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Nachhaltigkeits­berichterstattung nach der CSRD: Anpassung der Größen­merkmale für Unternehmen und European Sustainability Reporting Standards (ESRS)

31.01.2024

Beginnend mit dem Geschäftsjahr 2024 werden sukzessiv Unternehmen eine Nachhaltigkeitserklärung nach der CSR-Richtlinie (Corporate Sustainability Reporting Directive, „CSRD, RL (EU) 2022/2464) abgeben müssen. Dieser Beitrag erläutert, wie die Europäische Kommission die Schwellenwerte für berichtspflichtigen Unternehmen angepasst hat und stellt die europäischen Reporting-Standards vor, welche betroffene Unternehmen bereits jetzt heranziehen können, um ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung vorzubereiten.

Auf Grundlage der ersten CSR-Richtlinie (Non-Financial Reporting Directive, „NFRD, RL 2014/95/EU) haben bestimmte Unternehmen über ihren Beitrag zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen seit 2017 zu berichten. Sie haben dafür ihren Lagebericht um eine nichtfinanzielle Erklärung zu erweitern (vgl. § 289b HGB). Betroffen sind grundsätzlich große Kapitalgesellschaften mit durchschnittlich mindestens 500 Beschäftigten, die kapitalmarktorientiert sind. Die Richtlinie bezweckt, die soziale Verantwortung von Unternehmen (Corporate Social Responsibility, CSR) stärker in den Mittelpunkt zu stellen.

Mit der neuen CSRD, die am 5. Januar 2023 in Kraft getreten ist, müssen die Mitgliedstaaten nun eine umfassende Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen einführen (vgl. Art. 19a der durch die CSRD geänderten „Rechnungslegungsrichtlinie“ (RL 2013/34/EU)). Anders als bisher, betrifft die Berichtspflicht große Unternehmen unabhängig davon, ob sie kapitalmarktorientiert sind oder nicht. Die Berichtpflicht umfasst zudem erstmals kleine und mittlere Unternehmen (sog. „KMU“), sofern es sich um Unternehmen handelt, deren Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt innerhalb der Europäischen Union zugelassen sind. Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union müssen die CSRD bis zum 6. Juli 2024 in nationales Recht umsetzen. Unternehmen, die bereits zur Abgabe einer nichtfinanziellen Erklärung verpflichtet gewesen sind, müssen erstmals für das Geschäftsjahr 2024 eine Nachhaltigkeitserklärung abgeben. Große Unternehmen sind ab dem Geschäftsjahr 2025 verpflichtet. Im nachfolgenden Geschäftsjahr kommen KMU hinzu.

Fast zehn Jahre nach der ersten CSR-Richtlinie und einem Jahr nach der CSRD gibt es regelmäßig neue Entwicklungen zur anstehenden Nachhaltigkeitsberichterstattung. Im Folgenden gehen wir auf die inflationsbedingte Anpassung des persönlichen Anwendungsbereichs der Nachhaltigkeitsberichterstattungspflicht („Wer“) und die neuen verpflichtenden einheitlichen Europäischen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung, kurz ESRS, („Wie“) ein.

Neue Größenkriterien für berichtspflichtige Unternehmen

Die Europäische Kommission hat die Größenkategorien, die bestimmen, ob ein Unternehmen eine Nachhaltigkeitserklärung nach der CSRD abzugeben hat, geändert. Als Reaktion auf die gestiegenen Inflationsraten der vergangenen Jahre hat die Europäische Kommission am 17. Oktober 2023 hierzu eine delegierte Richtlinie (EU) 2023/2775 verabschiedet, die am 21. Dezember 2023 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde.

Gemäß der durch die CSRD geänderten Rechnungslegungsrichtlinie sollen von der Berichtspflicht sämtliche „großen“ Unternehmen betroffen sein, ohne dass es auf das Merkmal der Kapitalmarktorientierung ankommt. Hintergrund ist, dass sich große Unternehmen generell ihrer sozialen Verantwortung bewusst werden sollen. Das soll auch für kapitalmarktorientierte „KMU“ gelten, die nach der CSRD berichtspflichtig sind.

Die Rechnungslegungsrichtlinie legt fest, ab wann Unternehmen als „große“ Unternehmen oder „KMU“ gelten. Infolge der erhöhten Inflationsraten hat die Europäische Kommission es für notwendig erachtet, die bilanziellen Kriterien zur Einordnung in die Größenkategorien zu erhöhen. Demnach ist ein Unternehmen zukünftig als „groß“ einzuordnen (und damit nach der CSRD berichtspflichtig), wenn es zwei der drei folgenden Kriterien überschreitet:

  • Bilanzsumme über EUR 25.000.000 (zuvor: EUR 20.000.000),
  • Nettoumsatzerlöse über EUR 50.000.000 (zuvor: EUR 40.000.000),
  • durchschnittliche Anzahl der Beschäftigten über 250.

Die Europäische Kommission hat auch die bisherigen Größenkriterien für KMU entsprechend erhöht, vorausgesetzt, es handelt sich um kapitalmarktorientierte Unternehmen.

Die neuen Kriterien greifen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung ab dem Geschäftsjahr 2024.

Europäische einheitliche Standards zur CSRD-Berichterstattung

Am 31. Juli 2023 hat die Europäische Kommission das erste Set der Europäischen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (European Sustainability Reporting Standards, „ESRS) vorgestellt. Die delegierte Verordnung (EU) 2023/2772 wurde am 22. Dezember 2023 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Die Europäische Kommission ist nach der CSRD befugt, die Nachhaltigkeitsberichterstattung durch verpflichtende Standards zu vereinheitlichen (vgl. Art. 29b der durch die CSRD geänderten Rechnungslegungsrichtlinie). Unternehmen sollen dadurch zuverlässig und vergleichbar über ihre wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekte berichten. Das erste Set der ESRS ist für Geschäftsjahre, die ab dem 1. Januar 2024 beginnen, verbindlich. Einer Umsetzung in nationales Recht bedarf es nicht, da die delegierte Verordnung unmittelbar gilt.

Dieses Set enthält für alle Unternehmensbranchen allgemein geltende Standards (vgl. Anhang I der delegierten Verordnung (EU) 2023/2772). Es unterscheidet zwischen bereichsübergreifenden Standards (ESRS 1 und 2) und ergänzend themenspezifischen Standards für die Bereiche „Umwelt“ (ESRS E), „Soziales“ (ESRS S) und „Unternehmensführung“ (ESRS G). Die themenspezifischen Standards sind ihrerseits jeweils in Themen und (Unter-)Unterthemen untergliedert, die verschiedene Nachhaltigkeitsaspekte behandeln.

 

ESRS

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Die Standards unter ESRS 2 regeln, welche Angaben Unternehmen verpflichtend auf übergeordneter Ebene in ihre Nachhaltigkeitserklärung aufzunehmen haben. Das betrifft folgende Berichterstattungsbereiche:

  • Governance: Unternehmen haben in diesem Abschnitt darzulegen, welche Rolle ihre Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte haben, sprich wie die Zuständigkeiten verteilt sind, welche Berichtslinien es gibt und wie die Überwachung erfolgt. Das beinhaltet insbesondere auch Angaben darüber, wie divers die Organe zusammengesetzt sind, welches Fachwissen und welche Kompetenzen in Bezug auf Nachhaltigkeit vorliegen oder den Organen zur Verfügung stehen (beides ESRS 2 GOV-1) und inwiefern nachhaltigkeitsbezogene Ziele in Anreiz- und Vergütungssystemen von Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorganen bestehen (ESRS 2 GOV-3).
  • Strategie: In diesem Abschnitt beschreiben Unternehmen ihre Strategie in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte und erläutern die Wechselwirkungen mit ihrem Geschäftsmodell und ihrer Wertschöpfungskette. Zudem legen sie dar, inwieweit sie die Interessen von Stakeholdern berücksichtigen.
  • Management der Auswirkungen, Risiken und Chancen: In diesem weiteren Abschnitt erläutern Unternehmen, nach welchen Verfahren sie ihre Wesentlichkeitsanalyse durchführen, die bestimmt, über welche themenspezifischen Standards sie in welcher Tiefe berichten.
  • Parameter und Ziele: Im letzten Abschnitt der allgemeinen Angabepflichten erläutern Unternehmen, nach welchen Parametern sie die Wirksamkeit ihrer strategischen Maßnahmen prüfen und welche messbaren Ziele sie sich setzen.

Hinsichtlich der themenspezifischen Standards für die Bereiche Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (Environment, Social, Governance, ESG) besteht eine Berichtspflicht, wenn nach der durchzuführenden Wesentlichkeitsanalyse ein Nachhaltigkeitsaspekt als wesentlich einzustufen ist:

Die Wesentlichkeitsanalyse zielt darauf ab, die wesentlichen nachhaltigkeitsbezogenen Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit sowie Risiken und Chancen für das Unternehmen zu ermitteln, kurz IRO (impacts, risks and opportunities). Unternehmen müssen die einzelnen Nachhaltigkeitsthemen aus den Bereichen E-S-G und ggf. weitere unternehmensspezifische Nachhaltigkeitsaspekte bei ihrer Analyse aus zwei Perspektiven betrachten (sog. Grundsatz der doppelten Wesentlichkeit). Ist ein Nachhaltigkeitsaspekt nach einer der beiden Perspektiven als wesentlich einzustufen, ist hierüber zu berichten. Ein Nachhaltigkeitsaspekt ist „wesentlich“, wenn:

  • Inside-out Perspektive: die Geschäftstätigkeit des Unternehmens einschließlich seiner Wertschöpfungskette positive oder negative Auswirkungen auf Menschen und die Umwelt hinsichtlich des jeweiligen Nachhaltigkeitsgesichtsaspekts hat oder potenziell haben kann (Impact Materiality);
  • Outside-in Perspektive: der jeweilige Nachhaltigkeitsaspekt finanzielle Auswirkungen auf das Unternehmen hat oder nach vernünftigem Ermessen haben kann (Financial Materiality).

Beispiel: Ein berichtspflichtiges Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe (z.B. Hersteller von Fahrzeugteilen) kann nach seiner Wesentlichkeitsanalyse verpflichtet sein, in seiner Nachhaltigkeitserklärung detaillierte Angaben zu seinem Umgang mit Wasserressourcen nach ESRS E3 und zu den dazugehörigen einzelnen Unter- und Unter-Unterthemen aufzunehmen, wie insbesondere zu seinem Wasserverbrauch, der Wasserentnahme und zur Ableitung von Wasser.

In den ersten Berichterstattungsjahren können Unternehmen von manchen der allgemeinen Angabepflichten nach ESRS 2 und bestimmten themenspezifischen Angabepflichten absehen (vgl. ESRS 1 Anlage C).

Die Europäische Kommission hat am 17. Oktober 2023 dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union einen Beschlussvorschlag vorgelegt, die Frist für den Erlass des zweiten Sets der ESRS auf Juni 2026 zu verlängern (COM(2023) 596 final). Das zweite Set der ESRS soll sektorspezifische Standards beinhalten und für die ab dem Geschäftsjahr 2026 nach der CSRD berichtspflichtigen KMU angemessene geringere Berichtspflichten definieren.

Fazit und Ausblick

Berichtspflichtige Unternehmen stehen vor der Herausforderung, die aktuellen Entwicklungen im Auge zu behalten und diese bei der anstehenden Erstellung ihrer Nachhaltigkeitserklärung zu berücksichtigen. Die EFRAG, welche die Europäische Kommission bei der Erarbeitung der ESRS unterstützt, beabsichtigt, weitere fachliche Empfehlungen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu veröffentlichen.

 

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