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Bezahlung russischer Gaslieferungen weiterhin sanktionskonform möglich

01.04.2022

Hintergrund

Am Donnerstag, den 30. März 2022, sprich eine Woche nach der vielbeachteten öffentlichen Ankündigung der neuen russischen Maßnahme, unterzeichnete der russische Präsident Vladimir Putin ein Dekret, welches die Bezahlung von Gaslieferungen ins Ausland neu regelt. Die neuen Regelungen traten am Freitag, den 1. April 2022, in Kraft.

Konkret verplichtet das Dekret als „unfreundliche Staaten“ bezeichnete Länder, also die EU-Mitgliedsstaaten, die USA, das Vereinigte Königreich und alle anderen Staaten, die in Folge des russischen Überfalls auf die Ukraine Finanz- und Wirtschaftssanktionen gegen Russland verhängt haben, dazu, ein Rubelkonto bei der speziell für diesen Zweck autorisierten Gazprombank zu eröffnen und ihre Zahlungen der an sie ergehenden Gaslieferungen darüber abzuwickeln.

Die betroffenen Staaten müssen demnach über diese speziellen Gazprombankkonten, die einen Bereich für Valuta – also US-Dollar oder Euro – und einen für Rubel haben, eine Zahlung in Rubel sicherstellen. Ausdrücklich erlaubt bleibt es weiterhin, in einem ersten Schritt Euro oder US-Dollar auf das russische Konto einzuzahlen. In einem zweiten Schritt erst ist ein Umtausch durch die Gazprombank in Rubel vorgesehen, gefolgt von einer Überweisung an Gazprom als Gaslieferant. Das Wechselkursrisiko trägt Gazprom.

Sanktionsrechtliche Bewertung

Der von russischer Seite angeordnete Mechanismus verstößt auf der EU-Sanktionsebene nicht gegen die derzeitige Rechtslage. Die Gazprombank steht zwar sowohl in den USA als auch in der EU auf Sanktionslisten, ist hierbei allerdings nur für Kapitalmarktbeschränkungen gelistet.

Der Zahlungsverkehr über die Gazprombank hingegen ist derzeit grundsätzlich nicht eingeschränkt, sofern die Zahlungen nicht an Personen oder Unternehmen gehen, für die ein Bereitstellungsverbot verhängt wurde, d. h. ein Verbot, den gelisteten Personen Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen direkt oder indirekt zur Verfügung zu stellen oder zugute kommen zu lassen. Für Gazprom gibt es derzeit kein derartiges Verbot. 

Insofern gilt es festzuhalten, dass durch den neu angeordneten Zahlungsmechanismus die Wirksamkeit der bestehenden Sanktionen zwar beschränkt wird, eine Beteiligung an dem neuen Zahlungsmechanismus allerdings nicht als Verstoß gegen die allgemeinen Umgehungsverbote in den einschlägigen Artikel 9 der Verordnung Nr. 269/2014 und Artikel 12 der Verordnung Nr. 833/2014 zu werten sein dürfte.

Einordnung

Das russische Dekret zur Neuregelung der internationalen Gaszahlungen ist einerseits als gesichtswahrendes Zurückrudern Russlands zu werten. So bleibt es ausdrücklich weiterhin erlaubt, Euro oder US-Dollar auf das russische Konto einzuzahlen, und damit die Gaslieferungen aus Käufersicht in der Währung zu bezahlen, die dafür in den jeweiligen Lieferverträgen vorgesehen ist. In einem zweiten Schritt erst ist vorgesehen, dass die Gazprombank das Geld dann in Rubel umtauscht und den Betrag an Gazprom als Gaslieferant und Endempfänger der Zahlung weiterüberweist, womit gesichtswahrend für Russland ein finaler Zahlungseingang in Rubel sichergestellt ist. Andererseits ist Russland mit dem neuen Mechanismus auch einer möglicherweise drohenden Verschärfung der Sanktionen zuvorgekommen und hat sichergestellt, dass die Bezahlungen seiner Gaslieferungen nicht so leicht blockiert werden können, wie das derzeit bei einer Überweisung in Euro oder US-Dollar über eine europäische Bank möglich wäre.

Unter dem Strich erscheint es somit aus rein rechtlicher Perspektive äußerst unwahrscheinlich, dass es kurzfristig zu einer Einstellung der russischen Gaslieferungen (mangels Bezahlung) kommen könnte. Der Zahlungsverkehr über die Gazprombank ist nicht eingeschränkt. Es kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Banken die Zahlungen an die Gazprombank aus Gründen der Reputation dennoch nicht durchführen werden. Schließlich ist durchaus auch mit der formellen Ablehnung des neuen Zahlungsmechanismus zumindest durch einzelne Staaten zu rechnen, was eine Neubewertung der Situation erfordern könnte.