Vertikale Preisbindungen: Bundeskartellamt bleibt unermüdlich
Das Bundeskartellamt hat gegen den dänischen Spielzeughersteller Lego ein Bußgeld i.H.v. 130.000 Euro für einen Verstoß gegen das Verbot der vertikalen Preisbindung verhängt. Laut der Pressemitteilung des Amtes vom 12. Januar 2016 waren Händler in Nord- und Ostdeutschland zwischen 2012 und 2013 durch Vertriebsmitarbeiter der Lego GmbH zur Anhebung der Endverkaufspreise gegenüber den Kunden für bestimmte „Highlight-Artikel“ gedrängt worden.
Die Einhaltung der Preisbindung wurde überwacht, die Nichteinhaltung sanktioniert. Hierzu führte der Vertrieb eine Liste der betroffenen Artikel und gezielt ausgewählter Händler, die regelmäßig aktualisiert wurde. Den Händlern wurde zum Teil bei Unterschreitung der in den Listen festgeschriebenen Endverkaufspreise die Reduzierung von Liefermengen bis hin zur Nicht-Belieferung angedroht. Als weiteres Mittel zur Durchsetzung der Endpreisbindung wurde teilweise die Höhe des Preisnachlasses auf die Händlereinkaufspreise bei der Lego GmbH mit der Einhaltung der Listenendverkaufspreise verknüpft. Dennoch ist es laut einer internen Untersuchung der Lego Group wahrscheinlich nicht zu einer Auswirkung der Preisbindung auf das allgemeine Marktniveau der Endverkaufspreise in Deutschland gekommen (die entsprechende Mitteilung von Lego finden Sie hier)
Die Entscheidung verdeutlicht einmal mehr, dass das Bundeskartellamt weiterhin konsequent gegen vertikale Preisbindungen vorgeht und zwar unerheblich davon, ob sich neben der Vereinbarung zwischen Hersteller und Händler auch Anhaltspunkte für wettbewerbswidrige Absprachen zwischen den Herstellern finden lassen (siehe hierzu die Pressemitteilung zu Bußgeldentscheidungen des BKartA gegen drei Matratzenhersteller vom 22. August 2014, 06. Februar 2015 und 22. Oktober 2015). Schwerpunkt des kartellrechtlichen Vorwurfs bleibt somit aus Sicht des Kartellamts die Beschränkung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit der Händler. Denn „nur wenn die Händler den Preis frei setzen können, kann echter Wettbewerb entstehen“, so Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts in der Pressemitteilung des BKartA vom 22. Oktober 2015.
Im vorliegenden Fall hat das Bundeskartellamt erklärt, dass die Lego GmbH von Anfang an selbst maßgeblich zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen und organisatorische und personelle Konsequenzen aus dem Verstoß gezogen hat. Diese Kooperation und eine einvernehmliche Verfahrensbeendigung, ein sog. Settlement, wurden bei der Bußgeldfestsetzung berücksichtigt.
Da vertikale Preisbindungen aus kartellrechtlicher Sicht regelmäßig bezweckte Wettbewerbsbeschränkungen und zugleich Kernbeschränkungen des Wettbewerbs darstellen, kommt allenfalls eine Einzelfreistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV bzw. § 2 GWB in Betracht. Ob die Voraussetzung dieser Normen vorliegen, also insbesondere ob die vertikale Preisvereinbarung zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beiträgt und ob der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn angemessen beteiligt wird, müssen die Unternehmen selbst beurteilen. Zudem stellen sich schwierige Abgrenzungsfragen, insbesondere inwieweit ein Hersteller „Nachsorge“ zu einer zulässigen unverbindlichen Preisempfehlungen betreiben darf, bevor man von einer unzulässigen Preisbindung sprechen muss.
Auch wenn das Bundeskartellamt zu derartigen Fragen zukünftig möglicherweise in einem Leitfaden zur vertikalen Preisbindung nach österreichischem Vorbild (Standpunkt zu vertikalen Preisbindungen der Bundeswettbewerbsbehörde) Stellung beziehen wird, gilt weiterhin: Angesichts der erheblichen Konsequenzen einer Fehleinschätzung der Vereinbarkeit einer vertikalen Preisbindung mit dem Kartellrecht und angesichts der Intensität mit der das Kartellamt solche Preisbindungen in den letzten Jahren verfolgt hat, sollte jedes Unternehmen seine jeweilige Vertriebspraxis genau überprüfen lassen.