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Beurkundung des Unternehmenskaufvertrags

09.05.2023

Bei jeder strategischen M&A oder Private Equity Transaktion mit einer deutschen Gesellschaft als Target stellt sich den Parteien im Vorfeld des Signings die Frage, ob der Unternehmenskaufvertrag von einer deutschen Notarin bzw. einem deutschen Notar beurkundet werden muss. Insbesondere für ausländische Stakeholder ist die Beurkundungspflicht und die besondere Funktion des Notars eine Besonderheit des deutschen Rechts mit Implikationen für den Ablauf des Signings sowie für die Kosten der Transaktion.

A. Beurkundungspflicht von Transaktionen

Die Beurkundungsnotwendigkeit kann unabhängig von der Frage gegeben sein, ob die Zielgesellschaft via Share Deal oder Asset Deal erworben werden soll.

  • Bei einem Share Deal besteht Beurkundungspflicht, wenn eine deutsche GmbH oder UG die Zielgesellschaft ist. Die schuldrechtliche Verpflichtung (§ 15 Abs. 4 GmbHG) und die dingliche Abtretung (§ 15 Abs. 3 GmbHG) von Geschäftsanteilen an einer GmbH bedürfen eines in notarieller Form geschlossenen Vertrages. Hintergrund ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Handel mit GmbH-Geschäftsanteilen erschwert und daneben der Nachweis von Anteilsübertragungen erleichtert werden soll.
  • Bei einem Asset Deal ist eine Beurkundungsnotwendigkeit gegeben, wenn eine in Deutschland gelegene Immobilie Grundeigentum als Teil der Transaktion übertragen werden soll. Darüber hinaus ist umstritten, ob der Asset Deal generell infolge § 311b Abs. 3 BGB einer Beurkundungspflicht unterliegt. Die Relevanz dieser juristischen Diskussion folgt aus der fehlenden Heilungsmöglichkeit eines Verstoßes gegen § 311b BGB. Die generelle Beurkundung beim Asset Deal ist jedoch nach überzeugender Ansicht nicht erforderlich, wenn die übertragenden Vermögensgegenstände ausdrücklich und abschließend im Kaufvertrag aufgeführt werden. Ein besonderes Augenmerk ist hierbei auf die Verwendung der im Kontext von Asset Deals nicht unüblichen Catch-All-Klauseln zu legen, deren Notwendigkeit im Einzelfall die Einschaltung eines Notars gebieten können.

Der Verkauf und die Abtretung von Aktien an einer deutschen AG ist hingegen ohne notarielle Beurkundung möglich, ebenso wie die Übertragung von Beteiligungen an einer KG, OHG oder GbR.

B. Beurkundung vor Ort

Obwohl mit der Digitalisierungsrichtlinie seit dem 1. August 2022 ein erster Schritt in Richtung von virtuellen Notarterminen erfolgt ist, muss ein beurkundungspflichtiger Unternehmenskauf weiterhin im Inland von einem deutschen Notar den anwesenden (vertretungsberechtigten) Parteien bzw. Parteivertretern verlesen werden. Es muss somit zumindest ein Vertreter jeder Vertragspartei physisch an einem Ort vor dem Notar zusammenkommen, für das formalisierte Beurkundungsverfahren zu durchlaufen. Eine Nachgenehmigung durch eine zwar vor dem Notar anwesende, aber nicht ordnungsgemäß vertretene Partei ist möglich, erhöht jedoch die Unsicherheit der anderen Partei mit Blick auf die Transaktionssicherheit und bildet folglich die Ausnahme.

Die Vollmacht eines Vertreters für den Abschluss des Unternehmenskaufvertrags bedarf hingegen keiner notariellen Form, wenngleich in der Praxis die Parteien vorsorglich eine beglaubigte Unterschrift unter der Vollmacht erwarten werden.

C. Aufgaben des Notars

Die Beurkundung des Kaufvertrags durch den Notar begrenzt nicht nur die Wahlfreiheit der Parteien hinsichtlich dem Ablauf des Signings, es erhöht auch im Vorfeld des Signings den Abstimmungsaufwand. Mit dem Notar wird die Transaktion um einen Beteiligten erweitert, dessen rechtliche Bewertung der Verträge und Anlagen und generell dessen Verfügbarkeit einzuplanen sind.

Der Notar muss sicherstellen, dass der Vertrag den gesetzlichen Anforderungen entspricht. In dem Kontakt ist der Notar verpflichtet, die Beteiligten und die für sie auftretenden Personen festzustellen. Konkret ist

  • der Nachweis der Existenz und Rechtsfähigkeit jeder Vertragspartei, sowie
  • die Vertretungsbefugnis jeder auftretenden Person zu überprüfen.

Im Falle deutscher Gesellschaften als Vertragsparteien lassen sich diese Fragen durch das Handelsregister unkompliziert lösen. Bei ausländischen Gesellschaften als Vertragsparteien ist – abhängig von der Jurisdiktion – mit größerem Zeit- bzw. Mehraufwand zu planen.

Ferner ist der Notar im Vorfeld als Verpflichteter nach dem Geldwäschegesetz gezwungen, die wirtschaftlich Berechtigten hinter den Vertragsparteien zu überprüfen.

D. Kostentragung

Die Übernahme der Notarkosten durch den Käufer kann als gängige Marktpraxis angesehen werden. Dieser Punkt muss bei der Planung der Transaktionskosten zwingend berücksichtigen werden.

Die Notargebühren ermitteln sich formalistisch nach dem Gegenstandswert und können beispielsweise hier (Link auf Gebührenrechner | Notar.de) überschlagen werden. Dabei gilt der allgemeine Höchstbetrag für den Gegenstandswert im Beurkundungsverfahren von EUR 60.000.000,00. Ab dieser Summe fallen, ausgehend von der typischen 2,0-Gebühr für einen GmbH-Kaufvertrag, Notargebühren von EUR 53.170,00 (ggf. zzgl. Umsatzsteuer) an. Dieser Betrag erhöht sich in aller Regel noch etwas durch weitere Nebengebühren.

Bei den Zusatzgebühren sind zwei Konstellationen im Rahmen von Unternehmenskaufverträgen stets zu beachten, sofern nicht der Höchstwert beim Geschäftswert erreicht ist:

  • Die Durchführung des Beurkundungsverfahrens in einer Fremdsprache führt zu einer Erhöhung des Geschäftswerts um 30 %.
  • Die Vereinbarung einer nicht nur deklaratorischen Rechtswahlklausel führt ebenfalls zu einer Erhöhung des Geschäftswerts um 30 %.

E. Vollständigkeit der Urkunde - Konsequenzen für typische Nebenabreden

Die notarielle Urkunde muss alle relevanten Abreden im Zusammenhang mit der Transaktion enthalten, die zwischen den Vertragsparteien getroffen wurden. Im Unternehmenskauf finden sich neben der Bezeichnung des Kaufgegenstands und der Festlegung des Kaufpreises naturgemäß eine Vielzahl von weiteren Abreden, etwa Garantien betreffend das verkaufte Unternehmen oder Verhaltenspflichten der Parteien bis Vollzug.

Zu beurkunden sind sämtliche Nebenabreden zwischen den Vertragsparteien im Kontext der Transaktion, welche nach dem Willen der Parteien für den Kaufvertrag wesentlich oder mit ihm untrennbar als Teil einer Gesamtvereinbarung verbunden sind („stehen und fallen“).

Typische Diskussionsfelder im Kontakt des Unternehmenskaufs sind:

  • Finanzierungszusagen oder Equity Commitment Letter von Dritten, mit denen die Erwerbsgesellschaft die Zahlung des Kaufpreises gegenüber dem Verkäufer absichert, sind nach überzeugender Ansicht nicht zu beurkunden, da der Verkäufer nicht die Wirksamkeit des Unternehmenskaufvertrags von der Finanzierung des Kaufpreises als Teil der Risikosphäre des Käufers abhängig machen wird.
  • Die W&I-Insurance zur Absicherung der Gewährleistungs- und Freistellungsansprüche des Käufers aus dem Unternehmenskaufvertrag ist in aller Regel ebenfalls nicht beurkundungsbedürftig. Der Verkäufer hat zumeist kein Interesse daran, dass die Unwirksamkeit der vom Käufer verhandelten und abgeschlossenen W&I-Versicherung auf die Wirksamkeit des Unternehmenskaufvertrags durchschlägt, so dass es typischerweise an einem vom Verkäufer gebilligten Einheitlichkeitswillen fehlt.