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EU-Fusions­kontrolle in der „von-der-Leyen-Kommission 2.0“

Competition Outlook 2025

29.01.2025

Die EU-Fusionskontrolle wird künftig sowohl von der digitalen Transformation als auch von den Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der EU geprägt sein. Eine entscheidende Rolle wird hierbei die neue Wettbewerbskommissarin spielen. Die spanische Politikerin Teresa Ribera war zuletzt Ministerin für ökologischen Wandel und demografische Herausforderung. Als Exekutiv-Vizepräsidentin für Sauberen, Fairen und Wettbewerbsfähigen Wandel wird sie ihre umwelt- und klimapolitischen Konzepte mit dem überragenden Ziel der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit in Einklang bringen müssen.

Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der EU – wie werden die Empfehlungen des Draghi-Reports umgesetzt?

Der viel diskutierte Draghi-Report von September 2024 (vgl. dazu Noerr Insights) enthält unter anderem die Empfehlung, zukünftigen Wettbewerb und Innovationspotenziale bei den Auswirkungen geplanter Zusammenschlüsse stärker zu berücksichtigen. Damit soll auch der wachsenden Marktmacht globaler Tech-Giganten begegnet werden. Ebenso sollte den Aspekten Sicherheit und Resilienz größere Bedeutung verliehen werden. Ein neues Kontrollregime („New Competition Tool“) könnte Ex-post-Prüfungen auch von Zusammenschlüssen ermöglichen.

In ihrer Anhörung vor dem Europäischen Parlament kündigte die neue Wettbewerbskommissarin Teresa Ribera eine Modernisierung des Wettbewerbsrechts an. Die Einführung eines New Competition Tools steht wohl noch nicht direkt auf der Agenda, wohl aber eine Überarbeitung der Leitlinien für die Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse, um den Entwicklungen bei Globalisierung, Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Innovation und Resilienz Rechnung zu tragen.

„Acqui-hire“ und künstliche Intelligenz stehen weiterhin im Fokus

Klassische Übernahmen, aber auch Partnerschaften und sogenannte „Acqui-hire“ im Bereich der künstlichen Intelligenz werden ein Fokus der Europäischen Kommission bleiben. Acqui-Hire bezeichnet die Einstellung von Schlüsselmitarbeitern, damit sie im neuen Unternehmen z. B. innovative Technologien weiterentwickeln. Ein prominenter Fall betraf die Einstellung zweier Gründer des KI-Entwicklers Inflection durch Microsoft (Microsoft/Inflection), den sieben EU-Mitgliedstaaten an die Europäische Kommission verwiesen hatten. Die Europäische Kommission gelangte zur Auffassung, dass die bloße Einstellung von Personen der europäischen Fusionskontrolle unterfallen kann. Allerdings mussten die EU-Mitgliedstaaten die Verweisungsanträge nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Illumina/GRAIL (Urteil v. 03.09.2024, C-611/22 P) zurücknehmen. Hier entschied der Gerichtshof, dass die Europäische Kommission keine Transaktionen prüfen darf, die weder nach der EU-Fusionskontrollverordnung noch dem Recht der EU-Mitgliedstaaten anmeldepflichtig sind (vgl. dazu Noerr Insights).

Teresa Ribera betonte, dass sogenannte „Killer-Acquisitions“ von innovativen Unternehmen mit geringem oder gar keinem Umsatz der EU-Fusionskontrolle nicht entgehen dürfen. Offen bleibt derzeit, ob bestehende Möglichkeiten, z. B. durch Ex-officio-Aufgreifmöglichkeiten nationaler Behörden, genutzt oder mittels einer novellierten EU-Fusionskontrollverordnung neue Möglichkeiten geschaffen werden sollen.

Dieser Artikel ist Teil des Competition Outlook 2025. Alle Artikel des Competition Outlooks finden Sie hier.