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Lieferketten-Compliance: Aktualisierung der BAFA-FAQ zum LkSG

03.09.2024

Am 09.07.2024 hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle („BAFA“) die Fragen und Antworten zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz („LkSG“) aktualisiert.

Interessante Neuerungen gegenüber der Vorversion vom 24.07.2023 fassen wir nachfolgend zusammen und ordnen diese rechtlich ein:

Grundsatz

Die Antworten auf die häufig gestellten Fragen („FAQ“) sollen betroffenen Unternehmen erste Anhaltspunkte über die Anwendungsvoraussetzungen und die Sorgfaltspflichten des LkSG bieten. Die Detailschärfe der FAQ ist verhältnismäßig hoch, der Katalog umfasst 18 Kategorien mit bis zu 15 Einzelfragen.

Die Äußerungen des BAFA interpretieren das LkSG. Die Äußerungen stellen insofern einen Beitrag zur Auslegung dar, der aus Sicht der Praxis allerdings von besonderer Bedeutung ist, weil das BAFA die Einhaltung des LkSG kontrolliert.

Anwendungsbereich: Unternehmensbegriff

Das BAFA hat seine Antwort zu Frage 3.1, die sich auf den Unternehmensbegriff bezieht, an entscheidenden Stellen geändert. Danach fallen unter den Unternehmensbegriff des LkSG stets Handelsgesellschaften, weil sie überwiegend unternehmerisch bzw. wirtschaftlich agieren. Das gilt nach Auffassung des BAFA auch für gemeinnützige Unternehmen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts fallen hingegen nur dann in den Anwendungsbereich, wenn sie unternehmerisch bzw. wirtschaftlich am Markt tätig sind.

Das BAFA geht zwar vom Wortlaut des Gesetzes und der Gesetzesbegründung aus, bestimmt dann aber Gesellschaftsformen, die bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 1 LkSG stets in den Anwendungsbereich des LkSG fallen sollen. Das BAFA nimmt damit unwiderleglich an, dass die vom BAFA genannten Handelsgesellschaften stets unternehmerisch bzw. wirtschaftlich handeln. Das Gesetz und die Gesetzesbegründung enthalten diese „Regelbeispiele“ hingegen nicht. Das BAFA weicht in seiner Interpretation hier vom Wortlaut und der Gesetzesbegründung ab.

Die Bildung dieser Regelbeispiele scheint nicht eindeutig: So sind kommunale Krankenhäuser häufig als gGmbH organisiert. Sie erfüllen jedenfalls als Maximalversorger staatliche Aufgaben der Daseinsvorsorge. In diesem Bereich treten sie nicht in Konkurrenz zu privaten Krankenhäusern. Kraft des Regelbeispiels würden sie jedoch automatisch unter das LkSG fallen. Allein dieses Beispiel verdeutlicht, dass es vorzugswürdig ist, den Anwendungsbereich nicht von der Rechtsform des Unternehmens abhängig zu machen, sondern zu prüfen, ob es im vorgenannten Sinne unternehmerisch bzw. wirtschaftlich am Markt agiert.

Jedenfalls für Vereine und juristische Personen des öffentlichen Rechts kommt es weiter darauf an, ob sie unternehmerisch am Markt tätig sind. 

Anwendungsbereich: Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer

Nach 3.7 sind laut BAFA Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer, unabhängig von der Zeitdauer der Arbeitsleistung beim Entleihunternehmen als Arbeitnehmende des Verleihunternehmens zu berücksichtigen.

Nach § 1 Abs. 2 LkSG sind Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer bei der Berechnung der Zahl der Arbeitnehmenden des Entleihunternehmens zu berücksichtigen, wenn die Einsatzdauer sechs Monate übersteigt. Somit kann es Fälle geben, in denen Leiharbeitnehmerinnen und ‑arbeitnehmer gleichermaßen zum Entleih- als auch zum Verleihunternehmen gezählt werden.

Anwendungsbereich: Konzernobergesellschaft im Gleichordnungskonzern

Zur Ermittlung der Anzahl der Arbeitnehmenden im Gleichordnungskonzern führt das BAFA in Frage 4.3 aus, dass die Arbeitnehmenden den gleichgeordneten Obergesellschaften wechselseitig zugerechnet werden. Darüber hinaus sollen die Arbeitnehmenden aller unterhalb der Obergesellschaften angesiedelten konzernangehörigen Gesellschaften jeder gleichrangigen Obergesellschaft zugerechnet werden. Das hätte zur Folge, dass im Gleichordnungskonzern beide Obergesellschaften verpflichtet wären, wenn die relevante Zahl der Mitarbeitenden überschritten wird. Darüber hinaus wären bei der Ermittlung des Anwendungsbereichs auch die Arbeitnehmenden solcher Gesellschaften zu berücksichtigen, zu denen keine direkte gesellschaftsrechtliche Verbindung besteht.

Diese Auslegung lässt sich unseres Erachtens nur schwer mit dem Wortlaut des LkSG vereinbaren. Gem. § 1 Abs. 1 LkSG kommt es darauf an, dass die Arbeitnehmenden einer „Obergesellschaft“ zugerechnet werden. Im Gleichordnungskonzern existiert jedoch keine „Obergesellschaft“, denn kein Unternehmen ist in der Lage, die Geschicke des Konzernverbundes allein zu steuern.

Grundsatzerklärung: Sprache

Begrüßenswert ist die Antwort zu Frage 9.4. Demnach kann das Unternehmen selbst entscheiden, in welcher Sprache bzw. in welchen Sprachen die Grundsatzerklärung abzugeben ist. Diese Entscheidung kann das Unternehmen unter Berücksichtigung der Geschäftstätigkeit und des Adressatenkreises treffen.

Richtet ein Unternehmen seine Geschäftstätigkeit ausschließlich an einen englisch-sprachigen Markt und wird innerhalb des Unternehmens überwiegend Englisch gesprochen, ist es zulässig, die Grundsatzerklärung ausschließlich auf Englisch zu verfassen. Hierbei ist immer zu beachten, dass angesichts des Sitzes in Deutschland es unwahrscheinlich erscheint, dass die Erklärung in deutscher Sprache obsolet sein wird.

Beschwerdekanal: Verbindung mit HinschG

In der Antwort zur Frage 12.2 weist das BAFA darauf hin, dass ein Unternehmen einen einheitlichen Beschwerdekanal nutzen kann, der für Meldungen nach dem LkSG und nach dem Hinweisgeberschutzgesetz („HinSchG“) zur Verfügung steht. Unternehmen müssen folglich nicht zwei voneinander getrennte Kanäle einrichten.

Hier weicht das BAFA von den Erwägungsgründen zur Corporate Sustainability Due Diligence Directive („CSDDD“) ab. In Erwägungsgrund 60 steht, dass das Beschwerdeverfahren der CSDDD als gesonderter Mechanismus gegenüber dem Hinweisgegeberverfahren der Hinweisgeberrichtlinie verstanden werden sollte. Folglich müssten bei Umsetzung der CSDDD zwei getrennte Verfahren angeboten werden. Hiergegen lässt sich anführen, dass die Erwägungsgründe nicht Gesetzeswortlaut sind und vielmehr bei der Auslegung heranzuziehen sind. Zudem ist die tatsächliche Umsetzung der CSDDD in deutsches Recht abzuwarten.

Zu beachten ist, dass die Kanäle jedoch beiden Gesetzen entsprechen müssen, also den Anforderungen des HinSchG (Schlagwort: Identitätsschutz) und den Anforderungen des LkSG.

Umfang der Sorgfaltspflichten: Einzelhandel mit Eigen- und Fremdmarken

In der Antwort auf Frage 16.2. nimmt das BAFA Stellung zur Frage, ob der Handel mit Fremdmarken von dem Begriff der Lieferkette erfasst ist. Das ist nach Auffassung des BAFA der Fall.

Das BAFA führt ohne weitere Begründung aus, dass ein „Einzelhandelsunternehmen eine Dienstleistung erbringt, welche auch den Handel mit Fremdmarken erfasst“. Hier wäre es wünschenswert gewesen, wenn das BAFA dargelegt hätte, worin denn eine „Dienstleistung“ besteht, die die Anwendung des LkSG begründet. In der Literatur ist umstritten, ob das Handeln mit Waren eine Dienstleistung darstellt. Klarheit wird hier voraussichtlich nur eine gerichtliche Entscheidung bringen.

Selbst wenn der Handel mit Fremdmarken von der Lieferkette erfasst sein sollte, ist der Umfang der Sorgfaltspflichten regelmäßig geringer, weil die Einflussmöglichkeiten auf die Fremdmarken erfahrungsgemäß viel geringer ist als der Einfluss auf Eigenmarken.

Auch wenn einige Klarstellungen begrüßenswert sind, führen die Änderungen des BAFA unserer Ansicht nach zu weiteren Unklarheiten auf Seiten der Unternehmen. Unternehmen sollten die Antworten des BAFA daher stets kritisch hinterfragen. Bei der Rechtsanwendung können die Antworten hilfreich sein, stets sollte im Hinterkopf behalten werden, dass es sich hierbei um eine Rechtsmeinung handelt und das BAFA diese auch wieder ändern kann.

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