Potenziale der Energiewende für Investoren in Deutschland – Noerr-Insight No3: Photovoltaik
In unserem Briefing „Deutsche Energiewende: Potenziale für Investoren“ haben wir einen umfassenden Überblick über die Chancen und Risiken der Energiewende in Deutschland für in- und ausländische Investoren gegeben. Nachdem wir uns in unserer Themenreihe bereits ausführlich mit den Möglichkeiten und Herausforderungen im Bereich Offshore Wind und Onshore Wind beschäftigt haben, beleuchten wir in Teil 3. Die Photovoltaik genauer.
1. Status Quo und Herausforderungen
Aus Investorensicht ist die Entwicklung bei Photovoltaik-Anlagen in Deutschland anders als bei Wind-Parks zu bewerten: Photovoltaikanlagen sind im Vergleich zu Windenergieanlagen relativ einfach und schnell errichtbar, es werden weniger Flächen benötigt und die Photovoltaik-Panele sind inzwischen relativ kostengünstig am Weltmarkt zu erwerben.
Während diese Energiequelle in der Vergangenheit in Deutschland von vergleichsweise untergeordneter Bedeutung war und auch von Investoren kaum nachgefragt wurde, hat sich inzwischen das Blatt um 180 Grad gedreht – die Entwicklung von Photovoltaikparks, sei es Freiflächen-, Dach- oder C&I PV boomt und wird weiter gefördert. Zudem hängt die Entscheidung der Parkbetreiber, ob Subventionen (d.h. Marktprämien) in Anspruch genommen werden oder langfristige PPAs abgeschlossen werden, stets von der aktuellen Strompreisentwicklung ab. Außerdem bestanden Investitionshemmnisse durch umständliche und langwierige Genehmigungsverfahren sowie begrenzt verfügbaren Freiflächen, an denen Planungsvorhaben durchaus auch scheiterten.
Deshalb hat die Bundesregierung mit dem Solarpaket I besonders hohe Ausbauvolumina vorgegeben und setzt weitere Anreize für Gebäudeinhaber und Mieter, um Dach- und C&I PV auch großvolumig zu errichten und zu nutzen. Verfahrensrechtlich sollen Zustimmungserfordernisse abgebaut, durch Fiktionen ersetzt, oder ersatzlos gestrichen werden.
Abseits der gesetzlichen Veränderungen ist andererseits der rasant zunehmende Bedarf an Arbeitskräften für die Energiewende zu beachten. Insbesondere im Photovoltaikbereich zeigt sich dies deutlich. Nach Untersuchungen der Bertelsmann Stiftung ist zwischen 2019 und 2022 die Nachfrage nach Beschäftigten um über 50 % gestiegen. Während im gesamten Jahr 2022 52.000 Online-Stellenanzeigen geschaltet wurden, waren es bereits in der ersten Hälfte des Jahres 2023 36.000 Jobanzeigen für den Photovoltaikbereich. Unter Zugrundelegung der Zubauziele bis 2035 ergibt sich nach Berechnung der HTW Berlin ein Personalbedarf von 250.000 Fachkräften. Auch im Bereich der Windkraft sei der Bedarf gestiegen, allerdings nicht derart deutlich wie im Bereich der Solarenergie. Noch sei der Fachkräftemangel nach Angaben vom Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) aber zu stemmen.
2. Regulatorisches Umfeld
Die letzten Änderungen des EEG und insbesondere die Wertentscheidung des § 2 EEG betrifft auch Photovoltaik-Anlagen. Für diese sieht das Gesetz den Ausbau auf 215 GW im Jahr 2030 und 400 GW im Jahr 2040 vor. Ende 2023 bestand jedoch lediglich eine kumulierte Erzeugungsleistung von ca. 84 GW. Der jährliche Ausbau, der im Jahr 2023 ca. 14,6 GW betrug, soll damit auf 22 GW erhöht werden. Auch wird das Ausschreibungsvolumen erhöht. Im Jahr 2023 sollen Photovoltaikanlagen des ersten Segments mit 5.850 MW Leistung, im Jahr 2024 8.100 MW installiert werden, im Jahr 2029 soll der Wert auf 9.900 MW Leistung steigen.
Das EEG 2023 führte darüber hinaus besondere Photovoltaik-Anlagen-Kategorien, wie Agri-PV, Floating-PV, Parkplatz-PV und Moor-PV ein – diese ermöglichen eine Mehrfachnutzung der zur Verfügung stehenden Fläche.
Für PV-Dachanlagen gibt es – vergleichbar zum On-Shore Wind – weiterhin Ausschreibungsverfahren mit der Möglichkeit Förderung zu erhalten, um die entstehenden Mehrkosten auszugleichen. Das Ausschreibungsvolumen soll 2025 bis 2029 bei jeweils 2.300 MW liegen. Das EEG 2023 erhöhte zuletzt auch die Einspeisevergütung für diese Photovoltaik-Anlagen. Die zwischenzeitlich ausgesetzte (und halbjährlich stattfindende) Degression ist mit Wirkung zum 01. Februar 2024 wieder in Kraft.
Für neue Anlagen (bis 25 kWp), die nach dem 14. September 2022 in Betrieb gingen bzw. gehen, wurde die technische Vorgabe abgeschafft, dass nur höchstens 70 Prozent der PV-Nennleistung in das öffentliche Netz eingespeist werden dürfen. Auch das ist eine Erleichterung für Investoren, da Kapazitäten voll ausgeschöpft werden können.
3. Ausblick
Im Gegensatz zur Zeichnung der Onshore-Anlagen waren die Gebotsrunden für PV-Anlagen, sowohl des ersten als auch des zweiten Segments stets deutlich überzeichnet. Für Photovoltaikanlagen des ersten Segments wurde bei einer Gebotsmenge von 13.007 MW insgesamt ein Volumen von 5.237 MW bezuschlagt. Für PV-Anlagen des zweiten Segments konnte im Jahr 2023 ein Volumen von ca. 597 MW bezuschlagt, ein Zubau von 14 GW verzeichnet werden.
Im Mai 2023 wurde die Photovoltaikstrategie der Bundesregierung vorgestellt, die eine Vielzahl von Maßnahmen zur Förderung des PV-Ausbaus vorsieht. Auch hier liegt der Fokus auf der Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, um die erforderliche Fläche zur Verfügung zu stellen. Auch sollen PV-Dachanlagen verstärkt gefördert werden. Nachdem die Umsetzung zwischenzeitlich ins Stocken geraten war, ist am 16. Mai 2024 der Großteil des „Solarpaket I“ in Kraft getreten. Dieses enthält Maßnahmen zum weiteren Ausbau der Freiflächenanlagen, der Erleichterung von Photovoltaik auf dem Dach sowie von Balkon-Photovoltaik und Vereinfachung von Mieterstrom und gemeinschaftlicher Gebäudeversorgung. Unter anderem sind PV-Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 100 KW (und unter 200 KW) zukünftig nicht mehr zur Direktvermarktung verpflichtet. Überschussmengen können künftig ohne Vergütung, aber auch ohne Direktvermarktungskosten an die Netzbetreiber weitergegeben werden, was insbesondere Anlagenbetreiber mit hohem eigenen Energieverbrauch zu Gute kommen soll und zuvor nur bei Anlagen unter 100 KW möglich war. Mit dem Solarpaket I verabschiedete der Bundestag auch eine Entschließung, in der die Bundesregierung unter anderem aufgefordert wurde, mit dem Solarpaket II Vorschläge für effektive Maßnahmen zur Kosteneffizienz des Erneuerbaren-Ausbaus vorzulegen.
Ein anderer Aspekt, welcher im Hinblick auf Solarenergieerzeugung Beachtung verdient, sind zunehmende Photovoltaikdachpflichten. Bereits im Koalitionsvertrag findet sich eine Zielbestimmung, wonach bei gewerblichen Neubauten eine Nutzung von Dachflächen für Solarenergieerzeugung verpflichtend werden soll, bei privaten Neubauten soll es die Regel werden. Dieses Vorhaben ist in den Bundesländern schon unterschiedlich weit fortgeschritten. Es gibt verschiedene Ausprägungen, eine Pflicht zur Solarenergienutzung auf Dächern findet sich bisher meist nur in Bezug auf Neubauten, für Bestandsbauten, welche den Hauptteil der Gebäude ausmachen, sehen landesrechtliche Bestimmungen nur teilweise eine Pflicht im Falle grundlegender Dachsanierungen vor. Diese Trends haben die Branche bereits erreicht. Dach-PV wird nicht nur bei privaten Neubauten angewendet, sondern auch im Bereich C&I finden sich immer häufiger Dach-PV Modelle. Verschiedene Dach-PV Entwickler haben sich am Markt etabliert (teilweise mit dem Angebot von Komplettlösungen, d.h. inkl. Erdwärmepumpe und Wall-Box für das Ladeerlebnis daheim).
Eine größere Rolle für Investoren in der Photovoltaikbranche werden in der Zukunft insbesondere Fragen zur CSDDD Richtlinie und der Zwangsarbeitsverordnung der EU spielen, die neben umfassendes Reporting zu Lieferketten sowie ein Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem Unionsmarkt vorsieht (detaillierte Informationen finden Sie hier) . Während die CSDDD Richtlinie noch in nationales Recht umgesetzt werden muss (wobei derzeit die Position der Ampel diesbezüglich unklar ist), implementiert die Zwangsarbeitsverordnung das entsprechende Verbot direkt. Da inzwischen ca. 90% der Photovoltaikpanele außerhalb der Europäischen Union produziert werden, werden Investoren zukünftig Lieferketten genau prüfen müssen.