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CSDDD-Update: Durchbruch beim Euro­päischen Lieferkettengesetz (CSDDD)?

21.03.2024

Am 15.03.2024 hat der Ausschuss der Ständigen Vertreter (COREPER), ein Unterorgan des Rats der Europäischen Union zur Vorbereitung von Entscheidungen, der Corporate Sustainability Due Diligence Directive („CSDDD“ auch CS3D) in Form eines Kompromisstextes zugestimmt. Dieser Text weicht von der im Trilog im Dezember 2023 erzielten vorläufigen politischen Einigung ab. So wurde beispielsweise der Anwendungsbereich für die Richtlinie verengt, indem die erforderliche Mitarbeiterzahl und die Umsatzschwellen deutlich nach oben gesetzt wurden.

Das Ringen um einen Kompromiss war erforderlich geworden, weil einige EU-Staaten, darunter Deutschland, sich zwischen der Einigung im Trilog und den weiteren Abstimmungen gegen den damals geltenden Text ausgesprochen hatten und sich daher lange keine Mehrheit für die Verabschiedung der CSDDD fand. Erst massive Bemühungen der belgischen Ratspräsidentschaft haben zum (vorläufigen) Durchbruch und zur Zustimmung Frankreichs und Italiens unter Enthaltung von Deutschland geführt.

Der nun gefundene Kompromiss muss vom Rat der Europäischen Union noch förmlich verabschiedet werden. Danach wird er im Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments diskutiert, um voraussichtlich Ende April 2024 im Plenum des Europäischen Parlaments angenommen zu werden.

A. Überblick über zentrale Regelungsbereiche

I. Anwendungsbereich

Die CSDDD findet Anwendung auf nach dem Recht eines EU-Mitgliedsstaats gegründete Unternehmen und auf nicht in der EU ansässige Unternehmen. Die Schwellenwerte für EU-Unternehmen knüpfen an Beschäftigtenzahl und Jahresnettoumsatz an und liegen bei durchschnittlich mehr als 1.000 Beschäftigten und einem weltweiten Jahresnettoumsatz von mehr als EUR 450 Mio. Für Nicht-EU-Unternehmen kommt es auf den Jahresnettoumsatz an, der EUR 450 Mio. überschreiten muss.

Geringere Schwellen für bestimmte Hochrisikosektoren (z.B. die Herstellung von bzw. der Großhandel mit Textilien, Kleidungsstücken und Schuhen) sieht der Text nicht mehr vor. Verpflichtet sind Unternehmen mit einer im Annex I und II zur Richtlinie 2013/34/EU genannten Rechtsform. Nach deutschem Recht sind dies: AG, KGaA, GmbH, KG und OHG.

II. Chain of Activities und Due Diligence-Pflichten

Ursprünglich knüpfte der Entwurf der CSDDD an die sog. Wertschöpfungskette an, auf die sich die Sorgfaltspflichten der Unternehmen beziehen. Mittlerweile scheint sich der Begriff der Chain of Activities durchgesetzt zu haben. In den Erwägungsgründen wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dies ein eigenständiger Begriff ist und nicht mit den Begriffen der Wertschöpfungskette oder Lieferkette gleichzusetzen ist (vgl. Erwägungsgrund Nr. 18).

Die Chain of Activities umfasst nach Art. 3 Abs. 1 lit. g CSDDD alle Geschäftspartner auf der Zulieferseite (upstream), die in Verbindung zu den vom Unternehmen hergestellten Produkten oder erbrachten Dienstleistungen stehen. Zudem werden grundsätzlich alle Geschäftspartner erfasst, die für das Unternehmen die Produkte transportieren, vertreiben oder lagern (downstream). Für die Dienstleistungen des Unternehmens gibt es eine solche Regelung nicht. Die Entsorgung der Produkte ist von der Chain of Activities ebenfalls nicht umfasst (vgl. Erwägungsgrund Nr. 18).

Geschäftspartner (business partner) ist nach Art. 3 Abs. 1 lit. e CSDDD eine juristische Person (entity), die mit den Geschäftstätigkeiten, Produkten und Dienstleistungen des verpflichteten Unternehmens in Verbindung steht (related). Erfasst sind Vertragspartner (direct business partner), aber auch juristische Personen, zu denen keine vertragliche Beziehung besteht (indirect business partner).

Auf diese Chain of Acivities beziehen sich die Due Diligence-Pflichten, die im Wesentlichen denen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes („LkSG“) ähneln. Vereinfacht gesagt: Unternehmen müssen nun ermitteln, ob menschenrechts- bzw. umweltbezogene Risiken in dieser Kette bestehen und abhängig vom Ergebnis angemessene Präventions- und Abhilfemaßnahmen ergreifen.

III. Maßnahmen zum Klimaschutz

Auch der aktuelle Entwurf der CSDDD greift das im Pariser Klimaabkommen festgelegte 1,5°C Ziel auf. Verpflichtete Unternehmen müssen einen Plan erarbeiten und umsetzen, wie sie bestmöglich (best efforts) im Rahmen ihres Geschäftsmodells und ihrer Unternehmensstrategie dazu beitragen, das Klimaschutzziel zu erreichen (sog. transition plan). Darüber hinaus muss dieser Plan auch Ausführungen zum im Europäischen Klimagesetz geregelten Ziel der Klimaneutralität enthalten. Insbesondere müssen in dem Plan Ziele für das Jahr 2030 definiert werden und sodann in Fünfjahresschritten bis zum Jahr 2050.

IV. Staatliche Sanktionen und zivilrechtliche Haftung

Die CSDDD regelt staatliche Sanktionen, etwa die Verhängung der Geldbuße. Anders als das LkSG enthält der Entwurf aber auch Regelungen zur zivilrechtlichen Haftung von Unternehmen.

Verstöße gegen das nationale Recht, das die CSDDD umsetzt, können unter anderem mit Geldbuße geahndet werden. Diese sind anhand des weltweiten Nettoumsatzes zu berechnen und belaufen sich auf bis zu 5%.

Eine schuldhafte Verletzung der Sorgfaltspflichten und ein daraus entstehender Schaden kann zu einer zivilrechtlichen Haftung der Unternehmen führen. Die Haftung ist ausgeschlossen, wenn ausschließlich Geschäftspartner in der Chain of Activities den Schaden verursacht haben. Die Verjährungsfrist für derartige Ansprüche soll nicht kürzer als fünf Jahre sein.

Bemerkenswert sind schließlich die Regelungen, die die Vorlage von Beweismitteln betreffen. Unter bestimmten Voraussetzungen könnten die nationalen Gerichte die Vorlage von Beweismitteln durch Unternehmen anordnen. Die Möglichkeiten reichen weit über die derzeit in der ZPO vorhandenen Möglichkeiten zur Vorlage von Urkunden hinaus.

B. Inkrafttreten und Übergangsfristen

Sollte das Europäische Parlament dem Kompromiss zustimmen, tritt die CSDDD in mehreren Schritten in Kraft.

So sind Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und mit einem Umsatz von mehr als EUR 1,5 Mrd. drei Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie verpflichtet; Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten und einem Umsatz von mehr als EUR 900 Mio. vier Jahre und alle anderen Unternehmen erst fünf Jahre nach Inkrafttreten der CSDDD verpflichtet.

Zwei Jahre haben die Mitgliedsstaaten Zeit, die CSDDD in nationales Recht umsetzen. Für Deutschland bedeutet dies, dass entweder das LkSG an zahlreichen Stellen angepasst oder ein neues Gesetz erlassen wird.

C. Ausblick

Stimmt das EU-Parlament der CSDDD Ende April zu, wird abzuwarten sein, wie der nationale Gesetzgeber die Richtlinie umsetzt. Unternehmen haben mit der Verabschiedung eine gewisse Planungssicherheit und sollten sich bereits jetzt auf die CSDDD vorbereiten.

Diese Umsetzung könnte auch Anlass dafür sein, ein ganzheitliches Lieferkettenmanagement zu entwickeln. Denn zahlreiche europäische Richtlinien und Verordnungen zielen darauf, Lieferketten transparenter zu machen, Risiken zu erkennen und abzustellen.

Wir werden Sie in den kommenden Wochen über Einzelheiten der CSDDD und weitere lieferkettenbezogene Richtlinien und Verordnungen informieren, wie z.B. die auf der Zielgeraden befindliche Verordnung zum Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten.

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