Änderungen bei der Inhaberkontrolle
Mehr Klarheit bei Erwerbsvorgängen innerhalb eines Konzerns, zusätzliche Erleichterungen und Anpassungen, aber zugleich detailliertere Anforderungen für Private Equity-Fonds, Hedgefonds, Staatsfonds und Erwerber aus Nicht-EU/EWR-Staaten
Interessierte Erwerber von deutschen Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Versicherungsunternehmen haben seit kurzem die Inhaberkontrolle nach den geänderten Vorschriften der Inhaberkontrollverordnung zu durchlaufen. Neue Regelungen stellen klar, dass auch konzerninterne Umstrukturierungen der Anzeigepflicht unterliegen können. Zu den wichtigsten Änderungen gehören Erleichterungen für indirekte konzerninterne Erwerbsvorgänge mit Blick auf die einzureichenden Informationen und Unterlagen. Zugleich wurden auch neue detaillierte Anforderungen für Private Equity-Fonds, Hedgefonds, Staatsfonds und Erwerber aus Nicht-EU/EWR-Staaten festgelegt. Die Änderungen der Inhaberkontrollverordnung setzen die Gemeinsamen Leitlinien zur aufsichtsrechtlichen Beurteilung des Erwerbs und der Erhöhung von qualifizierten Beteiligungen im Finanzsektor (JC/GL/2016/01) der Europäischen Aufsichtsbehörden (European Supervisory Authorities – ESAs) um und führen zu einer gewissen Angleichung, aber nicht zu einer vollständigen Konsistenz zu den Anforderungen der Inhaberkontrolle, die aufgrund der unmittelbar geltenden Delegierten Verordnung (EU) 2017/1946 für den Erwerb einer bedeutenden Beteiligung an einem Wertpapierinstitut gelten. Die neue Inhaberkontrollverordnung ist seit dem 28. Dezember 2022 anwendbar.
Neue Regelungen und Erleichterungen für konzerninterne Erwerbsvorgänge
Die geänderte Inhaberkontrollverordnung bringt mehr Klarheit für die Behandlung konzerninterner Erwerbsvorgänge. Die neuen Regelungen stellen klar, dass interessierte Erwerber der Pflicht unterliegen, der BaFin und der Deutschen Bundesbank die Absicht des Erwerbs einer bedeutenden Beteiligung, d.h. das direkte oder indirekte Halten von mindestens 10% des Kapitals oder der Stimmrechte eines Unternehmens oder eine andere Möglichkeit der Wahrnehmung eines maßgeblichen Einflusses auf die Geschäftsführung dieses Unternehmens (bedeutende Beteiligung), anzuzeigen. Dies gilt selbst dann, wenn der Erwerbsvorgang aus einer bloßen konzerninternen Umstrukturierung zwischen Unternehmen resultiert, die bereits eine bedeutende Beteiligung am Zielunternehmen halten. Konzerninterne Erwerbsvorgänge können allerdings von erheblichen Erleichterungen profitieren, insbesondere wenn die bei den deutschen Aufsichtsbehörden – der BaFin und der Deutschen Bundesbank – eingereichten Informationen und Unterlagen immer noch aktuell sind. Die neuen bzw. geänderten Erleichterungen umfassen u.a.:
- Eine allgemeine Erleichterung, die für alle interessierten Erwerber (d.h. nicht nur Konzerngesellschaften) relevant sein kann und die solche Erwerber von einer erneuten Einreichung von Informationen und Unterlagen bei den Aufsichtsbehörden befreit, wenn solche unveränderten Informationen und Unterlagen bereits mit einer früheren Anzeige im Rahmen eines Inhaberkontrollverfahrens eingereicht wurden. Mit der Novellierung wird die Standardfrist für diese Erleichterung von einem auf zwei Jahre ab der letzten Anzeige verlängert, wobei die BaFin die Standardfrist nach wie vor im Einzelfall verlängern kann (vgl. § 16 Abs. 1 S. 1 InhKontrollV),
- Eine neue Erleichterung, die interessierte Erwerber, deren bestehende Beteiligung von einer indirekten zu einer direkten bedeutenden Beteiligung an demselben Zielunternehmen wird, von einer erneuten Einreichung von Informationen und Unterlagen befreit, wenn solche Informationen und Unterlagen bereits in einem früheren Inhaberkontrollverfahren bei den Aufsichtsbehörden eingereicht wurden und sich nicht geändert haben – ohne jegliche zeitliche Begrenzung (vgl. § 16 Abs. 1 neuer S. 3 InhKontrollV),
- Eine Erleichterung für alle konzerninternen Erwerbsvorgänge und damit auch für andere als die vorstehend genannten Konstellationen (z.B. Umwandlung einer direkten in eine indirekte bedeutende Beteiligung oder konzerninterne Umstrukturierungen innerhalb der zwischengeschalteten Gesellschaften) mit der Maßgabe, dass im neuen Inhaberkontrollverfahren – ohne jegliche zeitliche Begrenzung – nur noch die Informationen und Unterlagen eingereicht werden müssen, soweit sie Angaben zu Personen und Unternehmen sowie der Gruppenstruktur enthalten, die nicht aus früheren Anzeigen in vorherigen Inhaberkontrollverfahren bekannt sind oder soweit frühere Angaben nicht mehr zutreffen (vgl. den abgeänderten § 16 Abs. 10 S. 3 InhKontrollV),
- Eine Erleichterung, wonach die BaFin auf Unterlagen und Erklärungen bei den Anzeigepflichtigen, die konzernangehörig sind, ganz oder teilweise verzichten kann, soweit sie am Zielunternehmen nur indirekt beteiligt werden und nicht an der Spitze des Konzerns stehen (vgl. § 16 Abs. 10 S. 1 InhKontrollV),
- Eine neue Erleichterung, wonach interessierte Erwerber, die konzernangehörig sind, am Zielunternehmen nur indirekt beteiligt werden sollen und nicht an der Spitze des Konzerns stehen – unabhängig vom Grad ihrer Beteiligung – keinen vollständigen Geschäftsplan für das Zielunternehmen, sondern nur ein sog. Strategiedokument einzureichen haben, d.h. selbst dann, wenn solche Konzernunternehmen Kontrolle über das Zielunternehmen erlangen sollen (vgl. § 16 Abs. 10 S. 2 InhKontrollV),
- Die bisherigen Erleichterungen für die Erwerbsvorgänge von bedeutenden Beteiligungen an Zielunternehmen, die Betreiber von Factoring oder Finanzierungsleasing sind (und kein Bankgeschäft bzw. keine weitere Finanzdienstleistung erbringen), wurden ebenfalls abgeändert, so dass interessierte Erwerber, die konzernangehörig sind, nicht an der Spitze des Konzerns stehen und nur eine indirekte bedeutende Beteiligung am Zielunternehmen erwerben sollen, von der Pflicht zur Einreichung von Informationen und Unterlagen befreit werden, soweit es sich um einen Erwerbsvorgang innerhalb eines Konzerns handelt (vgl. § 16 Abs. 12 InhKontrollV).
Detailliertere Anforderungen für Private Equity-Fonds, Hedgefonds, Staatsfonds und Erwerber aus Nicht-EU/EWR-Staaten
Die abgeänderte Inhaberkontrollverordnung hat neue Anforderungen für Private Equity, Hedgefonds, Staatsfonds und Erwerber aus Nicht-EU/EWR-Staaten eingeführt (vgl. den neuen § 8a InhKontrollV).
Die neuen Anforderungen für Private-Equity-Fonds und Hedgefonds umfassen die Einreichung folgender zusätzlicher Informationen:
- Eine detaillierte Beschreibung der Wertentwicklung bedeutender Beteiligungen an Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten, Versicherungsunternehmen oder Pensionsfonds, die der Anzeigepflichtige früher erworben hat,
- Einzelheiten zur Anlagepolitik und zu sämtlichen Anlagebeschränkungen einschließlich Einzelheiten zur Überwachung der Investitionen,
- Faktoren, die dem interessierten Erwerber als Grundlage für die Anlageentscheidung in Bezug auf das Zielunternehmen dienen, und Faktoren, die zur Änderung seiner Erfolgsstrategie führen würden,
- Seine Entscheidungsstrukturen einschließlich der Namen und Funktionsbezeichnungen der Personen, die die Anlageentscheidungen treffen, und
- Eine detaillierte Beschreibung seiner Verfahren zur Bekämpfung von Geldwäsche einschließlich des hierfür geltenden rechtlichen Rahmens.
Ist der interessierte Erwerber ein Staatsfonds, so sind der Anzeige zusätzlich folgende Unterlagen und Erklärungen beizufügen:
- Angaben mit der genauen Bezeichnung des Ministeriums oder der Regierungsabteilung, die für die Festlegung der Anlagepolitik des Fonds zuständig ist,
- Einzelheiten zur Anlagepolitik und zu sämtlichen Anlagebeschränkungen,
- der Name und die Funktionsbezeichnung der Personen, die die Anlageentscheidungen für den Fonds treffen, und
- Einzelheiten zu dem Einfluss, den das Ministerium oder die Regierungsabteilung auf das Tagesgeschäft des Fonds und das Zielunternehmen ausübt.
Interessierte Erwerber, die Unternehmen aus Nicht-EU/EWR-Staaten sind, haben folgende Informationen und Unterlagen zusätzlich einzureichen:
- Eine von öffentlichen Stellen des Drittstaats ausgegebene Unbedenklichkeitsbescheinigung oder, sofern der Drittstaat keine Unbedenklichkeitsbescheinigungen ausstellt, eine gleichwertige Bescheinigung, die von der Finanzaufsichtsbehörde des Drittstaats in Bezug auf den Anzeigepflichtigen ausgestellt wurde,
- Wenn verfügbar, eine Erklärung der Finanzaufsichtsbehörde des Drittstaats, dass keine Hindernisse oder Beschränkungen hinsichtlich der Bereitstellung der für die Beaufsichtigung des Zielunternehmens erforderlichen Informationen vorliegen, und
- Eine Zusammenfassung der für den Anzeigepflichtigen geltenden aufsichtsrechtlichen Vorschriften des Drittstaats.
Weitere wesentliche Änderungen
Die abgeänderte Inhaberkontrollverordnung enthält zudem eine Reihe von weiteren Änderungen sowie neue Anzeigeformulare und Formulare der Zuverlässigkeitserklärung. Zu den wichtigsten Änderungen gehören:
- Die abgeänderte Fassung legt fest, dass einer Person, die einen Anteilsinhaber, der mindestens 10 % des Kapitals des Zielunternehmens hält, direkt oder indirekt kontrolliert, die Kapitalanteile dieses Anteilsinhabers in voller Höhe zuzurechnen sind (vgl. § 5 Abs. 1 neuer S. 2 InhKontrollV). Diese Regelung ist relevant für die Bestimmung des Kreises der anzeigepflichtigen interessierten Erwerber und kann von besonderer Bedeutung für Private-Equity-Strukturen und deren General Partner sein. Sie stimmt mit dem bisher von den Europäischen Aufsichtsbehörden und der Europäischen Zentralbank vertretenen Ansatz überein, wonach das Multiplikationskriterium (das i.d.R. für die Berechnung der indirekten bedeutenden Beteiligungen mit Blick auf das Kapital angewandt wird) mit dem Kontrollkriterium kombiniert anzuwenden sind,
- Für Personen, die zum Vorstand bzw. als Geschäftsleiter des Zielunternehmens bestellt werden sollen, sind nun mehr granulare Angaben erforderlich; neue Formulare sind zum Zweck der Beurteilung der Eignung zu verwenden, die neben der Zuverlässigkeit auch die Angaben zu weiteren Mandaten und zeitlicher Verfügbarkeit enthalten. Bei Zielunternehmen, die CRR-Kreditinstitute sind, sind Fragebögen zur Beurteilung der fachlichen Qualifikation, persönlichen Zuverlässigkeit und ausreichenden zeitlichen Verfügbarkeit auszufüllen und beizufügen. Die revidierten Vorgaben orientieren sich insoweit an den Anforderungen, die für die Gremienbestellung im täglichen Geschäftsverlauf, also außerhalb des Inhaberkontrollwechsel-Szenarios, gelten,
- Die Angaben zu den interessierten Erwerbern und ihren Geschäftsleitern enthalten nun einige formale Erleichterungen, z.B. eine ausdrückliche Bestimmung, die zusammengefasste Angaben für geleitete und kontrollierte Unternehmen zulässt, mit der Möglichkeit, eine Liste solcher Unternehmen und die entsprechenden Informationen anstelle separater Formulare für jede einzelne kontrollierte bzw. geleitete Gesellschaft einzureichen; außerdem ist nun ausdrücklich festgelegt, dass sich die Angaben zu kontrollierten und geleiteten Unternehmen auf Unternehmen beziehen, die in den letzten zehn Jahren vom interessierten Erwerber kontrolliert bzw. geleitet worden sind,
- Eine Regelung, wonach mit der BaFin im Einzelfall das Vorgehen abgestimmt werden kann, wenn dem Anzeigepflichtigen bestimmte Angaben aus zwingenden rechtlichen Gründen nicht möglich sind,
- Interessierte Erwerber, die keine natürlichen Personen sind, haben der Anzeige eine Analyse des Umfangs der Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis beizufügen, einschließlich der Angaben dazu, welche Unternehmen der Gruppe nach dem beabsichtigten Erwerb in den Anwendungsbereich der Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis fallen würden oder fallen und auf welchen Ebenen innerhalb der Gruppe diese Beaufsichtigung auf konsolidierter oder auf unterkonsolidierter Basis erfolgen würde oder erfolgt. Ebenso ist der Anzeige eine Analyse beizufügen, ob sich der Erwerb oder die Erhöhung auf die Fähigkeiten des Zielunternehmens auswirken würde oder auswirkt, der Aufsichtsbehörde weiterhin rechtzeitige und genaue Informationen bereitzustellen.
Fazit
Mit der geänderten Inhaberkontrollverordnung wird der Erwerb einer bedeutenden Beteiligung an regulierten Unternehmen einerseits für bestimmte Investoren komplexer, andererseits für bestimmte Sachverhalte wegen der Ausweitung von Privilegierungen auch etwas einfacher. Grundsätzlich ist jedoch festzustellen, dass der Erwerb einer bedeutenden Beteiligung an einem Finanzinstitut jedenfalls eine administrative Herausforderung ist. Das beginnt bereits beim richtigen Einstieg, da nur schwer zu erklären ist, warum für Kreditinstitute nicht dieselben Anforderungen wie für Wertpapierinstitute gelten sollen.