Update bAV: Berechnung der Betriebsrente für Teilzeitbeschäftigte
Das Bundesarbeitsgericht („BAG“) hat mit Urteil vom 20.06.2023 (Az. 3 AZR 221/22) die praxisrelevante Frage geklärt, ob bei endgehaltsbezogenen Versorgungssystemen für die Berechnung der Höhe der Betriebsrente zulässigerweise auf den Beschäftigungsgrad der letzten zehn Jahre vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis abgestellt werden kann, oder ob auf den durchschnittlichen Umfang der Beschäftigung der gesamten Dienstzeit abzustellen ist:
Versorgungszusagen dürfen auf den Beschäftigungsgrad der letzten zehn Jahre abstellen
Das BAG stellt klar, dass Versorgungsordnungen auf den Beschäftigungsgrad der letzten zehn Jahre vor dem Ausscheiden abstellen dürfen. Für die Höhe der Rente war nach der Versorgungsordnung grundsätzlich das Einkommen in den letzten zwölf Monaten vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis maßgeblich. Für Teilzeitbeschäftigte war das Einkommen entsprechend der durchschnittlichen Arbeitszeit des Mitarbeiters während der letzten zehn Dienstjahre vor dem Ausscheiden (d.h. gem. dem Beschäftigungsgrad) anzupassen. Auf den Beschäftigungsgrad vor diesem Zeitraum sollte es nicht ankommen. Die Arbeitnehmerin, die ursprünglich in Vollzeit, aber während des Bemessungszeitraums in Teilzeit gearbeitet hatte, sah darin einerseits einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot von Teilzeitkräften gem. § 4 Abs. 1 TzBfG und andererseits eine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts, da Frauen statistisch gesehen häufiger in Teilzeit arbeiten würden als Männer.
Muss auf den durchschnittlichen Beschäftigungsumfang der gesamten Dienstzeit abgestellt werden?
An der Zulässigkeit einer solchen Regelung kamen zuletzt auch Zweifel auf, weil das BAG in einem Urteil vom 19.04.2016 (Az. 3 AZR 526/14) entschieden hatte, dass Teilzeitbeschäftigte Leistungen der betrieblichen Altersversorgung mindestens in der Höhe erhalten müssten, die dem Umfang ihrer Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten entspreche (pro-rata-temporis Grundsatz). Hieraus folgerte ein beachtlicher Teil der rechtswissenschaftlichen Literatur, dass es unzulässig sei, nur auf den Beschäftigungsquotienten der letzten zehn Jahre abzustellen.
Ein zehnjähriger Bemessungszeitraum benachteiligt Teilzeitkräfte nicht und ist mit dem pro-rata-temporis Grundsatz vereinbar
Das BAG blieb seiner Linie treu – es hatte nämlich bereits 1983 das Abstellen auf die letzten fünf Jahre und in 1998 und 2012 das Abstellen auf die letzten zehn Jahre vor dem Ausscheiden gebilligt – und entschied, dass bei einer endgehaltsbezogenen Versorgungszusage für den Fall eines Wechsels des Beschäftigungsgrades auf den durchschnittlichen Beschäftigungsgrad der letzten zehn Jahre vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis abgestellt werden darf. Zulässig sei zunächst, auf das während der letzten zwölf Monate durchschnittlich bezogene Einkommen abzustellen. Das zuletzt bezogene Einkommen entspreche dem Umfang der Arbeitszeit und gelte indifferent für Vollzeit und Teilzeit. Der zehnjährige Bemessungszeitraum dehne diesen Zwölfmonatszeitraum lediglich aus. Zweck des Endgehaltsbezuges sei es, den letzten im Erwerbsleben erarbeiteten Lebensstandards zu erhalten. Es sei sachlich gerechtfertigt, für den Entgeltfaktor auf den Zeitraum von zehn Jahren abzustellen, weil dies ein Zeitraum sei, in dem sich der durch den Arbeitsverdienst geprägte und für die zugesagte Versorgung maßgebliche Lebensstandard verfestigt habe. Der Zeitraum führe nicht zu einer überproportionalen Berücksichtigung von Beschäftigungsjahren mit geringerer Arbeitszeit.
Eine etwaige Ungleichbehandlung ist jedenfalls sachlich gerechtfertigt
Das BAG stellt schließlich klar, dass eine etwaige Ungleichbehandlung von Teilzeitkräften jedenfalls gerechtfertigt wäre. Die Absicherung des zuletzt erreichten Lebensstandards sei ein sachlicher Grund. Der Zeitraum von zehn Jahren sei geeignet und erforderlich dieses Ziel zu erreichen und auch angemessen. Gleiches gelte für eine etwaige Benachteiligung wegen des Alters oder des Geschlechts.
Praxistipp
Während zwischenzeitlich bereits Zweifel an der Zulässigkeit eines zehnjährigen Beschäftigungsquotienten für endgehaltsbezogene Versorgungssysteme aufkamen, ist sich das BAG treu geblieben und hat nunmehr für die Praxis sehr hilfreich die Zulässigkeit erneut bejaht. Ein regelmäßiger Compliance Check der Betriebsrentensysteme im Unternehmen ist lohnenswert, um etwaige (Bilanz-)Risiken frühzeitig zu identifizieren und erforderlichenfalls nachzusteuern.
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