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Liefer­ketten­sorgfalts­pflichten­gesetz tritt mit verhandelten Änderungen am 01. Januar 2023 in Kraft

14.06.2021

Der Bundestag hat in der vergangenen Woche mit der Mehrheit der Stimmen der CDU/SPD Koalition sowie der Stimmen von Bündnis 90/die Grünen das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verabschiedet. Es wird wie geplant am 01. Januar 2023 in Kraft treten. Unternehmen ab einer bestimmten Größe sind daher verpflichtet, künftig innerhalb ihres eigenen Geschäftsbereichs sowie ihre Lieferketten (Beschaffung & Vertrieb)  auf die Einhaltung von Menschenrechten und umweltbezogenen Pflichten zu analysieren sowie Präventions- und Abhilfemaßnahmen zu ergreifen. Der am 19.03. veröffentlichte Entwurf hat nochmals zahlreiche Änderungen erfahren, die aber in der Sache selbst nicht viel geändert haben. Im Wesentlichen wurden Präzisierungen und sprachliche Anpassungen vorgenommen.

Anwendungsbereich

Zunächst gilt das LkSG für Unternehmen mit 3.000 und mehr Arbeitnehmern. Ab dem 01.01.2024 trifft es auch Unternehmen mit 1.000 Arbeitnehmern und mehr. Voraussetzung ist, dass die Hauptverwaltung, die Hauptniederlassung, der Verwaltungssitz oder der satzungsmäßige Sitz in Deutschland liegt. Neu eingefügt wurde nunmehr aber auch die Geltung gegenüber Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften, sofern die vorbeschriebenen Schwellen bzgl. der Arbeitnehmeranzahl erreicht oder überschritten werden.

Erweiterung der umweltbezogenen Pflichten

Die von den Unternehmen einzuhaltenden menschenrechtsbezogenen und umweltbezogenen Pflichten sind im LkSG dahingehend definiert, dass die dort aufgeführten völkerrechtlichen Verträge und Abkommen einzuhalten sind. Diese sind in einem Anhang zum LkSG aufgezählt. Neu hinzugekommen sind weitergehende umweltbezogene Pflichten in Bezug auf Einfuhr und Ausfuhr von Abfall sowie Abfallhandel. Neben dem Stockholmer Übereinkommen und dem Minamata Übereinkommen ist nun nach das Baseler Übereinkommen ausdrücklich aufgenommen worden.

Zivilrechtliches Haftungsrisiko bleibt

Das Risiko einer deliktischen Haftung für Unternehmen bleibt. Zwar sieht das LkSG selbst keinen speziellen Haftungstatbestand vor. Es bleibt aber das Risiko der allgemein deliktsrechtlichen Haftung nach §§ 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB. Auch wenn nach Art. 4 Abs. 2 Rom-II-VO Grundsätzlich das Recht des Staates anzuwenden ist, in dem der Schaden entstanden ist (Erfolgsort), ist nicht auszuschließen, dass ein Gericht die Regeln des LkSG als international zwingende Normen des deutschen Rechts auslegt. Die Revision des Gesetzesentwurfes hat hier keine Klarheit gebracht. Zudem sieht der gegenwärtige Richtlinien-Entwurf des Rechtsausschusses des Europäischen Parlaments vor, dass die Mitgliedsstaaten für eine international zwingende Regelung eines dann an die Richtlinie anzupassenden nationalen Gesetzes zu sorgen haben.

Indessen gibt es aber auch eine wichtige Passage in der Gesetzesbegründung zum LkSG, die den Unternehmen zugutekommen könnte. Denn der Gesetzgeber sagt hier sehr deutlich: Von keinem Unternehmen darf etwas rechtlich oder tatsächlich Unmögliches verlangt werden. In solchen Fällen gibt es auch keine Haftung. Zudem müssen die Betroffenen immer noch den Sorgfaltspflichtverstoß darlegen und beweisen. Denn das Gesetz sieht KEINE Beweislastumkehr vor. Ein Unternehmen erfüllt seine Sorgfaltspflichten auch dann, wenn es seine gesamte Lieferkette nicht nachverfolgen oder bestimmte Präventions- oder Abhilfemaßnahmen nicht vornehmen konnte, weil dies tatsächlich oder rechtlich unmöglich gewesen wäre: Rechtlich Unmögliches bedeutet etwa, dass es mit einem Verhalten gegen geltendes Recht verstoßen würde. Faktisch Unmögliches heißt etwa, dass ein Unternehmen aufgrund fehlender Einflussmöglichkeit  an seine Grenze stößt. Ein Beispiel ist, dass ein Unternehmen - trotz angemessenen Bemühens - den Ursprung eines in seinem Produkt verarbeiteten Rohstoffs nicht zurückverfolgen kann, etwa, weil der Rohstoff nur über internationale Rohstoffbörsen bezogen werden konnte. Allerdings setzt der Gesetzgeber hier auch hohe Hürden. Ein pauschaler Ausschluss der Rückverfolgbarkeit von Rohstofflieferketten sei beispielswese vor dem Hintergrund sich stets weiter entwickelnder technischer, insbesondere computergestützter Möglichkeiten (z.B. der Einsatz von Blockchain-Technologie) verfehlt. Mithin werden die Gerichte vermutlich hohe Anforderungen stellen und möglicherweise auch den Einsatz von am Markt erhältlichen Technologien verlangen.

Ausblick

Durch das LkSG betroffene Unternehmen müssen sich jetzt organisatorisch schnellstmöglich aufstellen, um die Vorgaben des LkSG ab dem 01.01.2023 zu erfüllen. Es geht hier nicht nur um zivilrechtliche Haftungsrisiken. Denn nach dem LkSG sind Sorgfaltspflichtverstöße mit drastischen Zwangs- und Bußgeldern und dem Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren sanktioniert. Es werden ähnliche Entwicklungen wie im Kartellrecht und Datenschutzrecht zu erwarten sein. Mögliche Verschärfungen können noch einmal durch eine europäische Richtlinie zur Sorgfaltspflicht und Rechenschaftspflicht von Unternehmen kommen. Die EU-Kommission prüft derzeit noch die Auswirkung einer solchen Regelung auf Unternehmen. Es kann aber damit gerechnet werden, dass auch die EU dem LkSG entsprechende und möglicherweise noch darüberhinausgehende Anforderungen an die Beachtung von menschenrechtlichen und umweltbezogenen Pflichten aufstellen wird.

Link zum Regierungsentwurf