News

Leiharbeit: Das Ende des Schriftform­erfordernisses für Arbeitnehmer­überlassungs­verträge?

02.07.2024

1. Regierungsentwurf Bürokratie­entlastungs­gesetz

Bereits im Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen“ vereinbarten die Regierungsparteien (SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, FDP) für die 20. Legislaturperiode ein Bürokratieentlastungsgesetz vorzulegen.

Mit dem Regierungsentwurf für ein Viertes Bürokratieentlastungsgesetz hat die Bundesregierung unter koordinierter Federführung des Bundesministeriums für Justiz ein ressortübergreifendes Gesetzgebungspaket zur Abschaffung überflüssiger bürokratischer Hürden auf den Weg gebracht.

2. Entfall des Schriftform­erfordernisses im Arbeitnehmer­überlassungsgesetz

Das BEG IV-E umfasst unter anderem die Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG). Im ursprünglichen Referentenentwurf vom 11. Januar 2024 war die Änderung des AÜG noch nicht enthalten.

Die Formulierungshilfe der Bundesregierung sieht vor, dass § 12 Absatz 1 Satz 1 AÜG dahingehend geändert wird, dass künftig der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen Verleiher und Entleiher nicht mehr der Schriftform unterliegen muss. Künftig soll die Textform gemäß § 126b BGB ausreichend sein. Im Klartext: Arbeitnehmerüberlassungsverträge können zukünftig per E-Mail oder Textnachricht geschlossen werden.

Da durch die Textform gleichwohl der Inhalt des Überlassungsvertrags dauerhaft in Schriftzeichen wiedergegeben werden muss, wird dem Schutzbedürfnis der Entleiher vor unseriösen Verleihern sowie dem Arbeitsschutz ausreichend Rechnung getragen.

Die Schriftform nach der derzeitigen Rechtslage ist nach § 12 Absatz 1 Satz 1 AÜG nur gewahrt, wenn die Parteien eigenhändig auf derselben Urkunde unterschreiben (sog. „wet ink“). Die Unterschrift muss im Original vorliegen mit der Konsequenz, dass eine eingescannte Unterschrift nicht ausreicht. Überdies muss der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag gem. § 1 Abs. 1 S.4 i.V.m. § 12 Abs. 1 S. 1 AÜG bereits vor Beginn der Überlassung schriftlich vorliegen. Ein nachträgliches Erstellen der Urkunde erfüllt damit nicht die gesetzlichen Anforderungen. In der Praxis hat dies erhebliche Auswirkungen: Erfüllt der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag nicht die Voraussetzungen der Schriftform, ist der Vertrag im Zweifel nichtig. Darüber hinaus wird der Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllt, die mit einem Bußgeld bis zu EUR 30.000 geahndet wird und zu einer Fiktion des Arbeitsverhältnisses zum Entleiher und damit zu einem Wechsel der Arbeitgeberpflichten führt (§§ 9 Abs. 1 Nr. 1a, 10 Abs. 1 AÜG). Somit gehen bisher mit dem Verstoß gegen das Schriftformerfordernis erhebliche Konsequenzen für Verleiher und Entleiher und Rechtsunsicherheiten einher. Zudem waren die Parteien zu sehr kurzfristigem Handeln nur mit erheblichem Aufwand in der Lage. Eine tatsächliche Bürde, die als äußerst misslich empfunden wurde und wird.

3. Ausblick

Die Änderung in die geplante, weniger restriktive Textform ist folglich lautstark zu begrüßen. In einer digitalen Welt, in der die geschäftliche Kommunikation fast ausschließlich per E-Mail erfolgt, ist eine solche Anpassung längst überfällig. Das Schriftformerfordernis erweist sich für Unternehmen als aufwändig und als nicht mehr zeitgemäß.

Die erste Lesung des Bundestages fand am 17. Mai 2024 statt. Der Bundesrat begrüßt in seiner Stellungnahme grundsätzlich den Gesetzesentwurf, obgleich der Entwurf dem Bundesrat noch nicht weit genug gehe, um den Entlastungsbedarf der Wirtschaft gerecht zu werden. Ein ähnliches Stimmungsbild ergab sich in der Anhörung am 5. Juni 2024.

Ein Termin für die zweite Lesung ist bisher nicht öffentlich bekannt gegeben, folglich ist mit dem Gesetzesbeschluss voraussichtlich erst nach der Sommerpause zu rechnen.

Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass der Bundestag der Änderung des Nachweisgesetzes und von § 12 AÜG nicht zustimmen wird.

 

Unsere Legal-Tech-Lösung "Noerr Contractor Compliance Check" entlastet Unternehmen bei der Beauftragung und dem Einsatz von Fremdpersonal. Das Tool integriert alle dafür notwendigen Prozesse für den effizienten und rechtssicheren Einkauf von Fremdpersonal in einer Plattform. Für weiterführende Informationen besuchen Sie gerne unsere Website.