Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht
Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (BT-Drs. 19/18110) wurde am 25. März 2020 vom Bundestag verabschiedet. Der Abstimmung im Bundestag lagen eine Beschlussempfehlung (BT-Drs. 19/18129) und ein Bericht (BT-Drs. 19/18158) des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz zugrunde. Der Bundesrat hat das Gesetz am 27. März 2020 gebilligt. Ziel des Gesetzes ist eine weitere Abmilderung der negativen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf Unternehmen und Privatpersonen. Das Gesetz sieht zeitlich befristete Anpassungen gesetzlicher Vorgaben im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vor, um Härtefälle zu vermeiden, die sich andernfalls aufgrund der Covid-19-Pandemie ergeben würden.
Die Regelungen treten flankierend neben bereits von Bund und Ländern angestoßene Maßnahmen im Finanzierungsbereich, Arbeitsrecht und Steuerrecht.
Eine ausführliche Darstellung inkl. des Gesetzestexts zu dem "Gesetz zur Abmilderungen der Folgen der Covid-19-Pandemie" finden Sie hier.
Eine zweisprachige Fassung des Gesetzestextes (Deutsch/Englisch) finden Sie hier.
Überblick
- Insolvenzrecht
Die Pflicht zur Insolvenzantragstellung wird bis zum 30. September 2020 unter bestimmten Voraussetzungen ausgesetzt. Für die Dauer der Aussetzung der Antragspflicht wird das Zahlungsverbot so weitgehend gelockert, dass den Geschäftsleitern die Aufrechterhaltung des ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebs ermöglicht wird. Kreditgeber müssen bei Ausreichung von neuen Krediten während des Aussetzungszeitraums keine Haftung wegen sittenwidriger Beteiligung an einer Insolvenzverschleppung befürchten. Im Fall von Krediten, die im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme anlässlich der Covid-19-Pandemie gewährt werden, gilt dies auch bei Kreditgewährungen nach dem Ende des Aussetzungszeitraums. Zugleich werden Insolvenzanfechtungsrechte erheblich eingeschränkt. Dies betrifft insbesondere die Rückzahlung von im Aussetzungszeitraum neu eingeräumten Krediten sowie die im Aussetzungszeitraum zu deren Besicherung gewährten Sicherheiten, daneben aber auch ganz generell kongruente und bestimmte inkongruente Deckungen unabhängig von der Art des zugrunde liegenden Vertragsverhältnisses.
- Zivilrecht
Zu Gunsten von Verbrauchern und Kleinstunternehmen werden Leistungsverweigerungsrechte eingeführt. Das Recht des Vermieters zur Kündigung von Mietverhältnissen wegen Zahlungsverzugs wird sowohl bei Wohnungs- als auch Gewerberaummiete eingeschränkt. Bei Verbraucherdarlehensverträgen greifen unter bestimmten Umständen gesetzlich angeordnete Stundungen für Zins- und Tilgungsleistungen und Einschränkungen bei der Kündbarkeit seitens des Darlehensgebers.
- Gesellschaftsrecht
Es gelten vorübergehend Erleichterungen bei der Fassung von Beschlüssen durch Organe von Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, Vereinen und Wohnungseigentümergemeinschaften, damit die temporären Einschränkungen der Versammlungsmöglichkeiten nicht zur Handlungsunfähigkeit dieser Rechtformen führen. Für Publikumsgesellschaften (AG, KGaA, SE) ist insbesondere erstmals die Möglichkeit geschaffen worden, die Hauptversammlung 2020 rein virtuell abzuhalten (im Einzelnen dazu: „Corona-Krise als rechtliche Herausforderung für die Hauptversammlung 2020“. Durch Verlängerung der Frist nach § 17 Abs. 2 UmwG auf zwölf Monate soll außerdem verhindert werden, dass Umwandlungsmaßnahmen daran scheitern, dass die Bilanz auf einen Stichtag erstellt worden ist, der mehr als acht Monate vor der Anmeldung zum Register liegt.
- Strafverfahrensrecht
Den Strafgerichten wird es ermöglicht werden, eine Hauptverhandlung für maximal drei Monate und zehn Tage zu unterbrechen, wenn diese aufgrund von Maßnahmen zur Vermeidung der Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus nicht durchgeführt werden kann.
Inkrafttreten
Die Änderungen betreffend das Insolvenzrecht treten rückwirkend zum 1. März 2020 in Kraft; die Änderungen im Zivilrecht (einschließlich Miet- und Darlehensrecht) zum 1. April 2020. Die Änderungen im Gesellschaftsrecht und Strafverfahrensrecht traten am 28. März 2020 in Kraft.