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Internationaler Handel unter Trump 2.0

12.11.2024

Am Mittwoch, den 5. November 2024, gewann Donald Trump die US-Präsidentschaftswahlen 2024. Seine Rückkehr ins Weiße Haus wird voraussichtlich weitreichende Folgen für die USA und die Weltpolitik, aber ebenso für den internationalen Handel haben. Die nachfolgende Analyse untersucht, was die EU und die EU-Industrie von „Trump 2.0“ erwarten kann.

Bereits in seiner ersten Amtszeit verfolgte US-Präsident Trump eine „America First“-Politik, welche die nationalen wirtschaftlichen Interessen der USA in den Vordergrund stellte. Für den internationalen Handel schlug sich diese Politik im Zusammenbruch des WTO-Berufungsgremiums, der Neuverhandlung des NAFTA (das in USMCA umbenannt wurde) und einem Handelskrieg unter anderem mit China nieder. Die zweite Amtszeit von Donald Trump wird nicht nur an seine erste Amtszeit anknüpfen, sondern voraussichtlich noch stärker auf die einseitigen Interessen der USA ausgerichtet sein, was laut Experten zu einer Vielzahl an protektionistischen Maßnahmen führen wird.

Handel unter Trump: Was wir bisher wissen

Bereits während seines Wahlkampfes kündigte Präsident Trump pauschale Zölle in Höhe von 10 bis 20 Prozent auf Importe an. Diese zielen darauf ab, Arbeitsplätze in der verarbeitenden Industrie in die USA zurückzuholen und den Zugang ausländischer Unternehmen zum US-Markt einzuschränken. In den USA kann der Präsident einseitig Einfuhrzölle erheben. Derartige Zölle würden insbesondere die exportorientierten Sektoren der EU wie die Automobil- und Maschinenindustrie stark betreffen.

Darüber hinaus wird Präsident Trump voraussichtlich erneut Zölle auf Stahl und Aluminium einführen. Solche verhängte er bereits 2018 ursprünglich aus Gründen der nationalen Sicherheit in Höhe von 25 Prozent auf Stahl und 10 Prozent auf Aluminium. Nach der Wahl von Präsident Biden handelte die EU ein Stahl- und Aluminiumabkommen aus und schuf den EU-US-Handels- und Technologierat (TTC), ein informelles Forum aus Vertretern der USA und der EU, um die transatlantische Partnerschaft in Bereichen zu fördern, in denen Zusammenarbeit erforderlich ist und eine gemeinsame Basis besteht.

Mit Blick auf China hat Trump angekündigt, Einfuhrzölle von bis zu 60 Prozent auf chinesische Produkte zu erheben. Solche Maßnahmen würden sich indirekt auch auf die EU-Wirtschaft auswirken: Chinesische Unternehmen würden ihre Aufmerksamkeit auf den EU-Markt richten und versuchen, den Verlust von Geschäften mit den USA durch eine Steigerung der Exporte nach Europa auszugleichen, was zu einem intensiveren Wettbewerb mit europäischen Unternehmen führen würde. Darüber hinaus gibt es Anzeichen dafür, dass Präsident Trumps handelspolitische Agenda den Druck auf europäische Technologieunternehmen beinhalten könnte, sich den US-Exportkontrollen oder Sanktionen gegen China anzuschließen.

Instrumentarium der EU, um Trump 2.0 standzuhalten

Die EU-Kommission hat sich in den letzten Monaten auf eine zweite Präsidentschaft Trumps vorbereitet und ihre Handels- und Wettbewerbsexperten beauftragt, die politischen Reaktionen der EU zu prüfen.

Als Trump 2018 erstmals Zölle auf Stahl und Aluminium aus der EU verhängte, reagierte die EU auf einen Teil dieser Zölle mit Vergeltungsmaßnahmen, was nicht zur Entspannung der handelspolitischen Beziehungen beitrug. Darüber hinaus leitete sie ein formelles Streitbeilegungsverfahren gegen die USA bei der WTO ein. Präsident Trump drohte damals zudem damit, Zölle auf EU-Autoexporte zu erheben; dies wurde jedoch nie umgesetzt. Gleichzeitig offenbarte die Situation rechtliche Lücken im Instrumentarium der EU, um auf solche auf einen Zollkrieg abzielende Vorstöße zu reagieren.

Auf die bevorstehende Amtszeit ist die EU mit substanziellen wirtschaftlichen Sicherheitsinstrumenten besser vorbereitet. Diese versetzen die EU nunmehr in die Lage, Gegenmaßnahmen und Vergeltungsinstrumente zu ergreifen, die in den Verhandlungen mit der Trump-Regierung als Druckmittel dienen können.

Zunächst hat sich die EU die Option vorbehalten, kurz nach der Amtseinführung von Präsident Trump im Januar 2025 ebenfalls Zölle auf US-Waren zu erheben. Die EU führte diese Ausgleichszölle, die auf politisch sensible US-Produkte abzielen, erstmals während der ersten Amtszeit von Präsident Trump ein. Sie wurden vorübergehend ausgesetzt, nachdem sich die EU und die USA unter der Biden-Regierung auf ein Stahl- und Aluminiumabkommen geeinigt hatten. Die EU könnte sie als Reaktion auf US-Zölle jedoch schnell wieder einführen.

Zu den verschiedenen Maßnahmen, die als Reaktion auf US-Maßnahmen ergriffen werden können, gehört auch das Instrument gegen Zwangsmaßnahmen („Anti-Coercion Instrument“ – „ACI“), das im Dezember 2023 in Kraft trat. Dieses Instrument ermöglicht es der EU, Zölle und sonstige Handelsbeschränkungen gegen Drittländer zu verhängen, die nach Ansicht der Kommission übermäßigen wirtschaftlichen Druck auf die EU ausüben. Das ACI wurde ursprünglich mit Blick auf Präsident Trump entworfen. Darüber hinaus ist die EU-Kommission befugt, im Rahmen der Verordnung über drittstaatliche Subventionen Vorab-Untersuchungen gegen US-Unternehmen durchzuführen, die in der EU tätig sind und nachweislich in unfairer Weise von US-Subventionen profitieren.

Trotz dieser rechtlichen Instrumente zeichnen sich erneut Handelsspannungen mit den USA ab, die sich insbesondere auf die EU-Industrie und EU-Exporteure negativ auswirken werden. Die Wiederwahl von Präsident Trump erschwert die angespannten Handelsbeziehungen der EU zu China zusätzlich. Erst neulich führte die EU Ausgleichszölle auf chinesische Elektroautos ein. Diesbezüglich befürchten die EU-Autohersteller bereits Gegenmaßnahmen von chinesischer Seite.

Zugleich ist der jüngst bestätigte EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič bestrebt, die transatlantische Zusammenarbeit durch die Förderung des TTC fortzusetzen; er betonte bislang auch, dass die EU nicht an Handelskriegen interessiert sei. Wenngleich sich diese Aussage auf China bezog, kann sie auch als Signal an die USA interpretiert werden.

Trotz der anhaltenden großen Aufgeschlossenheit der EU-Kommission gegenüber den USA müssen sich EU-Unternehmen unter Trump 2.0 auf eine Zeit der Unsicherheit, steigende Kosten im Handel mit den USA und insgesamt angespannte transatlantische Wirtschaftsbeziehungen einstellen.