sportverbänden kartellrechtskonform sein müssen. Sportverbände dürfen Verfahrensvorschriften aufstellen, allerdings müssen diese transparent, objektiv, nicht-diskriminierend sowie verhältnismäßig sein und dürfen folglich den Wettbewerb – auch außerhalb des jeweiligen Verbandes – nicht behindern. 

Der Gerichtshof der Europäischen Union stützte zudem die Position der Kommission bei der Missbrauchskontrolle. In der Google-Shopping-Entscheidung bestätigte er, dass die Selbstbevorzugung eigener Angebote durch ein marktbeherrschendes Unternehmen ein eigenständiges missbräuchliches Verhalten gegenüber seinen Wettbewerbern darstellen kann (Details: Noerr Insights). Der Gerichtshof der Europäischen Union darf sich möglicherweise auch bald mit der Meta-Entscheidung der Kommission befassen. Darin beurteilte die Kommission die Verknüpfung von Metas Online-Kleinanzeigendienst mit dem sozialen Netzwerk Facebook und verschiedene Handelsbedingungen für andere Anbieter von Online-Kleinanzeigendiensten als missbräuchlich und verhängte ein Bußgeld i.H.v. EUR 797,72 Mio. 

Das Bundeskartellamt verhängte eine Kartellgeldbuße im Bausektor. Zudem gab es grünes Licht für ein Mehrwegsystem im Pflanzenhandel zur Reduzierung von Plastikmüll. Daneben stellte das Bundeskartellamt nach Zugeständnissen der Beteiligten und Abstellen der Verhaltensweisen Verfahren in den Bereichen E-Bikes und Kupferproduktion ein. 

Ein voraussichtlich ereignisreiches Jahr 2025

Die Kommission beabsichtigt den Erlass neuer Leitlinien zum Behinderungsmissbrauch. Aufgrund jüngerer Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union ist zu erwarten, dass der bereits 2024 vorgelegte Entwurf noch einmal überarbeitet wird.

Weiter rücken die Arbeitsmärkte zunehmend in den Blick der Wettbewerbshüter. Die Kommission ordnete jüngst in einem Policy-Paper (Details: Noerr Insights) sowohl Abwerbeverbote – d. h. eine Verständigung zwischen Arbeitgebern, sich gegenseitig keine Arbeitnehmer abzuwerben – als auch Vereinbarungen über Lohnniveaus (außerhalb von Tarifverhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden) als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung ein. Sollte diese Einordnung einer gerichtlichen Überprüfung standhalten, würde dies die Arbeit der Kommission erleichtern, da sie keine Wirkung der Abreden auf dem Markt nachweisen müsste. Neben Durchsuchungen gibt es mittlerweile die erste Verfahrenseinleitung in diesem Bereich (Online-Lieferung von Lebensmitteln).

Dieser Artikel ist Teil des Competition Outlook 2025. Alle Artikel des Competition Outlooks finden Sie hier.