Umsetzung der CSRD – EU-Kommission eröffnet Vertragsverletzungsverfahren
Die Europäische Kommission leitete am 26. September 2024 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein, weil Deutschland die Corporate Sustainability Reporting Directive („CSRD“, Richtlinie (EU) 2022/2464) nicht fristgerecht in nationales Recht umgesetzt hat. Die ausstehende Umsetzung der CSRD wirft für diejenigen Unternehmen, die nach der CSRD bereits für das Geschäftsjahr 2024 zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts verpflichtet sind, die Frage auf, welche Berichtspflichten für sie gelten, sollte die CSRD nicht bis Ende des Jahres umgesetzt werden.
Die CSRD verpflichtete die Mitgliedstaaten, bis zum 6. Juli 2024 eine umfassende Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen einzuführen. Wir berichteten zur Berichterstattungspflicht nach der CSRD: Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der CSRD: Anpassung der Größenmerkmale für Unternehmen und European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Derzeit befindet sich das CSRD-Umsetzungsgesetz in Deutschland im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren.
Derzeitiger Stand des Gesetzgebungsverfahrens in Deutschland
Im März 2024 veröffentlichte das Bundesministerium der Justiz (BMJ) seinen Referentenentwurf zum CSRD-Umsetzungsgesetz. Im Juli 2024 beschloss die Bundesregierung den Regierungsentwurf zum CSRD-Umsetzungsgesetz. Daraufhin wurde der Regierungsentwurf an Bundestag und Bundesrat zugeleitet. Ende September 2024 wurde der Regierungsentwurf in erster Lesung im Bundestag beraten und an ausgewählte Ausschüsse weitergeleitet. Die Federführung sollte dabei der Rechtsausschuss übernehmen. Kurz darauf folgte der erste Durchgang im Bundesrat, in dem die Stellungnahme des Bundesrats zum Regierungsentwurf beschlossen wurde. Der Bundesrat kritisierte insbesondere die mit der Erfüllung der Berichtspflichten einhergehende erhebliche Mehrbelastung für Unternehmen und äußerte die Befürchtung, die umfangreichen Berichtspflichten könnten sich nachteilig auf die angestrebte Transformation der Wirtschaft auswirken. Der Bundesrat bat außerdem darum, einige Regelungen des CSRD-Umsetzungsgesetzes nochmals zu überprüfen. Die Bundesregierung bestätigte, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass die umfangreichen Vorgaben zum Nachhaltigkeitsbericht reduziert werden. Zuletzt hat sich am 16. Oktober 2024 der Rechtsausschuss mit dem CSRD-Umsetzungsgesetz befasst. Vertreter aus Unternehmensverbänden, Wirtschaft und Gewerkschaften forderten in der öffentlichen Anhörung Nachbesserungen am Gesetzesentwurf.
Beschleunigung der Umsetzung infolge des Vertragsverletzungsverfahrens?
Nachdem das Aufforderungsschreiben der Europäischen Kommission am 26. September 2024 zugestellt wurde, hat Deutschland nun zwei Monate Zeit, um zu erklären, warum die CSRD bisher nicht umgesetzt wurde und um die Umsetzung des Gesetzes abzuschließen. Andernfalls droht eine mit Gründen für den Pflichtenverstoß versehene Stellungnahme der Europäischen Kommission (sog. begründete Stellungnahme), welche eine Frist zur Behebung des Verstoßes nennt. Erfolgt keine fristgemäße Umsetzung, kann die Europäische Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof Klage erheben. Dieser kann den Mitgliedstaat zur Behebung der Vertragsverletzung verurteilen. Behebt der verurteilte Mitgliedstaat die Vertragsverletzung nicht, drohen finanzielle Sanktionen.
Insbesondere für diejenigen Unternehmen, die nach der CSRD bereits für das Geschäftsjahr 2024 einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen müssen, bringt deren Nichtumsetzung erhebliche Rechtsunsicherheit mit sich:
- Grundsätzlich erwachsen aus einer nicht fristgerecht umgesetzten Richtlinie keine Pflichten für private Akteure. Demnach würde sich die Berichterstattung bei Nichtumsetzung der CSRD bis Ende des Jahres 2024 im Grundsatz nach geltender Rechtslage richten. Unternehmen wären also nach den derzeit geltenden HGB-Vorschriften zur Abgabe einer nicht-finanziellen Erklärung verpflichtet (§§ 289b ff., §§ 315 f. HGB).
- In Ausnahmefällen kann der Gesetzgeber aber die Rückwirkung von Gesetzen anordnen. Unternehmen könnten dann rückwirkend zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet werden, selbst wenn das CSRD-Umsetzungsgesetz erst 2025 erlassen würde. Die Möglichkeit der Rückwirkung von Gesetzen hängt dabei maßgeblich von der Schutzwürdigkeit des Vertrauens in die bislang geltende Rechtslage ab. Inwieweit eine umsetzungsbedürftige Richtlinie das Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage beseitigen kann und daher die Rückwirkung eines Umsetzungsgesetzes erlaubt, ist bisher nicht abschließend geklärt. Eine Rückwirkung erscheint jedoch bei der allgegenwärtig diskutierten CSRD nicht völlig ausgeschlossen.
Ausblick
Die CSRD befindet sich in Deutschland nach wie vor in der Umsetzung. Ob die CSRD bis Ende des Jahres 2024 umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Angesichts des eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens und einer möglichen Rückwirkung des CSRD-Umsetzungsgesetzes sollten Unternehmen aber weiterhin auf die kommenden Berichtspflichten vorbereitet sein.
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