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Update „Klimaklagen“ – Erste Landgerichte halten „Klimaklagen“ für unbegründet

16.08.2022

Die in den sog. Klimaklagen gegen die Volkswagen AG und die Mercedes-Benz AG von dem Landgericht Detmold sowie dem Landgericht Stuttgart im Rahmen der mündlichen Verhandlung geäußerten vorläufigen Rechtsauffassungen zeigen, dass es Klimaklagen vor Zivilgerichten derzeit schwer haben werden. Probleme sehen die Zivilrichter dabei vor allem in Bezug auf Gewaltenteilung, Kausalität und Rechtswidrigkeit – Problempunkte, die allen Klimaklagen gegen private Unternehmen gemein sein dürften. Für die Kläger scheint jedoch nicht nur der Erfolg in der Sache entscheidend zu sein, sondern auch das mit den Klagen erzielte Medienecho.

Bereits Anfang September 2021 hatten die Geschäftsführer der Umweltorganisationen Deutsche Umwelthilfe und Greenpeace unter anderem drei namhafte deutsche Automobilhersteller mittels zivilrechtlicher Anspruchsschreiben aufgefordert, sich künftig zu darin näher spezifizierten Klimaschutzmaßnahmen zu verpflichten. Hierunter insbesondere zu einem Ausstieg aus dem Verkauf von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Nachdem die Automobilhersteller erwartungsgemäß eine Selbstverpflichtung nach Maßgabe der Vorstellungen der Umweltschutzverbände abgelehnt hatten, wurden noch im selben Monat Klagen u.a. gegen die BMW AG (Klage BMW AG), die Mercedes-Benz AG (Klage Mercedes Benz AG)(im Folgenden „Mercedes) und die Volkswagen AG (Klage Volkswagen AG) (im Folgenden „VW) (hier im November 2021) rechtshängig gemacht. (Näheres hierzu unter „Klimaklagen“ gegen deutsche Unternehmen unter der Lupe - Noerr).

Im Verfahren gegen Mercedes klagen die Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe und begehren eine Verringerung der Emissionen. Mercedes solle es (unter anderem) weltweit unterlassen, nach dem 31.10.2030 Personenkraftwagen mit Verbrennungsmotor erstmalig auf den Markt zu bringen. Dies solle nur dann nicht gelten, sofern Mercedes für die Nutzung der nach diesem Datum in Verkehr gebrachten Personenkraftwagen Treibhausgasneutralität nachweisen kann. Die genauen Klagebegehren und Anträge, sowie die materiell-rechtliche Konstruktion im Verfahren gegen Mercedes haben wir unter „Klimaklagen“ gegen deutsche Unternehmen unter der Lupe - Noerr zusammengefasst.

In einem weiteren Verfahren gegen VW, das deutliche Parallelen zu dem oben genannten Verfahren aufweist, klagt ein Landwirt aus Niedersachsen, der von der Umweltorganisation Greenpeace unterstützt wird. Nach Gerichtsangaben (Landwirt klagt gegen Volkswagen) begehrt der Kläger von VW eine Verringerung ihrer Emissionen und einen vollständigen Ausstieg aus dem Verkauf von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor ab dem Jahr 2030. Die von ihm landwirtschaftlich genutzten Flächen, nebst zugehörigem Wald, hätten infolge des Klimawandels Schaden genommen. Verantwortlich hierfür sei aus Sicht des Klägers der gesamte VW-Konzern, da dieser als Großemittent von klimaschädlichem CO2 unter anderem für die geltend gemachten Klimaschäden verantwortlich zu machen sei.

In beiden näher beschriebenen Verfahren fanden kürzlich die mündlichen Verhandlungen statt.

Landgericht Detmold verhandelte Ende Mai 2022 - Klage hat keine Aussicht auf Erfolg

Ende Mai 2022 verhandelte das Landgericht Detmold, als erstes deutsches Gericht in diesen Verfahrenskonstellationen, die Klage gegen VW.

Nach der in der mündlichen Verhandlung vorläufig geäußerten Rechtsauffassung scheint die Klage (zumindest erstinstanzlich) keine Aussicht auf Erfolg zu haben. Die 1. Zivilkammer des Landgerichts Detmold äußerte sich kritisch, sowohl zu prozessualen als auch zu materiell-rechtlichen Punkten.

Besonders beachtenswert erscheint der Hinweis der Kammer, dass sie die Klimarechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht derart verstehe, dass es Aufgabe eines Zivilgerichts, hier des Landgerichts Detmold, sei, Unternehmen konkrete Emissionsvorgaben zu machen. Dies sei einzig Aufgabe des Gesetzgebers (vgl. bereits „Klimaklagen“ gegen deutsche Unternehmen unter der Lupe - Noerr).

Prozessuale Schwierigkeiten sah die Kammer bei der Antragstellung des Klägers. So sind die Anträge wohl auf vorbeugende Unterlassung im Sinne des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB gerichtet, der Tatsachen- und Rechtsvortrag hingegen bezieht sich auf die Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB. Nach Angaben des Gerichts werde nicht deutlich, was eigentlich beseitigt werden solle.

Kritisch äußerte sich die Kammer auch zu materiell-rechtlichen Problemen, insbesondere zur Frage der Kausalität. Selbst die Prozessbevollmächtigten des Klägers räumten ein, dass die Kausalität eine hohe Hürde sei, die es zu nehmen gelte. Unklar blieb bereits, ob nur die Emissionen, die aus der Nutzung der hergestellten und in Verkehr gebrachten einzelnen Fahrzeuge resultieren (sog. Scope-3-Emissionen) in den Blick zu nehmen, oder darüber hinaus auch die Emissionen, die unmittelbar im eigenen Unternehmen (sog. Scope-1-Emissionen) bzw. bei Erzeugung der von dem Unternehmen benötigten Energie (sog. Scope-2-Emissionen) verursacht werden, zu berücksichtigen sind.

Nach Ansicht des Landgerichts Detmold ist zudem zweifelhaft, ob VW die Emissionen des gesamten Konzerns zuzurechnen sind.

Überdies äußerte sich das Landgericht Detmold kritisch gegenüber dem geltend gemachten „Recht auf Erhalt treibhausgasbezogener Freiheit“. Der Kläger versuche hier ein neues sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB zu schaffen. Im Kern ginge es bei den vom Kläger genannten Beispielen CO2 emittierender Handlungen (Hofübergabe, Nutzung von Twitter u.a.) aber wohl um die Allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG.

Schließlich sei fraglich, ob die Produktion von Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotor überhaupt rechtswidrig ist. Ein Gesetzesverstoß sei de lege lata nicht ersichtlich.

Auch Landgericht Stuttgart hält Klage für unbegründet

Nur wenig später, am 21.06.2022, verhandelte das Landgericht Stuttgart die Klage gegen Mercedes.

Zunächst fällt auf, dass das Landgericht Stuttgart offensichtlich keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage geäußert hat (Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 22.06.2022, S. 21)

Gleichwohl bezweifelte auch das Landgericht Stuttgart, dass ein Zivilgericht Mercedes entsprechende Emissionsvorgaben machen könne, ohne gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz zu verstoßen. Es wurde in diesem Zusammenhang die Frage aufgeworfen, ob nicht vielmehr der Gesetzgeber festlegen müsse, wann welche Fahrzeuge produziert werden dürfen (a.a.O.).

Das Landgericht Stuttgart äußerte ebenfalls materiell-rechtliche Bedenken, vor allem mit Blick auf die „Argumentationskette“ der Klageparteien.

Diese liegt wie folgt: Wenn Mercedes auch über das Jahr 2030 hinaus Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor vertreibt und in der Folge das ihr zugedachte CO2-Budget überschritten wird, dann muss der Gesetzgeber künftige CO2 emittierende Verhaltensweisen über Gebühr einschränken. Dadurch würden die Klageparteien in ihrem jeweiligen Allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt.

Das Landgericht Stuttgart äußerte zudem erhebliche Zweifel dergestalt, dass es sich wohl nicht um eine konkrete Gefahr handele, sondern vielmehr um eine hypothetische Gefahr, die für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht ausreiche (a.a.O.).

Wie das Verfahren weitergeht, will die 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart am 13.09.2022 verkünden (a.a.O.).

Der Gesetzgeber ist in der Pflicht

Den von den Gerichten geäußerten Zweifeln ist zuzustimmen. Die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte sog. intertemporale Freiheitssicherung ist – wie das Bundesverfassungsgericht selbst betont – ein sich aus der Verfassung ergebender (Schutz-)Auftrag an den Gesetzgeber. Die abwehrrechtliche Funktion der Grundrechte wollte das Bundesverfassungsgericht in diesem Kontext wohl nicht stärken, schon gar nicht im Rahmen der mittelbaren Drittwirkung. Das von den Landgerichten geäußerte Störgefühl in Bezug auf zivilgerichtlich einklagbare Emissionsvorgaben ist daher mit Blick auf die Gewaltenteilung richtig.

So heißt es in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz (BVerfGE 157, 30) ausdrücklich, dass die zum Schutz des Klimas nach Art. 20 a GG wie auch zur Erfüllung grundrechtlicher Schutzpflichten notwendige Grenzziehung in Bezug auf emittierende Verhaltensweisen, dem Gesetzgeber obliege (BVerfGE 157, 30). Die Festlegung von Emissionsvorgaben kann und darf damit nicht Aufgabe der Zivilgerichte sein (vgl. „Klimaklagen“ gegen deutsche Unternehmen unter der Lupe - Noerr).

Klage gegen Mercedes schon nicht zulässig

Leider ist das Landgericht Stuttgart bei der Klage gegen Mercedes auf die Zulässigkeit nicht näher eingegangen. Den Klageparteien dürfte bei genauem Hinsehen bereits die Prozessführungsbefugnis fehlen.

Denn sie machen im Ergebnis nicht ihre eigenen Freiheitsrechte geltend, sondern streiten vielmehr für das zivilprozessual nicht justiziable Gemeinwohl, indem sie sich unberechtigt zum Sachwalter aller – vom Klimawandel gleichermaßen betroffenen – Menschen aufschwingen. Damit fehlt es an der für die Prozessführungsbefugnis erforderlichen subjektiv-individuellen Betroffenheit und einer hinreichenden Unterscheidung der Klageparteien von der Allgemeinheit. Sinn und Zweck der Prozessführungsbefugnis ist die Vermeidung von Popularklagen (vgl. Musielak/Voit/Weth, 18. Aufl. 2021, ZPO § 51 Rn. 14 m.w.N.) und um eine solche handelt es sich.

Zudem sind die Verhaltensweisen, auf die die Klageparteien sich berufen, tatsächlich nur von der Allgemeinen Handlungsfreiheit umfasst. Diese ist schon kein absolutes Recht und kann damit auch nicht zum Gegenstand eines Anspruchs aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB gemacht werden (vgl. „Klimaklagen“ gegen deutsche Unternehmen unter der Lupe - Noerr). Hierauf hat auch das Landgericht Detmold im Verfahren gegen VW zurecht hingewiesen.

Eine konkret drohende Gefahr legen die Klageparteien nicht dar

Die Klageparteien haben ferner, wie das Landgericht Stuttgart zurecht anmerkt, die im Rahmen des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderliche ernsthafte und konkret drohende Gefahr einer Beeinträchtigung ihrer Freiheitsrechte nicht schlüssig dargelegt.

Die Klageparteien im Verfahren gegen Mercedes tragen lediglich vor, dass das Inverkehrbringen von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor nach dem 31.10.2030 in letzter Konsequenz zu einer Beeinträchtigung ihrer Freizeitgestaltungsmöglichkeiten führen könnte. Die Klageparteien hätten allerdings schlüssig darlegen müssen, dass sich eine staatliche Beschränkung CO2-intensiver Verhaltensweisen derart konkret abzeichnet, dass eine zuverlässige rechtliche Beurteilung möglich ist. Dies gelingt nicht.

Ob und welche Beeinträchtigungen eintreten werden, ist in höchstem Maße ungewiss, genauso wie die Frage, welche Gegenmaßnahmen ergriffen werden: Es ist nicht absehbar, welche Maßnahmen zur Einhaltung von Klimazielen notwendig sein und wann und ob diese eingeführt werden. Zudem ist das von der IPCC errechnete CO2-Budget keine statische Größe. Die Zunahme natürlicher CO2-Senken, etwa durch Aufforstung, und durch die schon vorhandenen technischen Möglichkeiten zum Absorbieren bzw. Einlagern von CO2 können das verbleibende Restbudget erheblich erweitern (vgl. „Klimaklagen“ gegen deutsche Unternehmen unter der Lupe - Noerr).

Gerichte problematisieren die Kausalität

Die Klageparteien selber räumen ein, die Kausalität sei eine hohe Hürde, die es zu nehmen gelte. Richtig ist:

Die behauptete Beeinträchtigung der geltend gemachten Freiheitsrechte ist jedenfalls nicht äquivalent und adäquat kausal auf das Inverkehrbringen von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor zurückzuführen. Im Übrigen ist der behauptete Zurechnungszusammenhang nicht mit dem Schutzzweck des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Einklang zu bringen.

Es ist aufgrund des im Vergleich zur Gesamtemissionsmenge marginalen Anteils der durch die beklagten Unternehmen verursachten Emissionen bereits äußerst fragwürdig, die konkreten Beeinträchtigungen des Klimawandels speziell auf Emissionen zurückzuführen, die (ohnehin allenfalls mittelbar) von der Beklagten verursacht wurden. Allein den entsprechenden Beweis zu führen, dürfte den Klageparteien kaum gelingen. Zudem wird es auch aufgrund der Vielzahl globaler Emittenten von Treibhausgasen trotz der durch die Klageparteien dargelegten Berechnungsmethoden nicht möglich sein, äquivalent-kausale Verursachungsbeiträge einzelner Akteure zu bestimmen. Dass es durch die Vermischung der Verursachungsbeiträge praktisch unmöglich ist, bestimmten Emittenten eingetretene Schäden zuzurechnen (sog. Summationsschäden), hat der Bundesgerichtshof bereits im Jahr 1987 hinsichtlich der Entstehung von Luftschadstoffen durch eine Vielzahl von Emittenten festgestellt (BGHZ 102, 350). Diese in Bezug auf das Waldsterben aufgestellten Rechtsgedanken lassen sich auf den durch Treibhausgasemissionen verursachten Klimawandel übertragen (vgl. „Klimaklagen“ gegen deutsche Unternehmen unter der Lupe - Noerr).

Beklagte Unternehmen verhalten sich nicht rechtswidrig

Das Landgericht Detmold warf zurecht die Frage auf, ob die Produktion von Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotor überhaupt rechtswidrig ist. Das muss de lege lata verneint werden.

Für die Klageparteien streiten die von ihnen geltend gemachten Freiheitsrechte. Auf Seiten der Beklagten wiederum kommt den Verfassungsgarantien aus Art. 12 GG und Art. 14 GG erhebliches Gewicht zu.

Zunächst ist zu berücksichtigen, dass die behauptete Beeinträchtigung von Freiheitsrechten nicht konkret vorgetragen wurde, sondern sich vielmehr als vage und mit diversen Unsicherheiten behaftete Prognose darstellt. Bereits insoweit ist die Bedeutung der von den Klageparteien geltend gemachten Freiheitsrechte reduziert. Auf Seiten der Beklagten drohen hingegen mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Wettbewerbsnachteile, sodass den für sie streitenden Verfassungsgarantien aus Art. 12 GG und Art. 14 GG erhebliches Gewicht zukommt. Denn gäben die Gerichte den Klagen statt, stünde zu befürchten, dass Konkurrenten, deren Produktion nicht auf dem Zivilrechtswege reguliert wurde, den Marktanteil der Beklagten übernähmen. Dadurch würde sich der CO2-Ausstoß nur verlagern (sog. Carbon Leakage).

Das Bundesverfassungsgericht führt zudem im 4. Leitsatz des Beschlusses zum Klimaschutzgesetz (s.o.) aus, dass die Schonung künftiger Freiheiten auch erfordert, für erforderliche Entwicklungs- und Umsetzungsprozesse Orientierung zu bieten. Ein hinreichendes Maß an Entwicklungsdruck muss auch immer mit Planungssicherheit einhergehen (BVerfGE 157, 30 (4. Leitsatz)).

Art. 12 GG und Art. 14 GG gebieten insoweit, dass die erforderliche Transformation der Beklagten geordnet abläuft und der Beklagten auch die erforderliche Zeit eingeräumt wird. Zudem ist Planungssicherheit oberstes Gebot für einen entsprechenden Transformationsprozess. Es gilt betriebswirtschaftlich zu evaluieren, ob die Transformation, die Folge der Klagestattgabe wäre, überhaupt in dem genannten Zeitraum möglich wäre. Dabei wiederum sind die Interessen aller Stakeholder, und insbesondere auch der tausenden Arbeitnehmer, zu berücksichtigen. Judikativ angeordnete Transformationsprozesse, die nicht machbar oder jedenfalls nicht sozial verträglich sind, müssen ohne einen Interessenausgleich auskommen, den die Verfassung dem Gesetzgeber aufgibt.

Zudem sind – zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen – die bestehenden Emissionsgrenzwertregelungen und der europäische CO2-Zertifikatehandel (sog. ETS-System) zu berücksichtigen. Letzterer legt bereits verbindlich fest, wie viele Scope-1 und Scope-2 Emissionen Unternehmen in der Europäischen Union freisetzen dürfen. Davon sind auch die Scope-3 Emissionen der Endkonsumenten – durch Bewegung der produzierten Kraftfahrzeuge – umfasst (BeckRS 2021, 15559 (Ziff. 4.4.46)). Der zivilrechtliche Sorgfaltsmaßstab wurde durch die Regelungen zum europäischen Emissionshandel konkretisiert. Weitergehende Anforderungen können an Unternehmen innerhalb des Anwendungsbereichs des ETS-Systems nicht gestellt werden, da die Regelungen des Emissionshandels insoweit abschließend sind; dies bestätigte zuletzt auch das Bezirksgericht Den Haag (vgl. a.a.O.; Chatzinerantzis/Appel in: NJW 2019, 881 (885); Spieth/Hellermann in: NVwZ 2020, 1405 (1408)) .

Hierbei handelt es sich zudem um legislative Akte, die bereits das Ergebnis eines Interessenausgleiches sind (vgl. „Klimaklagen“ gegen deutsche Unternehmen unter der Lupe - Noerr).

„Strategic Litigation“ wohl primäres Ziel

Übergeordnetes Ziel der Klageparteien dürfte sein, durch die medienwirksamen Klagen für das berechtigte Anliegen Klimaschutz zu werben. So sagte Klägervertreterin Dr. Roda Verheyen in Bezug auf eine Klage gegen die Bundesregierung: „Greenpeace hat natürlich auch das Ziel, durch die Klage seine Inhalte öffentlich zu transportieren. […] Ich glaube nicht, dass die Kläger nur dann einen Erfolg verspüren, wenn sie vor Gericht gewinnen. Es geht ihnen auch um Sichtbarkeit – aber natürlich auch darum, dass sich ihre Situation bessert.“ (Klimaklage: Anwältin Roda Verheyen im Interview)

Gerade deshalb müssen Unternehmen ihre umweltrechtlichen Risiken identifizieren und die Wahrscheinlichkeit entsprechender Klagen bewerten.