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Europäische Patente: Wann kann ich vor das Einheitliche Patentgericht (UPC)?

27.03.2023

Das UPC-Übereinkommen tritt bald in Kraft, die Sunrise Period läuft. Soll ein europäisches Patent (EP) nicht unter die Jurisdiktion des UPC fallen, ist bereits jetzt ein Opt-Out möglich (siehe unseren Beitrag vom 21.03.2023). Was aber passiert, wenn ein EP-Inhaber die Zuständigkeit des UPC nicht per Opt-Out ausschließt? Der nachfolgende Beitrag betrachtet verschiedene Klagemöglichkeiten in dieser Situation.

I. Grundsätzlich ausschließliche Zuständigkeit des UPC

Das UPC verfügt nicht nur über eine ausschließliche Zuständigkeit für Klagen zu den ab dem 01.06.2023 erteilten europäischen Patenten mit einheitlicher Wirkung (Einheitspatenten). Auch für Klagen in Bezug auf EPs verfügt das UPC über eine grundsätzlich ausschließliche Zuständigkeit, soweit das einzelne EP für einen UPC-Mitgliedstaat erteilt ist, kein Opt-Out erklärt ist und die jeweilige Klage ab dem 01.06.2023 erhoben wird.

II. Inkrafttreten des UPC-Übereinkommens berührt national anhängige Verfahren nicht

Das UPC-Übereinkommen berührt nicht die Zuständigkeit der nationalen Gerichte für am 01.06.2023 bereits anhängige Verletzungs- und Rechtsbestandsverfahren. Die nationalen Gerichte entscheiden diese Verfahren wie gehabt für den jeweiligen UPC-Mitgliedstaat.

III. Haben national anhängige Verfahren Sperrwirkung für das UPC?

Eine doppelte Rechtshängigkeit desselben Streitgegenstands dürfte nicht möglich sein. Eine vor einem Landgericht in Deutschland zu einem EP (ohne Opt-Out) anhängige Verletzungsklage schließt damit etwa voraussichtlich aus, dass das UPC zur Frage der Verletzung des deutschen Teils dieses EPs durch denselben Beklagten entscheidet.

Entsprechend dem Gegenstand des national anhängigen Verfahrens kann das UPC ein Carve-Out vornehmen, das heißt, seine Entscheidung zum EP auf nicht bereits in einem UPC-Mitgliedstaat anhängige Gegenstände beschränken. In der eben dargestellten Konstellation kann das UPC somit die Verletzung dieses EPs in anderen UPC-Mitgliedstaaten durch denselben Beklagten voraussichtlich ebenso entscheiden wie die Frage der Verletzung dieses EPs in allen UPC-Mitgliedstaaten durch einen anderen Beklagten.

Will der Kläger bei nationaler Anhängigkeit einer Klage eine umfassende Entscheidung des UPC herbeiführen, bleibt ihm im Rahmen des jeweiligen nationalen Rechts meist die Möglichkeit, die bereits in einem UPC-Mitgliedstaat anhängige Klage zurückzunehmen. Ist der Streitgegenstand zu einem EP nicht mehr in einem UPC-Mitgliedstaat national anhängig, kann ihn das UPC mit Wirkung für alle UPC-Mitgliedstaaten entscheiden.

IV. Was gilt bei Nichtigkeitsklagen?

EPs (ohne Opt-Out) können ab dem 01.06.2023 jederzeit per Nichtigkeitsklage vor dem UPC mit Wirkung für alle UPC-Mitgliedstaaten angegriffen werden.

Geht ein Kläger neben einer bereits in einem Mitgliedsstaat anhängigen Nichtigkeitsklage gegen dasselbe EP auch vor dem UPC vor, droht eine teilweise doppelte Rechtshängigkeit. Diese dürfte das UPC dadurch vermeiden, dass es ein Carve-Out vornimmt. Das Carve-Out liegt darin, dass das UPC die Nichtigkeitsklage nur zu den Teilen des EPs entscheidet, die nicht bereits Gegenstand einer Nichtigkeitsklage desselben Klägers in einem Mitgliedsstaat sind.

Nichtigkeitsklagen anderer Nichtigkeitskläger gegen dieses EP sind ein anderer Streitgegenstand. Für diese bleibt das UPC uneingeschränkt zuständig. Nichtigkeitsklagen anderer Nichtigkeitskläger gegen dieses EP wird das UPC daher voraussichtlich mit Wirkung für alle UPC-Mitgliedsstaaten entscheiden.