Novellierte Gebäuderichtlinie (EU) 2024/1275 veröffentlicht – Verschärfungen der Pflichten der Gebäudeeigentümer über die Errichtung von Ladeinfrastruktur
Am 08.05.2024 wurde die novellierte EU-Gebäuderichtlinie (EU) 2024/1275 („EPBD“ – „Energy Performance of Buildings Directive“) im Amtsblatt der EU veröffentlicht (ABl. EU 2024 L 1275).
Seit 2018 enthält die EPBD nicht nur „klassisch“ energetische Vorgaben für Gebäude, sondern auch Vorgaben zur Schaffung von Ladeinfrastruktur. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Anforderungen im Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz („GEIG“) umgesetzt. Diese bislang in Art. 8 EPBD-2018 geregelten Vorgaben für Gebäudeeigentümer wurden im Zuge der jüngsten Novellierung deutlich – und damit unionsgrundrechtlich durchaus nicht unproblematisch – verschärft und finden sich nun in Art. 14 der neuen EPBD, die am 28. Mai 2024 in Kraft treten wird.
Die überarbeitete Gebäuderichtlinie ist dabei Teil des Legislativpakets „Fit for 55“, mit dem die Kommission das Ziel der Union erreichen will, die Emissionen in der EU bis zum Jahr 2030 um mindestens 55 % zu senken. Zweck der EU-Gebäuderichtlinie ist und bleibt weiterhin die Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden sowie die Beschleunigung des Übergangs zu einer nachhaltigeren und klimafreundlicheren bebauten Umwelt. Mit Blick auf die Emissionen des Verkehrssektors liegt ein weiterer Baustein der EPBD in Vorgaben zur Errichtung von Ladeinfrastruktur im Zusammenhang mit neuen wie mit bestehenden Gebäuden.
Die novellierte EPBD wird dabei sowohl Verschärfungen hinsichtlich des Anwendungsbereichs als auch des Umfangs der in ihr geregelten Pflichten mit sich bringen:
- Für neue Nichtwohngebäude und solche, die einer größeren Renovierung unterzogen werden, greift die EPBD nunmehr bereits ab sechs Autostellplätzen ein. Gegenüber der EPBD-2018 stellt das eine deutliche Absenkung der Anwendungsschwelle dar, greift diese doch aktuell erst bei mehr als zehn Stellplätzen ein; aber auch für den deutschen Rechtsanwender, der sich dem überschießend umgesetzten GEIG gegenübersieht, wird die Schwelle herabgesenkt, die aktuell bei mehr als sechs bzw. mehr als zehn Stellplätzen liegt.
- Für die sonach in den Anwendungsbereich fallenden Nichtwohngebäude schreibt die EPBD für jeden fünften Autostellplatz einen Ladepunkt – für Bürogebäude: ein Ladepunkt je zwei Stellplätze – vor; zudem ist die Vorverkabelung für mindestens 50 % der Stellplätze zu installieren und für die übrigen Stellplätze sind zumindest die Schutzrohre einzurichten. Bislang sieht die EPBD-2018 lediglich den Einbau der Schutzrohre für 20 % der Stellplätze vor; auch das GEIG begnügt sich mit der Leitungsinfrastruktur für jeden dritten Stellplatz plus einer Ladesäule.
- Für bestehende Nichtwohngebäude mit – wie bisher – mehr als zwanzig Autostellplätzen sieht die EPBD die Errichtung mindestens eines Ladepunkts je zehn Stellplätze vor. Alternativ kann Leitungsinfrastruktur für mindestens 50 % der Autostellplätze errichtet werden. Nachdem das deutsche GEIG bereits heute mit Stichtag 01.01.2025 die Errichtung eines Ladepunktes zwingend vorsieht, wird interessant zu beobachten sein, ob der deutsche Gesetzgeber die Optionslösung der EPBD übernimmt und dabei ggf. einen Ladepunkt in beiden Varianten vorsieht oder gar verbindlich die Errichtung von einem Ladepunkt je zehn Stellplätzen vorgeben wird.
- Bei neuen und renovierten Wohngebäuden gilt die Verpflichtung zur Errichtung der Leitungsinfrastruktur künftig bereits ab mehr als drei Stellplätzen statt wie bisher ab mehr als zehn Stellplätzen (im GEIG: mehr als fünf bzw. mehr als zehn Stellplätze). Zudem ist auch hier vorgesehen, dass mindestens 50 % der Stellplätze vorzuverkabeln und für die übrigen Stellplätze die Schutzrohre zu legen sind; für neue Wohngebäude mit mehr als drei Stellplätzen ist auch ein Ladepunkt verpflichtend.
- Darüber hinaus müssen die zu errichtenden Ladepunkte zukünftig intelligentes Laden und ggf. bidirektionales Laden ermöglichen und den technischen Mindestanforderungen auf Basis der AFIR (Verordnung (EU) 2023/1894) entsprechen.
Nun ist es am deutschen Gesetzgeber, die in der Richtlinie aufgestellten Anforderungen so in das nationale Recht umzusetzen, dass sie spätestens am 29.06.2026 bzw. – bzgl. der Pflichten für bestehende Nichtwohngebäude – bis Anfang 2027 eingreifen. Dabei wird mit Spannung zu beobachten sein, ob der deutsche Gesetzgeber erneut überschießend umsetzen wird oder die Vorgaben der Richtlinie 1:1 in das GEIG übertragen wird.
In jedem Fall ist den betroffenen Eigentümern zu empfehlen, sich frühzeitig auf die Neuerungen im GEIG vorzubereiten, insbesondere da gerade auch für Bestandsgebäude – die ggf. gerade erst gebaut werden – Nachrüstpflichten bestehen werden. Wir werden den Gesetzgebungsprozess selbstverständlich verfolgen und an dieser Stelle rechtzeitig über etwaige Neuerungen informieren.