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Lieferketten-Compliance: BMWK und BMAS veröffent­lichen Sofort­programm zur praxis­nahen Anwendung des LkSG

09.10.2024

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz („BMWK“) und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales („BMAS“) haben ein „Sofortprogramm für untergesetzliche Maßnahmen zur praxisnahen Anwendung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes („LkSG“), auch im Lichte der Vorgaben der EU-Lieferketten-Richtlinie“ veröffentlicht. Durch das Sofortprogramm sollen bereits jetzt erste Bestimmungen der CSDDD durch Weisung des BMWK und des BMAS an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle („BAFA“) untergesetzlich Anwendung finden.

Anlass des Sofortprogramms ist die am 25.07.2024 in Kraft getretene Corporate Sustainability Due Diligence Directive („CSDDD“), die bis zum 26.07.2026 in nationales Recht umgesetzt werden muss (siehe hierzu auch unsere Noerr Insights vom 21.03.2024, 26.04.2024 sowie 10.06.2024). Die Bundesregierung hat sich innerhalb ihrer jüngsten Wachstumsinitiative zum Ziel gesetzt, die CSDDD noch in dieser Legislaturperiode umzusetzen. Bereits Ende 2024 kann wohl mit einem ersten Gesetzesentwurf gerechnet werden.

Das Sofortprogramm fassen wir nachfolgend zusammen:

Anpassung der Berichtspflicht

Mit Verweis auf die Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive („CSRD“) kündigen das BMWK und das BMAS an, die LkSG-Berichtspflicht zu verschieben. LkSG-Berichte sollen erst bis zum 31.12.2025 eingereicht werden, um doppelte Berichtspflichten zu vermeiden.

In den FAQ hat das BAFA das Datum bisher noch nicht angepasst, so dass dort noch die Berichtspflicht zum 01.01.2025 angegeben ist.

Konkretisierung des risikobasierten Ansatzes

Nach der CSDDD sollen bei der Ermittlung und Bewertung der negativen Auswirkungen (also insbesondere der Risiken) Risikofaktoren berücksichtigt werden.

Risikofaktoren können bspw. geographische Risiken sein, aber auch das Niveau der Strafverfolgung. Gleichermaßen soll berücksichtigt werden können, ob der Geschäftspartner seinerseits in den Anwendungsbereich der CSDDD fällt (vgl. Erwägungsgrund 41 der CSDDD). Das BMWK und das BMAS fordern, dass das BAFA bereits jetzt die in der CSDDD dargestellten Risikofaktoren in die eigene Prüfpraxis übernimmt sowie in den FAQ bzw. Handreichungen kommuniziert.

Das BAFA deutete bereits an, dass mit einer Handreichung zum risikobasierten Ansatz gerechnet werden kann.

Entlastung von KMU

In Art. 18 CSDDD ist vorgesehen, dass die Kommission, in Abstimmung mit den Mitgliedstaaten, freiwillige Mustervertragsklauseln entwickeln wird. Das BMWK und das BMAS werden bereits jetzt bei der Erarbeitung von Mustervertragsklauseln und -fragebögen unterstützen.

Ziel ist es, KMU vor vertraglichen Zusicherungen und umfangreichen Auskünften zu entlasten. Darüber kündigen das BMWK und das BMAS an, dass die Übermittlung undifferenzierter Fragebögen an alle Zulieferer gegen den risikobasierten Ansatz verstößt und zu verschärften Prüfungen des BAFA führen wird.

Unterstützung von Brancheninitiativen und Pooling von Audits

Zur Vermeidung von Mehrfachauditierungen von Geschäftspartnern wird Art. 20 Abs. 5 CSDDD das sog. „Pooling“ von Audits ermöglichen.

Das BAFA soll bereits jetzt klarstellen, dass verpflichtete Unternehmen sich innerhalb der Grenzen des Kartellrechts zusammenschließen können, um die Sorgfaltspflichten zu erfüllen oder gemeinsam Kontrollmaßnahmen durchzuführen. Die Pflicht zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten darf jedoch nicht abgewälzt werden und verbleibt beim verpflichteten Unternehmen.

Handreichung als Orientierung zu Standards und Zertifizierungen

Das BAFA wird eine Handreichung erarbeiten, die eine Orientierung zur Auswahl geeigneter Branchenstandards, Multistakeholder-Initiativen, Siegeln, Zertifizierungen und Audits mit Blick auf die Vorgaben des LkSG bietet.

Dialogprozess mit der Wirtschaft

Das BMWK und das BMAS werden im Q4/2024 einen strukturierten Dialogprozess mit Unternehmen starten, um Fragen zur LkSG-Umsetzung zu erörtern und ggf. mit der Wirtschaft Lösungen zu bestehenden Herausforderungen zu erarbeiten.

Outreach zum Prüfansatz des BAFA

Das BAFA soll seine bisherigen Erfahrungen beim Aufbau des geplanten Netzwerks der Prüfbehörden der europäischen Mitgliedstaaten einbringen. Hierbei soll das BAFA für den eigenen etablierten Prüfansatz (Dialog und Kontrolle) werben, um die bei den deutschen Unternehmen bekannte Prüfpraxis auch bei Umsetzung der CSDDD weiterhin anzuwenden. Dies soll eine Kontinuität sicherstellen, damit Unternehmen bereits implementierte Maßnahmen nicht anpassen müssen.

Weiterentwicklung des Deutschen Nachhaltigkeitskodex

Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex („DNK“) ist ein vom BMWK finanzierter branchenübergreifender Transparenzstandard für die Berichterstattung unternehmerischer Nachhaltigkeitsleistungen. Der DNK wird künftig ein KMU-Modul erhalten, um KMU bei der Zusammenarbeit mit LkSG/CSDDD-pflichtigen Unternehmen zu entlasten.

Fazit und Ausblick

Die Bestrebungen des BMWK und des BMAS sind begrüßenswert. Dies ermöglicht es den bereits jetzt verpflichteten Unternehmen, sich zielgerichtet auf die CSDDD vorzubereiten. Nach dem LkSG verpflichtete Unternehmen können dies sinnvollerweise als Vorsprung gegenüber den Unternehmen der anderen Mitgliedstaaten sehen und nutzen. Sie haben die Möglichkeit bereits jetzt mit der Aufsichtsbehörde in Kontakt zu treten und können bisherige Strukturen und Prozesse anpassen. Auch wenn die CSDDD an vielen Stellen weitere Pflichten auferlegt, starten deutsche Unternehmen nicht bei Null.

Informationen zu unserem Beratungsspektrum rund um das Thema Lieferketten-Compliance, einschließlich LkSG, CSDDD und CSRD, finden Sie hier.