BFH zur Abzugsfähigkeit von Zinsen bei Beteiligungen von Kapitalgesellschaften im Privatvermögen
Wird eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft im Privatvermögen gehalten, unterliegen die Dividenden grundsätzlich im vollem Umfang dem Abgeltungssteuersatz von 25%. Als Nachteil sind die Werbungskosten im Zusammenhang mit der Beteiligung nicht abzugsfähig. Hiervon betroffen sind auch Zinsaufwendungen von Darlehen, die zur Finanzierung des Erwerbs der Beteiligung oder von Kapitaleinzahlungen aufgenommen wurden. Dies führt zu Nachteilen für Gesellschafter, die ihre Beteiligung fremdfinanziert haben.
Aus diesem Grund sieht das Gesetz eine Wahlmöglichkeit für Steuerpflichtige vor, die Dividenden unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens zu 60% und mit dem normalen Einkommensteuertarif zu besteuern. Dies hat den Vorteil, dass auch Zinsaufwendungen - wenn auch nur zu 60% - steuermindernd abzugsfähig sind. Um in den Genuss der Wahlmöglichkeit zu kommen, muss der Gesellschafter allerdings zu mindestens 25% an der Kapitalgesellschaft beteiligt sein. Auch eine Mindestbeteiligung von 1% an der Kapitalgesellschaft kann die Option zur Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren eröffnen, wenn der Gesellschafter „durch eine berufliche Tätigkeit für diese maßgeblichen unternehmerischen Einfluss auf deren wirtschaftliche Tätigkeit nehmen kann“. Für Veranlagungszeiträume bis 2016 reichte es noch aus, dass der Gesellschafter „beruflich für diese tätig ist“.
In einem aktuellen Urteil des BFH vom 27.3.2018 (VIII R 1/15) ging es um die Auslegung der beruflichen Tätigkeit bei der Optionsvariante der Mindestbeteiligung von 1%. Nach Ansicht des BFH setzt die erforderliche berufliche Tätigkeit "für" eine Kapitalgesellschaft nicht voraus, dass der Gesellschafter unmittelbar für diejenige Kapitalgesellschaft tätig wird, für deren Kapitalerträge er den Antrag stellt. Dies gilt nach Ansicht des BFH nur für die bis Ende des Veranlagungszeitraums 2016 geltende Gesetzesfassung der Wahlmöglichkeit in § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. b EStG.
Die Besonderheit im Streitfall war, dass der Gesellschafter B, der zu 5,75% an einer M-GmbH beteiligt war, nicht Geschäftsführer der M-GmbH war, sondern Geschäftsführer der T-GmbH, einer Tochtergesellschaft der M-GmbH. Damit war er nicht unmittelbar beruflich für die M-GmbH und damit der Gesellschaft tätig, an der seine Beteiligung bestand. Fraglich war somit, ob auch eine berufliche Tätigkeit an einer Tochter-Gesellschaft ausreicht, um eine berufliche Tätigkeit „für“ die Gesellschaft zu erreichen, an der er beteiligt ist und für deren Dividenden er die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens begehrt. Im Streitfall kam ferner hinzu, dass zwischen der M-GmbH (Organträger) und der T-GmbH (Organgesellschaft) eine ertragsteuerliche Organschaft bestand.
Mittelbare Tätigkeit allein reicht noch nicht aus
Eine mittelbare Tätigkeit für eine Tochtergesellschaft (hier T-GmbH) reicht nach Ansicht des BFH noch nicht aus, um den Anforderungen an eine Tätigkeit (auch) "für" die Gesellschaft zu genügen, für die der Antrag zur Anwendung des Teileinkünfteverfahrens gestellt wurde (hier M-GmbH). Zwar enthalte der Gesetzeswortlaut das Wort „mittelbar“. Doch dies habe nur für die Ermittlung der Höhe der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft Bedeutung, wonach unmittelbare und mittelbare Beteiligungen für die Ermittlung der Beteiligungsgrenzen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a und b EStG zusammenzurechnen sind.
Mittelbare Tätigkeit in Organschaftsfällen
Allerdings kann nach Auffassung des BFH eine Tätigkeit "für" eine Kapitalgesellschaft vorliegen, wenn sich diese auf Ebene einer Tochtergesellschaft entfaltet und diese Tätigkeit aufgrund besonderer Umstände in einem engen Zusammenhang zur Beteiligung an der Muttergesellschaft steht.
Diese bejahte der BFH im Streitfall, weil die Tätigkeit des Gesellschafters B auf Ebene der T-GmbH im besonderen wirtschaftlichen Interesse der Organträgerin (M-GmbH) lag. Da die M-GmbH als reine Holding tätig war und Einkünfte nur aus den Gewinnabführungen oder Ausschüttungen ihrer operativ tätigen Tochtergesellschaft erzielte, wirke sich die Tätigkeit des Gesellschafters B bei der T-GmbH direkt auf das Ergebnis der M-GmbH aus.
Zudem läge hier auch eine "unternehmerische" Beteiligung vor, die der Gesetzgeber laut Gesetzesbegründung in den Anwendungsbereich der Option bringen wollte. Der Gesellschafter war im Streitfall neben Finanzinvestoren als sog. "Management Investor" an der M-GmbH zu mehr als 1 % beteiligt und hat die M-GmbH mit Einzahlungen in die Kapitalrücklage ausgestattet, damit diese Beteiligungen an den operativ tätigen Gesellschaften der Unternehmensgruppe erwerben konnte. Der Umstand, dass er zugleich als Geschäftsführer der operativen Organgesellschaft T-GmbH für deren Ergebnis und für das Ergebnis der Unternehmensgruppe mitverantwortlich war, grenze die Beteiligung des Klägers an der M-GmbH von einer zum Zweck der Vermögensanlage erworbenen Beteiligung ab.
Antragsrecht auch ohne Dividendenerträge
Zudem stellte der BFH noch fest, dass das Antragsrecht gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG dem Gesellschafter auch zusteht, wenn noch keine Dividendenerträge aus der Beteiligung an der M-GmbH erzielt wurden. Als Bestätigung der Verwaltungsauffassung genüge die abstrakte Möglichkeit, Kapitalerträge aus der jeweiligen Beteiligung erzielen zu können, um die tatsächlich entstandenen Werbungskosten zu 60 % im Rahmen der Veranlagung abzuziehen (ebenso BMF-Schreiben vom 18.3.2016, Rz. 143).
Zinsaufwand aus Darlehen für Kapitaleinzahlungen sind Werbungskosten
Schließlich bejahte der BFH, dass auch der Zinsaufwand aus Darlehen, die zur Finanzierung von Einzahlungen in die Kapitalrücklage verwendet wurden, ebenso Werbungskosten darstellen, wie Finanzierungskosten zur Anschaffung von GmbH-Anteilen.
Hinweise für Veranlagungszeiträume ab 2017
Dieses Urteil des BFH bezieht sich ausdrücklich nur auf die Gesetzesfassung bis zum Veranlagungszeitraum 2016. Der BFH selbst stellt klar, dass der im Streitfall zu beurteilende Gesetzeswortlaut hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit des Anteilseigners weder Anforderungen qualitativer noch quantitativer Art enthielt. Es sei danach nicht erforderlich, dass der Gesellschafter durch seine berufliche Tätigkeit einen maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung derjenigen Kapitalgesellschaft ausüben kann, von der er die Kapitalerträge bezieht.
Fraglich ist, ob diese Rechtsprechung auch auf die aktuelle Gesetzesfassung anzuwenden ist. Insoweit besteht hier eine erhebliche Unsicherheit, ob der BFH heute in gleich gelagerten Fällen ähnlich entscheiden würde. Will man dieser Thematik aus dem Weg gehen, könnte überlegt werden, die Geschäftsführung der Gesellschaft zu übernehmen, an der die Beteiligung unmittelbar besteht. Alternativ könnte auch in Betracht gezogen werden, die Beteiligung in einer gewerblichen Einheit zu halten. In diesen Fällen käme ohnehin nur das Teileinkünfteverfahren zur Anwendung und die Finanzierungsaufwendungen könnten zu 60% abgezogen werden.
Bestens
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