Reform der EU-Screening-Verordnung: Kommt die EU-weite Investitionskontrolle?
Competition Outlook 2025
Die Europäische Kommission hat am 24.01.2024 einen Vorschlag zur Reform der EU-Screening-Verordnung (Verordnung (EU) 2019/452 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.03.2019 zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union) veröffentlicht, um die Investitionskontrollmechanismen der EU-Mitgliedstaaten durch eine weitergehende Harmonisierung effektiver zu gestalten und Lücken zu schließen.
Die EU-Screening-Verordnung, welche seit Oktober 2020 in Kraft ist, hat bereits gewisse Mindeststandards für die Überprüfung ausländischer Investitionen in EU-Mitgliedstaaten geschaffen und ist Grundlage für den EU-Kooperationsmechanismus. Die Regelungen der EU-Screening-Verordnung sollen nun verschärft werden. Insbesondere die veränderte sicherheitspolitische Lage seit 2020, geprägt durch die Corona-Pandemie und den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, hat gezeigt, dass ein Kontrollmechanismus für Investitionen aus Nicht-EU-Staaten ein wichtiges regulatorisches Element ist.
Geplante Änderungen der EU-Screening-Verordnung
(i) Verpflichtender Überprüfungsmechanismus
Die reformierte EU-Screening-Verordnung soll alle EU-Mitgliedstaaten verpflichten, ein eigenes, nationales Investitionskontrollregime einzuführen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des vierten Jahresberichts der Europäischen Kommission zur Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen im Oktober 2024 hatten nur noch drei EU-Mitgliedstaaten (nämlich Griechenland, Kroatien und Zypern) kein eigenes Investitionskontrollregime; für diese würde die Einführung nun verpflichtend.
(ii) Erweiterung der EU-Screening-Verordnung auf indirekte ausländische Investitionen
Die EU-Screening-Verordnung findet aktuell nur Anwendung auf Investitionen, bei denen der unmittelbare Erwerber seinen Sitz außerhalb der EU hat; Erwerbe durch EU-Gesellschaften mit einer nicht in der EU ansässigen Muttergesellschaft sind nicht erfasst. Dies will der Reformvorschlag der Europäischen Kommission ändern, um diese Lücke im Anwendungsbereich zu schließen.
(iii) Verbesserung des Verfahrens für den Kooperationsmechanismus
Der bestehende EU-Kooperationsmechanismus soll effektiver gestaltet werden, unter anderem durch Einführung eines einheitlichen Vollzugsverbots. Ziel ist es, dass über den EU-Kooperationsmechanismus zukünftig sicherheitskritische Investitionen besser erkannt werden.
(iv) Harmonisierung der kritischen Sektoren
Da aktuell teilweise noch erhebliche Unterschiede zwischen den bestehenden Investitionskontrollmechanismen der EU-Mitgliedstaaten im Hinblick auf deren sektoralen Anwendungsbereich bestehen, soll ein einheitlicher Mindeststandard an kritischen Sektoren geschaffen werden. Investitionen in den kritischen Sektoren müssen stets geprüft werden und unterliegen einer Meldepflicht.
Auswirkungen auf die deutsche Investitionskontrolle
Wenn die Vorschläge der Europäischen Kommission umgesetzt werden, dürfte sich der größte Änderungsbedarf für die deutsche Investitionskontrolle bei den kritischen Sektoren ergeben (§ 55a AWV). Die von der Reform geplanten zwingend zu prüfenden Sektoren werden detailliert in Annex I und II des Reformvorschlags dargelegt und gehen zum Teil über die Meldepflichten in der deutschen Investitionsprüfung hinaus. So würde der Reformvorschlag zusätzliche Meldepflichten im Hinblick auf Projekte von Unionsinteresse sowie durch den umfassenden Verweis auf Güter der Dual-Use-Verordnung, das Internet der Dinge, Virtual Reality und Biotechnologien statuieren. Weiterer Anpassungsbedarf dürfte sich aus der geplanten Standardisierung bestimmter Definitionen und Sektorgrenzen ergeben.
Was indirekte Erwerbe ausländischer Investoren angeht, so geht das deutsche Investitionskontrollregime bereits jetzt über den Reformvorschlag hinaus. Die deutsche Investitionsprüfung erfasst bereits aktuell indirekte Beteiligungen ausländischer Investoren ab den relevanten Prüfeintrittsschwellen (d. h. je nach Sektor ab 10 %), während die geplante Reform einen Kontrollerwerb durch einen nicht in der EU ansässigen Erwerber voraussetzt.
Dieser Artikel ist Teil des Competition Outlook 2025. Alle Artikel des Competition Outlooks finden Sie hier.