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Jahressteuergesetz 2022

17.01.2023

Wie alle Jahre wieder hat der Gesetzgeber kurz vor Jahresende, am 16.12.2022, ein Jahressteuergesetz 2022 („JStG 2022“) beschlossen. Das JStG 2022 wurde am 20.12.2022 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Wichtige Änderungen betreffen:

    • Konzernsteuerrecht: Kodifizierung der sog. Einlagelösung und Vereinfachung bei Rechnungsabgrenzungsposten (siehe unten Ziffer I).

    • Immobiliensteuerrecht: Begünstigung von Photovoltaikanlagen im Allgemeinen und bei Fonds, Änderungen bei der Gebäude-AfA, Vermeidung einer doppelten Grunderwerbsteuer bei Share Deals und steuererhöhende Änderungen bei der Grundstücksbewertung (siehe unten Ziffer II).

    • Internationales Steuerrecht: Einschränkung der beschränkten Steuerpflicht bei sog. Register-Fällen, Kodifizierung der Einlagenrückgewähr von Drittstaatengesellschaften und Angleichung der Regeln der Wegzugsbesteuerung für alt-einbringungsgeborene Anteile (siehe unten Ziffer III).

Daneben enthält das JStG 2022 als Omnibus-Gesetz auch Änderungen einer Vielzahl von weiteren Steuerrechtsbereichen und Steuergesetzen. Diese Änderungen stellen wir ausschnittsweise und ohne Anspruch auf Vollständigkeit unter Ziffer IV dar.

I. Konzernsteuerrecht

1. Organschaft

 

Im Bereich der körperschaftsteuerlichen Organschaft wird die sog. Einlagelösung kodifiziert und es kommt zu Änderungen im Hinblick auf Ausgleichsposten nach dem Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts („KöMoG“). Im Einzelnen:

1.1 Einlagelösung

Mit dem KöMoG war mit Wirkung zum VZ 2022 die bis dahin geltende Ausgleichspostenmethode zur Abbildung von organschaftlichen Mehr-/Minderabführungen durch die sog. Einlagelösung ersetzt worden. Mit dem JStG 2022 wurden nun bestimmte Einzelfragen diesbezüglich geregelt. Insoweit wird die bisherige Verwaltungsauffassung (vgl. BMF-Schreiben v. 29.09.2022, BStBl. I 2022, 1412) gesetzlich festgeschrieben:

    • Buchwerterhöhung/-minderung: Eine Einlage bzw. Einlagenrückgewähr, die im Fall einer organschaftlichen Minderabführung bzw. Mehrabführung gem. § 14 Abs. 4 Satz 1 bzw. 2 KStG fingiert wird, erhöht bzw. vermindert den steuerbilanziellen Buchwert der Beteiligung an der Organgesellschaft beim Organträger (§ 14 Abs. 4 Satz 3 KStG).

    • Mittelbare Organschaft: Für den Fall der mittelbaren Organschaft wird geregelt, dass die o.g. Buchwertanpassungen auf jeder Beteiligungsstufe durchzuführen sind (§ 14 Abs. 4 Satz 4 KStG). Zudem wird klargestellt, dass es sich nicht um eine mittelbare Organschaft handelt, wenn sich die Mehrheit der Stimmreche bereits aus der unmittelbaren Beteiligung ergibt (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 KStG).

    • Steuerbefreiungen: Soweit eine fingierte Einlagenrückgewähr den – ggf. um fingierte Einlagen erhöhten – Buchwert der Beteiligung an der Organgesellschaft übersteigt, ordnet das Gesetz nunmehr an, dass dies zu einem veräußerungsähnlichen Ertrag führt, der gem. § 8b Abs. 2, 3, 6, 7 und 8 KStG (Kapitalgesellschaft als Organträger) oder nach dem Teileinkünfteverfahren iSv. §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG besteuert wird (§ 14 Abs. 4 Satz 4 KStG). Dies entspricht der bisherigen Verwaltungsauffassung zur Einlagenrückgewähr im Allgemeinen (vgl. BMF-Schreiben v. 28.04.2003, BStBl. I 2003, 292).

1.2 Auflösung und Erhöhung von Ausgleichsposten

Die nach § 14 Abs. 4 KStG idF. vor KöMoG zu bildenden Ausgleichsposten wurden nur anteilig entsprechend der Höhe der Beteiligung am Nennkapital der Organgesellschaft gebildet. Aus dieser Begrenzung konnten sich auf Ebene des Organträgers bei späterer Veräußerung der Beteiligung weiße Einkünfte oder eine Doppelbelastung ergeben (vgl. Rödder/Joisten, in Rödder/Herlinghaus/Neumann, 1. Aufl. 2015, § 14 KStG Rn. 707, mwN).

Wegen des Wechsels zur Einlagenlösung (siehe oben) im Zuge des KöMoG waren sämtliche zum 31.12.2021 bestehende o.g. Ausgleichsposten im Veranlagungszeitraum 2022 aufzulösen (§ 34 Abs. 6e Satz 7 und Satz 8 KStG). Um weiße Einkünfte bzw. eine Doppelbelastung im Zusammenhang mit dieser Auflösung zu vermeiden, sollen diese Ausgleichsposten nach den Änderungen durch das JStG 2022 vor ihrer Auflösung auf 100 % approximativ hochgerechnet werden, wenn der Organträger am 31.12.2021 zu weniger als 100 % am Nennkapital der Organgesellschaft beteiligt war. Dies soll durch Multiplikation mit dem Kehrwert der durchschnittlichen Beteiligungshöhe erfolgen, die grundsätzlich über die Bilanzstichtage der letzten fünf Wirtschaftsjahre hinweg ermittelt wird (sog. Angleichungsfaktor). Besteht die Organschaft noch keine fünf Wirtschaftsjahre, ist der entsprechend kürzere Zeitraum zu berücksichtigen (§ 34 Abs. 6e Satz 9 f. KStG).

2. Rechnungsabgrenzungsposten

 

Zur Vermeidung von Bürokratieaufwand kann nach der Neuregelung in § 5 Abs. 5 Satz 2 EStG in der Steuerbilanz künftig auf die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten verzichtet werden, sofern die jeweilige Einnahme bzw. Ausgabe die Wesentlichkeitsgrenze von EUR 800 nicht übersteigt (§ 6 Abs. 2 Satz 1 EStG; für die Handelsbilanz vgl. HFA IDW Life 2017, 848). Die Regelung ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2021 enden.

II. Immobiliensteuerrecht

1. Steuerliche Entlastung für bestimmte Photovoltaikanlagen

 

Das JStG 2022 enthält mehrere Regelungen zur Förderung von Photovoltaikanlagen („PV-Anlagen“).

1.1 Ertragsteuern

Zum einen ist in § 3 Nr. 72 EStG eine Steuerbefreiung für Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb von bestimmten PV-Anlagen für die Einkommensteuer wie folgt vorgesehen:

Gebäudeart

Bruttonennleistung
(lt. Marktstammdatenregister)

Einfamilienhäuser (einschl. Nebengebäude) und
nicht zu Wohnzwecken dienende Gebäude

30 kW (peak)

Übrige Gebäude (z.B. Mehrfamilienhäuser, gemischt genutzte Gebäude, überwiegend zu betrieblichen Zwecken genutzte Gebäude)

15 kW (peak) je Einheit

 

Insgesamt ist die Steuerbefreiung – auch für mehrere PV-Anlagen und verwendungsunabhängig – auf 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen bzw. Mitunternehmerschaft beschränkt. Werden ausschließlich die o.g. steuerfreien Einnahmen erzielt, muss hierfür kein Gewinn mehr ermittelt werden. Zudem ist eine gewerbliche Infektion von vermögensverwaltenden Personengesellschaften (z.B. Vermietungs-GbR) nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in diesem Fall gesetzlich ausgeschlossen.

Die Gewerbesteuerbefreiung des § 3 Nr. 32 GewStG wurde entsprechend auf PV-Anlagen mit max. 30 kW erhöht. Diese Befreiung geht allerdings insoweit ins Leere, als Einnahmen gem. § 3 Nr. 72 EStG iVm. § 7 Satz 1 GewStG ohnehin nicht in den Gewerbeertrag eingehen.

Zeitlich findet die o.g. Steuerbefreiung ab dem 01.01.2022 bzw. ab dem Erhebungszeitraum 2022 Anwendung. Unseres Erachtens löst der ggf. rückwirkende Wegfall der gewerblichen Infektion keine Betriebsaufgabe aus, weil sie dem Steuerpflichtigen nicht zurechenbar ist (a.A. Robisch, ErbStB 2023, 3, 5 f.).

1.2 Umsatzsteuer

Zum anderen ist in § 12 Abs. 3 UStG erstmals ein Nullsteuersatz für die Lieferungen, den innergemeinschaftlichen Erwerb, die Einfuhr von Solarmodulen (einschl. der wesentl. Komponenten und Speicher) an deren Betreiber sowie die Installation von PV-Anlagen und deren Speicher vorgesehen, wenn die PV-Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Letzteres gilt als gegeben, wenn die PV-Anlage lt. Marktstammdatenregister 30 kW (peak) nicht überschreitet.

Der Nullsteuersatz hat zwei Auswirkungen:

    • Der Leistende schuldet zwar keine Umsatzsteuer (Steuersatz von „0“), ihm steht aber weiterhin der Vorsteuerabzug zu.

    • Der Betreiber wird von Anfang an nicht mit Umsatzsteuer belastet. Ein bürokratischer Verzicht auf die sog. Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG ist somit nicht mehr für den Vorsteuerabzug erforderlich.

Der Nullsteuersatz gilt für Leistungen ab dem 01.01.2023.

2. Photovoltaikanlagen und Ladestationen in Spezial-Investmentfonds

 

Auch für Immobilienfonds institutioneller Anleger enthält das JStG 2022 eine Erleichterung im Hinblick auf erneuerbare Energien.

Nach bisheriger Rechtslage durften Immobilienfonds, die steuerlich als Spezial-Investmentfonds iSv. § 26 InvStG ausgestaltet sind, maximal 5 % ihrer Einnahmen aus einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung iSd. § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InvStG erzielen. Hierzu gehören u.a. auch Einnahmen aus dem Betrieb von PV-Anlagen und Ladestationen. Nach der Verwaltungsauffassung war eine geringfügige Überschreitung dieser Grenze unschädlich (vgl. BMF-Schreiben v. 21.05.2019, BStBl. I 2019, 527 („InvStE“), Tz. 26.2).

Mit dem JStG 2022 wurde § 26 InvStG wie folgt geändert:

    • Die allgemeine Voraussetzung für einen Spezial-Investmentfonds, dass dieser die Anforderungen der Gewerbesteuerbefreiung nach § 15 Abs. 2 und 3 InvStG erfüllen muss, wurde gestrichen (§ 26 Satz 1 InvStG). Dafür wurde jedoch in § 26 Nr. 7a InvStG als zusätzliche Anlagebedingung aufgenommen, dass die Einnahmen eines Spezial-Investmentfonds aus einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung iSd. § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InvStG weniger als 5 % der gesamten Einnahmen des Spezial-Investmentfonds betragen müssen. Insoweit bleibt es im Ergebnis bei der bisherigen Rechtslage.

    • Wenn allerdings die Einnahmen aus der aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung solche aus der Erzeugung oder Lieferung von Strom aus bestimmten PV-Anlagen oder Ladestationen sind, die im Zusammenhang mit Immobilieneinkünften stehen („Stromlieferungs-Zusatzeinnahmen“; Stromerzeugung als Haupttätigkeit wäre ohnehin aufsichtsrechtlich unzulässig), erhöht sich die o.g. Grenze auf 10 %. Voraussetzung ist, dass die 5 %-Grenze nur durch Stromlieferungs-Zusatzeinnahmen überschritten wird.

    • Auf der Rechtsfolgenseite sind Spezial-Investmentfonds nicht mehr generell von der Gewerbesteuer befreit (§ 29 Abs. 4 InvStG a.F.). Stattdessen kann eine Überschreitung der o.g. Grenzen auch zu einer Gewerbesteuerpflicht führen (§ 29 Abs. 1, 4 InvStG n.F.).

In zeitlicher Hinsicht finden die o.g. Änderungen ab dem 01.01.2023 Anwendung.

2.1 Statusverlust von Spezial-Investmentfonds

Vor dem JStG 2022 führte das Erreichen der 5 %-Grenze bei Einnahmen aus aktiver unternehmerischer Bewirtschaftung gem. § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InvStG dazu, dass ein Spezial-Investmentfonds nach § 52 InvStG unter Aufdeckung der stillen Reserven in einen Investmentfonds umqualifiziert wurde (sog. Statusverlust). Nach neuer Rechtslage kommt es zu einem Statusverlust nurmehr dann, wenn entweder (i) die 5 %-Grenze durch Einnahmen aus aktiver unternehmerischer Bewirtschaftung, bei denen es sich um andere als Stromlieferungs-Zusatzeinnahmen handelt, überschritten wird oder (ii) die 5 %-Grenze nur durch Stromlieferungs-Zusatzeinnahmen und gleichzeitig die o.g. 10 %-Grenze überschritten wird.

Beispiel: Ein Immobilien-Spezial-Investmentfonds erzielt 4 % seiner Gesamteinnahmen aus aktiver unternehmerischer Bewirtschaftung, bei denen es sich um andere als Stromlieferungs-Zusatzeinnahmen handelt (z.B. Einnahmen aus Kurzzeitparken). Zusätzlich erzielt der Spezial-Investmentfonds 5 % seiner Gesamteinnahmen aus Stromlieferungs-Zusatzeinnahmen.

Die Grenzen des § 26 Nr. 7a InvStG werden eingehalten, so dass es nicht zu einem Statusverlust kommt.

Nach dem JStG 2022 ist für einen Statusverlust zusätzlich erforderlich, dass es sich bei der Verletzung der o.g. Grenzen um einen wesentlichen Verstoß gegen die Anlagebedingungen handelt. Nach Verwaltungsansicht liegt kein wesentlicher Verstoß bei einer passiven Grenzverletzung vor, wenn der Investmentfonds unverzüglich nach Kenntnis der Grenzverletzung ihm mögliche und zumutbare Maßnahmen unternimmt, um die Einhaltung der Anlagebestimmungen wieder zu gewährleisten (InvStE, Tz. 26.3). In anderem Zusammenhang erkennt die Verwaltung bei Leerständen, die ebenfalls zu Verletzungen der o.g. Grenzen führen können, einen Überbrückungszeitraum von einem Jahr an (InvStE, Tz. 15.17 a.E.).

Im Ergebnis wird damit das Risiko eines Statusverlusts von Spezial-Investmentfonds bei Vorliegen von Einnahmen aus aktiver unternehmerischer Bewirtschaftung deutlich entschärft. In der Praxis bleibt dennoch eine sorgfältige Due Diligence, Strukturierung und laufende Compliance zentral.

2.2 Gewerbesteuerpflicht von Spezial-Investmentfonds

Wichtig ist, dass die Änderungen in § 26 InvStG dazu führen, dass Spezial-Investmentfonds erstmals gewerbesteuerpflichtig werden und daher zur Abgabe von Gewerbesteuererklärungen verpflichtet sein können. Nach dem geänderten § 29 Abs. 1 InvStG ist nämlich nunmehr auch § 15 InvStG bei der Besteuerung von Spezial-Investmentfonds anzuwenden, so dass das Überschreiten der o.g. 5 %-Grenze zur Gewerbesteuerpflicht führt. Dies ist im o.g. Beispiel der Fall.

Allerdings kommt es zu keiner Vollinfektion des Spezial-Investmentfonds, denn § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG findet keine Anwendung. Vielmehr bildet ausschließlich die aktive unternehmerische Tätigkeit nach § 15 Abs. 4 Satz 1 InvStG iVm. § 29 Abs. 1 InvStG einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Die auf die gewerbesteuerpflichtigen Tätigkeiten entfallenden Einkünfte sind deshalb gesondert zu ermitteln. Nach Verwaltungsansicht bleiben somit insbesondere die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einer Immobilie gewerbesteuerfrei (InvStE, Tz. 15.38; siehe auch BT-Drs. 18/8045, 85). Bezogen auf das o.g. Beispiel bedeutet das, dass die 9 % der Gesamteinnahmen aus aktiver unternehmerischer Bewirtschaftung der Gewerbesteuer unterliegen; die vermögensverwaltenden Vermietungs-/Verpachtungseinnahmen bleiben aber gewerbesteuerfrei.

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Aussage in der Gesetzesbegründung, wonach „eine [gewerbesteuerliche] Kürzung dieser Einnahmen [d.h. Stromlieferungs-Zusatzeinnahmen] […] nach § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. b GewStG“ in Betracht kommt, unzutreffend ist. Denn Stromlieferungs-Zusatzeinnahmen können nach dieser Vorschrift zwar kürzungsunschädlich für Immobilieneinkünfte sein, unterliegen jedoch selbst der Gewerbesteuer (Oberste Finanzbehörden der Länder v. 17.06.2022, BStBl. I 2022, 958, Tz. 3).

3. Änderungen bei der Gebäude-AfA

 

Das JStG 2022 führt zu folgenden Änderungen bei der AfA von Gebäuden:

    • Gebäude-AfA: Der lineare AfA-Satz für die Abschreibung von neuen Wohngebäuden im Privat- oder Betriebsvermögen wird von 2 % auf 3 % angehoben (§ 7 Abs. 4 Nr. 2a EStG); der neue AfA-Satz gilt für nach dem 31.12.2022 fertiggestellte Gebäude. Entgegen dem Regierungsentwurf bleibt die Möglichkeit der Abschreibung eines Gebäudes nach seiner tatsächlichen Nutzungsdauer gem. § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG bestehen; allerdings hat es der Gesetzgeber versäumt, die in § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG typisierten Nutzungsdauern an die anderen Änderungen anzupassen (33 statt 50 und 50 statt 40 Jahre). Hierbei handelt es sich wohl um ein redaktionelles Versehen.

    • Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau: Die Ende 2021 ausgelaufene Regelung der Sonderabschreibung von 5 % über 4 Jahre für bestimmte Mietwohnungsneubauten wird für Wohnungsneubauten ab 2023 bis Ende 2026 wieder aufleben. Dabei wird die Obergrenze für die Anschaffungs- und Herstellungskosten auf EUR 4.800/m2 angehoben. Von der Förderung sollen nur noch Gebäude profitieren, die den Status als „Effizienzhaus 40“ erfüllen. Die zu berücksichtigende Bemessungsgrundlage steigt auf EUR 2.500/m2 Wohnfläche (§ 7b Abs. 2 und 3 EStG).

4. Grunderwerbsteuer

 

Werden Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft veräußert, können bei zeitlichem Auseinanderfallen von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft (Signing und Closing) zwei Grunderwerbsteuertatbestände verwirklicht werden (Signing: § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 3 GrEStG bzw. § 1 Abs. 3a GrEStG; Closing: § 1 Abs. 2a und 2b GrEStG). Die Finanzverwaltung hat in solchen Fällen bisher von Amts wegen von einer doppelten Festsetzung von Grunderwerbsteuer abgesehen (vgl. Gleich lautende Erlasse der Länder v. 10.05.2022, BStBl. I 2022, 821, Ziff. 8.2).

Mit dem JStG 2022 wurde nun geregelt, dass auf Antrag die grunderwerbsteuerliche Festsetzung in Bezug auf das Signing aufgehoben oder geändert werden kann, wenn und soweit eine weitere grunderwerbsteuerliche Festsetzung in Bezug auf das Closing erfolgt (§ 16 Abs. 4a GrEStG). Voraussetzung der o.g. Aufhebung oder Änderung ist jedoch, dass Signing und Closing vollständig und rechtzeitig (für Steuerinländer innerhalb von 2 Wochen und für Steuerausländer innerhalb eines Monats) angezeigt worden sind (§ 16 Abs. 5 Satz 2 GrEStG). Da das JStG 2022 keine spezifische zeitliche Anwendungsvorschrift für die Änderungen im GrEStG enthält, sollten diese für alle noch offenen Fälle gelten. Sofern die gesetzliche Vorschrift strenger als die Regelung der o.g. gleich lautenden Ländererlasse ist, müssten bereits erfolgte Anteilsübertragungen von dieser Regelung geschützt sein, was aber offen ist. Unseres Erachtens sollte in diesen Fällen in jedem Fall ein entsprechender Antrag nach § 16 Abs. 4a GrEStG gestellt werden.

Im Ergebnis hat die Neuregelung zur Folge, dass es bei Share Deals noch wichtiger wird, die Anzeigen nach §§ 18 ff. GrEStG vollständig und rechtzeitig vorzunehmen, was wiederum erfordert, diese gewissenhaft und aufgrund der kurzen Fristen meist noch vor dem Signing vorzubereiten. Andernfalls besteht das Risiko, dass der zweifache Anfall von Grunderwerbsteuer verfahrensrechtlich nicht mehr korrigiert werden kann.

5. Grundbesitzbewertung

 

Schließlich sieht das JStG 2022 Änderungen im Hinblick auf wesentliche Parameter der Grundbesitzbewertung nach §§ 177 bis 198 BewG vor, die zu höheren Wertansätzen führen können. Diese sind ab dem 01.01.2023 zum einen für grunderwerbsteuerliche Zwecke, sofern die Besteuerung auf Basis der Ersatzbemessungsgrundlage nach § 8 Abs. 2 GrEStG erfolgt, relevant und zum anderen für erbschaft- und schenkungsteuerliche Bewertungsanlässe. Weitere Einzelheiten werden in unserem Beitrag vom 18.11.2022 erläutert.

III. Internationales Steuerrecht

1. Beschränkte Steuerpflicht bei sog. Register-Fällen

 

Als Register-Fälle werden Fälle bezeichnet, in denen die Überlassung oder Veräußerung von Rechten nur aufgrund der Eintragung in ein inländisches Register (z.B. Marken- oder Patentregister) ohne weitere Anknüpfung im Inland der beschränkten Steuerpflicht nach § 49 EStG unterliegt. Zur Verringerung des Verwaltungs- und Befolgungsaufwands sieht das JStG 2022 diesbezüglich sowohl Änderungen für die Vergangenheit als auch für die Zukunft vor:

    • „Sonstige Rechte“: Zunächst soll in § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f und Nr. 6 EStG künftig zwischen „sonstigen Rechten“ (insb. Marken- und Patentrechte) und Rechten iSd. § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG (d.h. Grundstücksrechte) unterschieden werden. Vergütungen für Letztere sollen unverändert zu einer beschränkten Steuerpflicht führen.

    • Drittlizenzierungsfälle: Außerdem soll in allen noch offenen Fällen eine beschränkte Steuerpflicht in solchen Register-Fällen in Bezug auf sonstige Rechte (siehe oben) ausgeschlossen sein, bei denen Vergütungsschuldner und Vergütungsgläubiger keine einander nahestehenden Personen iSd. § 1 Abs. 2 AStG sind (sog. Drittlizenzierungsfälle; vgl. BT-Drs. 20/4729, 124). Möglicherweise ist dem Gesetzgeber hier aber ein Redaktionsversehen unterlaufen, weil er in der zeitlichen Anwendungsregelung auf das Gesetz „in der am 20. Dezember 2022 geltenden Fassung“ verweist (§§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f und Nr. 6 iVm. 52 Abs. 45a Satz 3, 1. Halbsatz EStG). Hierbei handelt es sich aber um die Altfassung, weil das JStG 2022 im Grundsatz erst am 21.12.2022 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 43 Abs. 1 JStG 2022).

    • DBA-Fälle: Ferner wird im Hinblick auf Register-Fälle in Bezug auf sonstige Rechte (siehe oben) für Veräußerungen bzw. Einnahmen, die nach dem 31.12.2022 erfolgen bzw. zufließen (§ 52 Abs. 45a Satz 3, 2. Halbsatz EStG), eine beschränkte Steuerpflicht ausgeschlossen, wenn der Besteuerung ein DBA (vgl. Art. 21 Abs. 1 OECD-MA) unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Anwendungsregeln des EStG entgegensteht („DBA-Schutz“). Im Ergebnis besteht in solchen Register-Fällen keine beschränkte Steuerpflicht, in denen das Besteuerungsrecht Deutschlands durch DBAs ausgeschlossen ist und dieser Ausschluss nicht durch sog. Treaty-Override-Vorschriften des nationalen Rechts (z.B. § 50d Abs. 3 EStG) suspendiert wird.

    • Steueroasen-Abwehr: Schließlich gilt eine Ausnahme von der o.g. Abschaffung der Besteuerung von Registerfällen im Zusammenhang mit unkooperativen Steuerhoheitsgebieten: Ist der Vergütungsgläubiger (Lizenzgeber bzw. Rechteveräußerer) in einer solchen Steueroase ansässig, unterliegen die Einkünfte auch weiterhin der beschränkten Steuerpflicht (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 StAbwG) und dem Steuerabzug in Höhe von 15 % zzgl. SolZ (§ 10 Abs. 2 StAbwG). Diese Regelung ist rückwirkend ab dem 01.01.2022 anzuwenden (§ 13 Abs. 1a StAbwG).

2. Einlagenrückgewähr von Drittstaatengesellschaften

 

Die Regelungen zur steuerneutralen Einlagenrückgewähr nach § 27 Abs. 8 KStG für EU-Gesellschaften werden für Kapitalrückzahlungen ab dem 01.01.2023 auf Drittstaatengesellschaften ausgedehnt. Somit müssen nunmehr alle ausländischen Kapitalgesellschaften ein Feststellungsverfahren beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) durchlaufen, um eine steuerneutrale Kapitalrückzahlung erbringen zu können (§§ 27 Abs. 8 iVm. 34 Abs. 10 KStG). Damit ist die BFH-Rechtsprechung (BFH v. 13.07.2016, BStBl. II 2022, 263; BFH v. 10.04.2019, BStBl. II 2022, 266) und der entsprechende Erlass (BMF-Schreiben v. 21.04.2022, BStBl. I 2022, 647), wonach Kapitalrückzahlungen von Drittstaaten-Kapitalgesellschaften bei Vorliegen entsprechender Nachweise steuerneutral zu behandeln sind, obsolet.

Gerade für Minderheitsgesellschafter, die auf die ausschüttende ausländische Kapitalgesellschaft nur einen geringen Einfluss nehmen und diese somit nicht zur Antragstellung nach § 27 Abs. 8 KStG bewegen können (z.B. Investoren in Alternativen Investmentfonds), ist die Neuregelung bedauerlich. Da die Anschaffungskosten auch im Falle der Auflösung der Kapitalgesellschaft nicht geltend gemacht werden können (§ 8b Abs. 2, 3 KStG), droht bei regelbesteuerten Körperschaften eine Substanzbesteuerung. Sachgerecht wäre es unseres Erachtens gewesen, dem Steuerpflichtigen eine individuelle Nachweismöglichkeit als Ausweichlösung einzuräumen. Die Vereinbarkeit der Neuregelung mit der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) ist fraglich.

3. Wegzugsbesteuerung bei alt-einbringungsgeborenen Anteilen

 

Durch das JStG 2022 wird die Wegzugsbesteuerung in Bezug auf alt-einbringungsgeborene Kapitalgesellschaftsanteile iSd. § 21 UmwStG idF. vor SEStEG, an die für Anteile iSd. § 17 EStG im Sinne eines One-Fits-All-Approaches angepasst:

    • Rückwirkende Verschärfung der Stundungsregelung: Werden alt-einbringungsgeborene Anteile durch einen Wegzug des Anteilsinhabers in EUR/EWR-Staaten aufgrund des Verlusts des Besteuerungsrechts entstrickt, kann die dadurch ausgelöste Einkommensteuer nur noch in sieben gleichen Jahresraten und grundsätzlich nur gegen Gestellung von Sicherheiten gestundet werden (statt vormals unbefristet und ohne jegliche Sicherheitsleistung). Dies gilt rückwirkend bereits für Entstrickungen nach dem 31.12.2021 (§ 27 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b UmwStG iVm. § 6 Abs. 4 AStG).

    • Wiederverstrickung: Zudem entfällt nunmehr ein durch eine Entstrickung entstandener Steueranspruch rückwirkend, wenn die durch Wegzug des Anteilshabers entstrickten alt-einbringungsgeborenen Anteile durch dessen Rückkehr innerhalb von 7 Jahren ins Inland wieder steuerverstrickt werden (§ 27 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a UmwStG iVm. § 6 Abs. 6 und 7 AStG).

IV. Weitere Änderungen

Weitere Änderungen betreffen u.a. die Einkommensteuer, die Gewerbesteuer, die Umsatzsteuer, die Abgabenordnung, das Steueroasen-Abwehrgesetz (StAbwG), das Bewertungsgesetz und den EU-Energiekrisenbeitrag, die wir nachfolgend zusammenfassen.

1. Einkommensteuer

 

    • Grundrentenzuschlag: Der Betrag der Rente, der auf Grund des Grundrentenzuschlags geleistet wird, wird rückwirkend ab dem 01.01.2021 steuerfrei gestellt (§ 3 Nr. 14a EStG).

    • Häusliches Arbeitszimmer: Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind ab 2023 bereits dann abzugsfähig, wenn das Arbeitszimmer lediglich den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Hierbei kann zwischen einer Jahrespauschale von EUR 1.260 (ggf. zeitanteilige Ermäßigung um je 1/12) und dem Abzug der tatsächlichen Kosten gewählt werden. Es ist nicht mehr erforderlich, dass dem Steuerpflichtigen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG).

    • Home-Office Pauschale: Der Höchstbetrag der Jahrespauschale wird ab 2023 dauerhaft auf EUR 1.260 angehoben. Die Tagespauschale von EUR 6 kann ausnahmsweise auch an Tagen angesetzt werden, an denen die Voraussetzung für den Abzug der Entfernungspauschale oder für den Abzug von Reisekosten gegeben ist, wenn dem Steuerpflichtigen dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Ein gleichzeitiger Doppelabzug von Unterkunftskosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung und der Home-Office-Pauschale ist hingegen nicht möglich (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG).

    • Arbeitnehmer-Pauschbetrag: Der Pauschbetrag für Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wird ab 2023 auf EUR 1.230 erhöht (§ 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG).

    • Altersvorsorgeaufwendungen: Der 100 %-ige Abzug von Altersvorsorgeaufwendungen iSd. § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG (z.B. Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung) als Sonderausgaben ist bereits ab 2023 möglich (§ 10 Abs. 3 Satz 6 EStG).

    • Kindererziehende in der Riester-Rente: Steuerpflichtige, die nach § 56 SGB VI Kindererziehungszeiten in der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung nur auf Grund eines fehlenden oder eines noch nicht beschiedenen Antrags bislang nicht angerechnet bekommen haben, werden unter bestimmten Voraussetzungen einem Pflichtversicherten gleichgestellt (§ 10a Abs. 1a EStG).

    • Steuerpflicht der Energiepreispauschale: Die Einmalzahlungen nach dem Versorgungsrechtlichen Energiepreispauschalen-Gewährungsgesetz für Versorgungsbeziehende werden zu steuerpflichtigen Einnahmen (§ 19 Abs. 3 EStG). Entsprechendes gilt für Rentenbeziehende, denen die Einmalzahlung durch die Rentenversicherungsträger auf Basis des Rentenbeziehende-Energiepreispauschalengesetz ausgezahlt wird (§ 22 Nr. 1 Satz Nr. 3 Buchst. c EStG). Die Rentenversicherungsträger haben der Finanzverwaltung die Auszahlung der Energiepreispauschale in einer gesonderten Rentenbezugsmittteilung mitzuteilen (§ 22a Abs. 1 Satz 2 EStG).

    • Steuerpflicht der Entlastungen durch die Gas-/Wärmepreisbremse: Alle im Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz (EWSG) benannten Entlastungen unterliegen der Besteuerung (§ 123 EStG). Sie werden den sonstigen Einkünften aus Leistungen iSd. 22 Nr. 3 Satz 1 EStG (aber keine Anwendung der Freigrenze von EUR 256) zugeordnet, sofern sie nicht im Rahmen einer anderen Einkunftsart erzielt werden. Es sind nur diejenigen Entlastungen, die den sonstigen Einkünften iSd § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG gesetzlich zugeordnet werden, nach besonderen Regelungen, die den sozialen Ausgleich sicherstellen sollen, zu versteuern. Danach sind etwa die Entlastungen erst dann zu versteuern, wenn das zu versteuernde Einkommen eine Grenze überschreitet, deren Höhe sich am Einstieg zur Pflicht, einen Solidaritätszuschlag zu entrichten, orientiert.

    • Verluste bei Kapitaleinkünften: Nicht ausgeglichene Verluste eines Ehegatten aus Kapitalvermögen können nun rückwirkend ab 2022 im Rahmen einer Veranlagung der Kapitalerträge zum gesonderten Tarif iSd. § 32d Abs. 1 EStG ehegattenübergreifend mit positiven Kapitalerträgen des anderen Ehegatten verrechnet werden (§ 20 Abs. 6 Satz 3 EStG).

    • Sparer-Pauschbetrag: Der Sparer-Pauschbetrag wird ab 2023 auf EUR 1.000 – bei Zusammenveranlagung auf EUR 2.000 – angehoben (§ 20 Abs. 9 EStG). Vor dem 01.01.2023 erteilte Freistellungsaufträge werden prozentual erhöht (§ 52 Abs. 43 EStG).

    • Entlastungsbetrag für Alleinerziehende: Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird ab 2023 auf EUR 4.260 erhöht (§ 24b EStG).

    • Tarifbegrenzung bei Gewinneinkünften im VZ 2007: Die Tarifbegrenzung bei Gewinneinkünften nach §§ 32b Abs. 2 Satz 2 und 3, 32c EStG wird für den VZ 2007 rückwirkend außer Kraft gesetzt, sofern die Veranlagungsfälle noch offen sind.

    • Ausbildungsfreibetrag: Der Ausbildungsfreibetrag wird ab 2023 auf EUR 1.200 erhöht (§ 33a Abs. 2 Satz 1 EStG).

    • Pauschalversteuerungsoption: Für den Lohnsteuerabzug ab 2023 wird die Arbeitslohngrenze bei kurzfristiger Beschäftigung auf EUR 150 Euro pro Arbeitstag und auf EUR 19 pro Arbeitsstunde angehoben (§ 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG).

    • Kapitalertragsteuerabzug bei Online-Geschäften und Kryptowertpapieren: Durch verschiedene Änderungen in §§ 43 ff. EStG wird der Kapitalertragsteuerabzug bei Kapitaltransaktionen über Internet-Dienstleistungsplattformen und in Form von Kryptowertpapieren neu geregelt.

    • Bauabzugsteuer: Der Leistungsempfänger einer Bauleistung kann ab 2025 die Steueranmeldung grundsätzlich ausschließlich elektronisch abgeben (§ 48a Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG).

    • Kindergeld bei Angehörigen des öffentlichen Dienstes: Die Sonderzuständigkeit für die Familienkassen des öffentlichen Dienstes im Bereich des Bundes wird beendet (Wegfall des § 72 EStG).

    • Riester-Eigenheimrente: Die Eigenheimrenten-Förderung kann zukünftig auch für Aufwendungen für energetische Maßnahmen iSd. § 35c Abs. 1 Satz 3 EStG bei einer selbst genutzten Wohnung in Anspruch genommen werden (§ 92a EStG).

2. Gewerbesteuer

 

Berücksichtigung gewerbesteuerlicher Sanierungsgewinne: Durch die Anpassung des § 7b Abs. 2 Satz 4 GewStG soll sichergestellt werden, dass bei unternehmensbezogenen Sanierungen von Mitunternehmerschaften der vor der Sanierung entstandene gewerbesteuerliche Verlust in der Höhe gemindert wird, in der ein verbleibender geminderter Sanierungsertrag keiner Besteuerung unterliegt. Die Regelung ist erstmals für den Erhebungszeitraum 2023 anzuwenden.

3. Umsatzsteuer

 

    • Unternehmereigenschaft von Bruchteilsgemeinschaften: Durch die Änderung des § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG mit Wirkung ab 2023 wird klargestellt, dass die Unternehmereigenschaft iSd. UStG unabhängig davon bestehen kann, ob der Handelnde nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist (gilt z.B. für Bruchteilsgemeinschaften).

    • Verlängerung der Übergangsregelung zur Anwendung des § 2b UStG: Zur Entlastung der Kommunen wird die Übergangsregelung in § 27 Abs. 22a UStG um weitere zwei Jahre verlängert. Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die zur Weiteranwendung des alten Besteuerungsregimes des § 2 Abs. 3 UStG optiert haben, verlängert sich die Anwendbarkeit des alten Besteuerungsregimes bis einschließlich zum 31.12.2024. Es bleibt juristischen Personen des öffentlichen Rechts jedoch unbenommen, mit (ggf. Rück-)Wirkung zum Beginn des Kalenderjahres 2023 für die Anwendung des neuen Besteuerungsregimes zu optieren.

    • Frist zur Abgabe einer (ggf. korrigierten) Zusammenfassenden Meldung: Es wird klargestellt, dass die in § 18a Abs. 10 UStG genannte Frist von einem Monat keine zeitliche Einschränkung für die Möglichkeit zur Abgabe einer verspäteten erstmaligen oder einer korrigierten Zusammenfassenden Meldung, die für die Gewährung der Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung (§§ 4 Nr. 1 Buchst. b, 6a Abs. 1 Satz 1 UStG) erforderlich ist, darstellt. Die Regelung gilt ab 2023. Die Ein-Monats-Frist des § 18a Abs. 10 UstG ist zum Zwecke der Durchführung eines ordnungsgemäßen innergemeinschaftlichen Kontrollverfahrens sowie eines etwaigen Bußgeldverfahrens (§ 26a Abs. 1 Nr. 5 UStG) maßgebend.

    • Steuervergütung bei Hilfsleistungen: Die Steuervergütung für Leistungsbezüge zur Verwendung zu humanitären, karitativen oder erzieherischen Zwecken im Drittlandsgebiet kann ab 2023 nunmehr auch elektronisch beantragt werden (§ 4a Abs. 1 Satz 2 UStG).

    • Fahrzeugeinzelbesteuerung: Der Fahrzeugerwerber soll für Besteuerungszeiträume ab 2023 die Steuererklärung zur Fahrzeugeinzelbesteuerung gem. § 16 Abs. 5a UStG elektronisch übermitteln können (§ 18 Abs. 5a UStG).

    • Besondere Aufzeichnungs- und Meldepflichten für Zahlungsdienstleister: Zahlungsdienstleister sind ab 2024 dazu verpflichtet, Aufzeichnungen über bestimmte grenzüberschreitende Zahlungen zu erstellen und an das BZSt zu übermitteln (§ 22g UStG).

    • Anhebung der Obergrenze für den Vorsteuerabzug nach Durchschnittssatz bei gemeinnützigen Körperschaften: Die Obergrenze für die Inanspruchnahme des Durchschnittsatzes iSd. §23a UStG durch gemeinnützige Körperschaften iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG ist ab 2023 auf EUR 45.000 (§ 23a Abs. 2 UStG) angehoben. Dadurch erfolgt zum Zweck der Vereinheitlichung eine Anpassung an die Besteuerungsgrenzen iSd. § 64 Abs. 3 AO und § 67a Abs. 1 AO, die bereits im Rahmen des JStG 2020 jeweils auf EUR 45.000 angehoben worden sind.

4. Abgabenordnung

 

    • Steuergeheimnis: Die Finanzbehörden dürfen nunmehr Daten in den Fällen von § 31a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b, Doppelbuchst. bb oder Nr. 2 AO auch für die Durchführung eines Strafverfahrens (nicht eines Bußgeldverfahrens) wegen einer zu Unrecht erlangten Leistung aus öffentlichen Mitteln offenbaren (§ 31a Abs. 1 Satz 2 AO).

    • Öffentliche Zustellung: Die Zustellung von Steuerverwaltungsakten durch die Finanzbehörden sind nunmehr auch durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden möglich (§ 122 Abs. 5 Sätze 2 und 4 AO).

    • Direkter Zahlungsweg für u.a. Klimageld: Um eine unbare Auszahlung von Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu ermöglichen, kann das BZSt die steuerliche Identifikationsnummer nutzen und zu natürlichen Personen die IBAN bzw. BIC mitspeichern dürfen (§ 139b AO).

    • Zahlungsverjährung: Es wird ausdrücklich gesetzlich normiert, dass die Zahlungsverjährungsfrist hinsichtlich des gesamten Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis (z.B. Steuer für den gesamten Veranlagungszeitraum) generell erst dann beginnt, wenn dieser festgesetzt, aufgehoben, geändert oder berichtigt wird (§ 219 Abs. 1 Satz 3 AO). Dadurch wird klargestellt, dass der einheitliche Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis bei geänderter oder berichtigter Festsetzung nicht in unterschiedliche Zahlungs- und Erstattungsansprüche aufgespalten werden darf, die – bezogen auf die jeweils ergangenen Verwaltungsakte (z.B. mehrfache Änderungsbescheide) – unterschiedlichen Zahlungsverjährungsfristen unterliegen.

      In Bezug auf einen Haftungsbescheid, der ohne Zahlungsaufforderung erlassen wird, wird geregelt, dass die Zahlungsverjährungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Zahlungsaufforderung ergangen ist, spätestens aber fünf Jahre, nachdem der Haftungsbescheid wirksam geworden ist, beginnt (§ 229 Abs. 2 AO). Zudem wird festgelegt, dass die Zahlungsverjährung gehemmt ist, solange die Festsetzungsfrist des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis noch nicht abgelaufen ist (d.h. § 171 Abs. 14 AO ist nicht anzuwenden) (§ 230 Abs. 2 AO).

 

5. Steueroasen-Abwehrgesetz

 

Quellensteuermaßnahmen: Neben der Aufnahme der Register-Fälle, bei denen der Vergütungsschuldner in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet ansässig ist, als einen weiteren Quellensteuerabzugstatbestand im Sinne des StAbwG (siehe oben unter Ziffer III.1) wurden Klarstellungen in Bezug auf die bisherigen Quellensteuerabzugstatbestände normiert (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 StAbwG). Dies betrifft insbesondere Einkünfte aus Finanzierungsbeziehungen sowie aus Versicherungs- oder Rückversicherungsprämien, die natürliche Personen, Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen erzielen, die in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet ansässig sind.

6. Bewertungsgesetz

 

Feststellungserklärung nach § 153 BewG: Erklärungen zur gesonderten Feststellung (z.B. von Grundbesitzwerten, des Werts des Betriebsvermögens sowie des Werts von nicht börsennotierten Anteilen an Kapitalgesellschaften) können künftig – mit Ausnahme von Fällen unbilliger Härte – nur noch elektronisch abgegeben werden (§ 153 Abs. 4 BewG). Das BMF wird dazu ermächtigt, den Beginn der Pflicht zur elektronischen Abgabe und weitere Einzelheiten festzulegen.

7. EU-Energiekrisenbeitrag

 

Aufgrund der Einführung des sog. EU-Energiekrisenbeitrags werden die in den Wirtschaftsjahren 2022 und 2023 entstandenen Übergewinne von Unternehmen der Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriewirtschaft einer zusätzlichen Besteuerung unterworfen. Betroffen sind Unternehmen, die 75 % ihres Umsatzes durch die in der Verordnung (EG) Nr. 1893/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates genannten Wirtschaftstätigkeiten in den Bereichen Extraktion, Bergbau, Erdölraffination oder Herstellung von Kokereierzeugnissen erzielen. Der EU-Energiekrisenbeitrag wird rückwirkend für erste nach dem 31. Dezember 2021 beginnende sowie das darauffolgende volle Wirtschaftsjahr erhoben (§ 3 Abs. 2 EU-EnergieKBG). Er beträgt 33 % auf den Teil des Gewinns des jeweiligen Wirtschaftsjahrs, der um mehr als 20 % oberhalb des durchschnittlichen Gewinns der Jahre 2018 bis 2021 liegt (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EU-EnergieKBG).