Update bAV: Einstandspflicht des Arbeitgebers bei Rentenkürzungen
Das Bundesarbeitsgericht („BAG“) hat mit Urteil vom 14.03.2023 (Az. 3 AZR 197/22) erneut über die Einstandspflicht des Arbeitgebers bei Leistungskürzungen durch Pensionskassen entschieden. Der Arbeitgeber, ein Wohlfahrtsverband der katholischen Kirche, hatte einer Arbeitnehmerin eine Versorgungszusage gem. der „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) in ihrer jeweils geltenden Fassung“ erteilt. Nachdem die Arbeitnehmerin seit 2014 die Betriebsrente bezog, teilte die Pensionskasse der Arbeitnehmerin im Jahr 2019 mit, sie werde die Leistungen um etwa EUR 10,00 monatlich verringern. Daraufhin nahm die Arbeitnehmerin ihren Arbeitgeber auf Ausgleich der Rentenkürzungen in Anspruch und das BAG bestätigte diesen Ausgleichsanspruch.
Das BAG bleibt in der Begründung seiner Linie treu. In mehreren Entscheidungen seit 2014 über Leistungskürzungen diverser Pensionskassen, unter anderem der Pensionskasse der Deutschen Wirtschaft, der Kölner Pensionskasse oder auch des BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes aG, hat das BAG den jeweiligen Arbeitgeber zum Ausgleich der von einer Pensionskasse herabgesetzten Leistungen verpflichtet.
Für eine reine Beitragszusage müssen besondere Anhaltspunkte vorliegen, die ihren Niederschlag in der Versorgungsordnung gefunden haben
Im vorliegenden Fall ging das BAG davon aus, dass der Arbeitgeber nicht bloß eine reine Beitragszusage außerhalb des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) erteilt habe, sondern mit dem Verweis auf die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes ein betriebsrentenrechtliches Versorgungsversprechen erteilen wollte. Für das Vorliegen einer reinen Beitragszusage außerhalb des BetrAVG hätte der Arbeitgeber konkrete Anhaltspunkte vortragen müssen, die ihren Niederschlag in der Versorgungszusage gefunden haben. Der Arbeitgeber habe deshalb im Rahmen des verschuldensunabhängigen Erfüllungsanspruchs gem. § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG die Leistungskürzungen zugunsten der Arbeitnehmerin zu kompensieren.
In der Satzung einer Pensionskasse vorgesehene Sanierungsklauseln werden nicht Bestandteil der Versorgungszusage
Erneut weist das BAG darauf hin, dass sich der Arbeitgeber die zugunsten der Pensionskasse geltenden satzungsgemäßen Sanierungsklauseln nicht zunutze machen könne. Auch den Einwand der finanziellen Überforderung des Arbeitgebers überzeugt das BAG nicht, denn auch die Arbeitnehmerin habe zur Erhaltung ihres Lebensstandards mit der Betriebsrente geplant. Obwohl die Richtlinien der Pensionskasse insgesamt in Bezug genommen wurden, betreffen die Sanierungsklauseln nicht das arbeitsrechtliche Grundverhältnis. Der Arbeitgeber hätte nur dann den Umfang seiner eigenen Versorgungszusage ebenfalls reduzieren können, wenn ihm entsprechend des vom BAG entwickelten dreistufigen Prüfungsschemas (3-Stufen-Theorie) ein Eingriff in die Versorgungszusagen möglich gewesen wäre.
Praxistipp
Arbeitgeber sollten bei der Einrichtung betrieblicher Altersversorgungssysteme nicht nur die externen Versorgungsträger sorgfältig auswählen und laufend prüfen, sondern auch bei der Art der Implementierung und der konkreten Ausgestaltung der Versorgungszusagen vorausschauend agieren. Betriebsrentensysteme werden in der Regel für mehrere Jahrzehnte eingerichtet und dabei ist es empfehlenswert, sich Änderungsmöglichkeiten wie z.B. einen Wechsel des Versorgungsträgers oder des Durchführungsweges offen zu halten und bei auftretenden Problemen nachzusteuern.