Kryptowährungen: Finales BMF-Schreiben zur Besteuerung
Wer in diesen Tagen einen Blick auf den Kryptomarkt wirft, wird feststellen, dass der Höhenflug der letzten Jahre aktuell ein jähes Ende gefunden hat und die Risikoaversion der Anleger sich nicht nur in den Aktienmärkten, sondern auch an den Kryptomärkten widerspiegelt. Für deutsche Investoren in Kryptowährungen ist jetzt zumindest aus steuerlicher Perspektive Planungssicherheit und ein leichtes Aufatmen möglich:
Das Bundesfinanzministerium (BMF) veröffentlichte mit Datum 10.05.2022 (Gz IV C 1 - S 2256/19/10003 :001) das lang erwartete Schreiben über „Einzelfragen zur ertragsteuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen und sonstigen Token“. Das BMF ist mit seiner finalen Fassung des Schreibens von der zehnjährigen Haltefrist des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S.4 EStG für die steuerfreie Veräußerung von Kryptowährungen aus dem Privatvermögen abgerückt. Es ist explizit keine Verlängerung der Haltefrist von einem auf zehn Jahre für Kryptowährungen mehr vorgesehen, auch wenn diese durch Lending (kryptobasiertes Darlehen) oder Staking (Zurverfügungstellung von Einheiten einer Kryptowährung zur Sicherung/Sicherstellung des Netzwerks und von Transaktionen) als Einkunftsquelle genutzt werden und hieraus Einkünfte erzielt wurden.
Diese Entwicklung ist für Anleger von Kryptowährungen sehr erfreulich, da somit Kryptowährungen, auch wenn diese für Lending oder Staking verwendet wurden, weiterhin nach Ablauf einer einjährigen Haltefrist gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG steuerfrei veräußert werden können.
Neben hilfreichen Definitionen zu den technischen Begrifflichkeiten der Kryptowelt enthält das BMF-Schreiben weitere interessante steuerliche Aussagen:
- Kryptowährungen sind stets (nicht abnutzbare) Wirtschaftsgüter i.S.d. EStG.
- Erhaltene Einheiten einer Kryptowährung aufgrund von Mining, Forging, Hard-Forks, Airdrops, Lending und Staking führen zu Anschaffungsvorgängen im Privat- oder Betriebsvermögen. Die Bewertung der Anschaffungsvorgänge erfolgt anhand des Marktkurses der Kryptowährung im Zeitpunkt der Anschaffung, des Zugangs oder des Zuflusses (je nach Vorgang).
- Liegt nicht bereits kraft Rechtsform eine gewerbliche Tätigkeit vor, können sowohl laufende Tätigkeiten wie z.B. Mining und Forging, als auch der Handel mit Kryptowährungen zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen, z.B. wenn die Tätigkeit nachhaltig und mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird. Beim Handel mit Kryptowährungen können für die Abgrenzung von der privaten Vermögensverwaltung die ertragsteuerlichen Kriterien des gewerblichen Wertpapier- und Devisenhandels herangezogen werden.
- Liegen keine gewerblichen Einkünfte vor, fallen die Tätigkeiten in die sonstigen Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG, sind aber nur dann steuerpflichtig, wenn diese EUR 256 im Kalenderjahr überschreiten. Das gilt insbesondere für das Lending sowie Staking; bei Airdrops indes nur, sofern hier eine Gegenleistung gegenübersteht.
- Veräußerungen von Kryptowährungen aus dem Privatvermögen (unabhängig vom Anschaffungsvorgang) sind nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG steuerpflichtig, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr und der Gesamtgewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften mehr als EUR 600 pro Kalenderjahr beträgt. Auch jeder Tausch einer Kryptowährung (inklusive ICOs) führt zu einem Veräußerungsvorgang. Für die durch den Tausch neu erworbene Kryptowährung beginnt zeitgleich der Lauf einer neuen Haltefrist.