EU- und US-Sanktionen und Russlands Gegenmaßnahmen
Vor dem Hintergrund, dass das Tauziehen um die Ukraine weiter fortdauert, haben die USA und die Europäische Union eine neue Runde strengerer koordinierter Sanktionen gegen Russland und russische Unternehmen eingeleitet. Die neuen restriktiven Maßnahmen zielen auf die Beschränkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit in bestimmten Wirtschaftssektoren sowie auf natürliche Personen ab, denen die Untergrabung der territorialen Integrität und Souveränität der Ukraine angelastet wird. Russland hat hierauf mit Beschränkungen der Einfuhr von Nahrungsmitteln und landwirtschaftlichen Produkten nach Russland geantwortet. Nachfolgend ein Überblick über die verschiedenen Maßnahmen:
EU-Sanktionen
I. Sektorielle Sanktionen
Gemäß der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates vom 31.07.2014 sind von den neuen Sanktionen folgende restriktive Maßnahmen umfasst:
- Der Zugang von größeren russischen Finanzinstituten zu den Kapitalmärkten der EU wird beschränkt. EU-Bürger und Unternehmen können keine neuen Anleihen, Eigenkapital- oder ähnliche Finanzinstrumente mit einer Laufzeit von mehr als 90 Tagen erwerben oder verkaufen, die von staatlichen russischen Banken begeben wurden (einschließlich der Sberbank, VTB Bank, Gazprombank, der Russischen Landwirtschaftsbank (Rosselkhozbank), Vnesheconombank (VEB), sowie von deren Tochtergesellschaften außerhalb der EU und der Banken, die in ihrem Auftrag handeln.
- Ebenso ist die Ausfuhr bestimmter Güter und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck (dual use) und von Technologien für militärische Zwecke nach Russland oder an russische militärische Endnutzer verboten. Der Verkauf an natürliche oder juristische Personen in Russland von Ausrüstung und Technologien, die auf der EU-Liste mit Gütern mit doppeltem Verwendungszweck stehen, bedürfen einer Genehmigung durch die zuständigen Behörden des Wohnstaates des Exporteurs.
- Die russische Ölindustrie ist ebenfalls Gegenstand von Beschränkungen durch Sanktionen. Die Ausfuhr bestimmter energiebezogener Ausrüstung und Technologien zum Einsatz bei der Erdölexploration und Förderung in der Tiefsee und der Arktis sowie bei Schieferölprojekten in Russland geeignete Technologien (gemäß der als Anlage II zu dem Dokument beigefügten Liste) bedürfen der vorherigen Genehmigung durch die zuständigen Behörden in der EU. Die Restriktionen sind nicht auf Ölprojekte in Russland anwendbar, die in Erfüllung eines vor dem 01.08.2014 geschlossenen Vertrages durchgeführt werden.
II. Natürliche und juristische Personen, die von Sanktionen betroffen sind
Bereits mit Verordnung des Rates (EU) Nr. 269/2014 vom 17.03.2014 wurde beschlossen, sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die natürlichen und juristischen Personen gehören, die für die Handlungen verantwortlich sind, die die Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben („Sanktionsziele“) eingefroren werden. Vor kurzem wurde durch die Umsetzung der Verordnung (EU) Nr. 826/2014 vom 30.07.2014 die Liste der von den Sanktionen betroffenen Personen und Unternehmen erweitert; acht weitere natürliche Personen (u.a. Herrn Arkady Rotenberg, dessen Unternehmen mehrere lukrative staatliche Aufträge zugeteilt worden waren) sind von einer Einfrierung ihrer Vermögenswerte und einem Visumverbot betroffen. Außerdem fallen drei weitere Unternehmen (JSC „Concern Almaz-Antey“, LLC „Dobrolyot“ und die JSC „Russian National Commercial Bank“) ebenfalls unter die EU-Sanktionen.
III. Investitionsrestriktionen für die Krim und Sewastopol
Die EU hat außerdem Handels- und Investitionsbeschränkungen für die Krim und Sewastopol beschlossen. Zusätzlich zum Verbot der Einfuhr in die EU von Waren mit Ursprung auf der Krim oder in Sewastopol (einschließlich der damit verbundenen Bereitstellung von Finanzmitteln oder finanzieller Unterstützung), untersagt die Verordnung (EU) Nr. 825/2014 vom 30.07.2014 neue Investitionen (einschließlich der Gewährung von Darlehen und der Gründung von Joint Ventures) zur Entwicklung der Infrastruktur im Verkehrs-, Telekommunikations- und Energiesektor auf der Krim sowie in Bezug auf die Nutzung von Öl-, Gas- und Mineralreserven.
Diese restriktiven Maßnahmen finden für vor dem 30.07.2014 geschlossene Verträge nicht vor dem 28.10.2014 Anwendung.
US-Sanktionen
Zuvor hatten bereits die USA eine Reihe von auf die Ukraine-Problematik bezogener Sanktionen gegen Russland verhängt. Insbesondere wurden den US-amerikanischen Zahlungssystemen Visa und MasterCard untersagt, Geschäfte mit von Sanktionen betroffenen Unternehmen zu schließen, einschließlich der JSC Bank Rossiya und JSC Sobinbank.
Durch die Verhängung neuer signifikanter Restriktionen, die am 06.08.2014 in Kraft getreten sind, hat das Amt zur Kontrolle ausländischer Vermögenswerte (Office of Foreign Assets Control) des US-Finanzministeriums die Liste zur Identifizierung sektoren-bezogener Sanktionen (Sectorial Sanctions Identifications List („SSI-Liste“)) ausgeweitet, nach der es US-Bürgern und -Unternehmen verboten ist, für die auf der Liste genannten Personen Finanzierungen bereitzustellen oder auf sonstige Weise Neuverschuldungen mit Laufzeiten von mehr als 90 Tagen zu begründen oder neues Eigenkapital auszugeben.
Folgende russische Unternehmen wurden der SSI-Liste hinzugefügt:
- JSC Bank Moskau;
- VTB Bank;
- JSC Russische Landwirtschaftsbank (Rosselkhozbank).
Des Weiteren sanktionierten die USA ein Schiffsbauunternehmen – die „United Shipbuilding Corporation“ mit Sitz in St. Petersburg. Dieses Unternehmen wurde der Specially Designated National List („SDN-Liste“ – eine Liste mit ausdrücklich genannten Staatsangehörigen) hinzugefügt und sämtliche US-Vermögenswerte des Unternehmens wurden eingefroren und jegliche US-Transaktionen mit der Gesellschaft sind nun verboten.
Am 31.07.2014 wurden der SDN-Liste vier weitere natürliche Personen hinzugefügt, einschließlich des Vorstandsvorsitzenden des russischen Eisenbahnmonopolisten RZD, der Milliardär Wladimir Yakunin.
Am 01.08.2014 kündigte das US-amerikanische Bureau of Industry and Security (Amt für Industrie und Sicherheit) neue Ausfuhrbedingungen an, mit denen eine Genehmigungspflicht für die Ausfuhr von bestimmten Gütern, Software, Technologie und Daten zur Nutzung im russischen Öl- und Gassektor in der Tiefsee, in der Arktis und bei Schieferölprojekten eingeführt wurden. Die neuen Genehmigungsanforderungen gelten auch dann, wenn der Exporteur, der Re-Exporteur oder Verbringer nicht in der Lage ist, festzustellen, ob die gelieferten Gegenstände für solche Projekte in Russland Verwendung finden.
Russlands Antwort
Am 05.08.2014 hat Wladimir Putin als Reaktion auf die gegen Russland verhängten westlichen Sanktionen Vergeltungsmaßnahmen angekündigt. Am 07.08.2014 wurden Einfuhrbeschränkungen für Nahrungsmittel, landwirtschaftliche Produkte und Rohstoffe aus Ländern angeordnet, die Sanktionen gegen Russland verhängt oder unterstützt hatten (Australien, EU-Mitgliedstaaten, Kanada, Norwegen und die USA).
Die von der russischen Regierung herausgegebene Liste mit verbotenen Produkten enthält folgende Produkte: Fleisch, Fleischprodukte, Fisch, Meeresfrüchte, Milch, Milchprodukte, Käse, Quark/Topfen, Gemüse, Früchte und Nüsse. Die Beschreibung der verbotenen Produkte entspricht den Codes der Nomenklatur für Waren im Außenhandel der Zollunion (ТН ВЭД ТС).
Die verbotenen Produkte aus den oben angegebenen Staaten können nicht in die Russische Föderation eingeführt werden. Babynahrung ist von der Liste der verbotenen Produkte ausgenommen. Am 14. August hat der stellvertretende Ministerpräsident Russlands, Arkadij Dworkowitsch, insbesondere auf Initiative der Deutschen Außenhandelskammer in Moskau angekündigt, dass bestimmte in der Sanktionsliste aufgeführte Warenpositionen von der Liste der von dem Importverbot betroffenen Güter ausgenommen werden. Dazu zählen:
- Nahrungsergänzungsmittel (teilweise);
- Sporternährung (teilweise);
- Produkte für Diabetiker;
- Produkte für Allergiker;
- laktosefreie Milch;
- Saatgut (teilweise);
- Fischbrut.
Die Liste der Waren, die von dem Importverbot ausgenommen werden, wird jetzt bei der russischen Regierung ausgearbeitet. Die Einfuhrbeschränkungen gelten zunächst für ein Jahr. Wir verweisen Sie auf die vollständige Liste der verbotenen Produkte. (Quelle: Association of European Business, Moscow).
„Die von beiden Seiten verhängten Beschränkungen können wahrscheinlich weitgehend als höhere Gewalt unter davon betroffenen Verträgen mit russischen Partnern angesehen werden. Derartige Verträge sollten daher sorgfältig überprüft werden, insbesondere im Hinblick auf den Umfang der vertraglichen Pflichten der Parteien sowie im Hinblick auf etwaige vertraglich vereinbarte Ausschlussfristen für die Geltendmachung höherer Gewalt.", so unsere Experten Dr. Thomas Mundry und Stefan Weber.
* Durchgeführt durch die Verordnung (EU) Nr. 692/2014 vom 23.06.2014