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Nach Urteil des EuGH: Strenge Anforderungen an Streichpreise

02.10.2024

Am 26. September 2024 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem wegweisenden Urteil (Az. C-330/23) die Möglichkeiten von Unternehmen eingeschränkt, rechtmäßig mit Streichpreisen zu werben. Preisermäßigungen sind, so der EuGH, auf der Grundlage des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage zu berechnen und bekanntzugeben. Die bisherige Praxis, als Grundlage den zuletzt verlangten Preis zu nehmen, hat damit ein Ende.

Worum ging es?

Der Fall drehte sich um die folgende Werbung in einem Aldi-Prospekt:

AldiAldi

Wie im Bild zu sehen, war Grundlage des Streichpreises nicht der niedrigste Preis der letzten 30 Tage (1,29), sondern der zuletzt verlangte Verkaufspreis (1,69). Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg sah darin eine Täuschung der Verbraucherinnen und Verbraucher. Nach Ansicht der Verbraucherzentrale müsse sich der Rabatt auf den niedrigsten Verkaufspreis der letzten 30 Tage beziehen. Aldi-Süd war hingegen der Auffassung, der Preisrabatt dürfe sich auf den zuletzt verlangten Preis beziehen und es genüge den gesetzlichen Vorgaben in § 11 PAngV, wenn der niedrigste Preis der letzten 30 Tage zusätzlich zu Informationszwecken angegeben wird.

Das Landgericht Düsseldorf musste also beantworten, ob es ausreicht, den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage nur im Kleingedruckten anzugeben, während in der Werbung für die hervorgehobene Preisreduzierung – sei es durch prozentuale Angaben oder Begriffe wie "Preis-Highlight" – ein anderer, insbesondere der zuletzt verlangte, höhere Preis als durchgestrichener Preis dargestellt wird.

Die europäischen und deutschen Vorschriften geben keine klaren Vorgaben dazu, wie der "vorherige Preis" bei Preisnachlässen genau anzugeben ist. § 11 PanGV, der Art. 6a der PAnG-RL (Richtlinie (EG) 98/6) umsetzt, spezifiziert nicht die Art und Weise der Darstellung, was auch das LG Düsseldorf feststellte. Ebenso liefern die Erwägungsgründe der Richtlinie keine weiteren Hinweise. Art. 4 Abs. 1 Satz 1 der  fordert lediglich, dass der Verkaufspreis unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein muss, ohne konkrete Vorgaben zur Angabe des Referenzpreises zu machen.

Das LG Düsseldorf legte dem EuGH diese Fragen zur Vorabentscheidung vor.

Die Entscheidung

Der EuGH hat festgestellt, dass Art. 6a Abs. 1 und 2 der PAng-RL verlangt, dass eine Preisermäßigung für ein Erzeugnis, die von einem Händler in Form eines Prozentsatzes oder einer Werbeaussage, die die Vorteilhaftigkeit des angegebenen Preises hervorhebt, auf der Grundlage des "vorherigen Preises" bestimmt werden muss.

Der "vorherige Preis" ist dabei der niedrigste Preis, den der Händler innerhalb eines Zeitraums von mindestens 30 Tagen vor der Anwendung der Preisermäßigung angewandt hat. Es ist also nicht der Preis, der vom Händler zuletzt verlangt wurde.

Es reiche daher nicht aus, den "vorherigen Preis" nur zu nennen, ohne dass er die tatsächliche Berechnungsgrundlage für die Ermäßigung ist. Eine solche Praxis würde dem Zweck der Richtlinie zuwiderlaufen, Verbraucherinformation zu verbessern, was klare und eindeutige Informationen über die Preise und die Berechnungsmethoden der Ermäßigung verlangt.

Der Gerichtshof betonte, dass Händler daran gehindert werden sollen, den Verbraucher irrezuführen, indem sie den angewandten Preis vor der Preisermäßigung erhöhen und damit eine Preisermäßigungen vortäuschen. Eine Auslegung, die es erlaubt, den "vorherigen Preis" als bloße Information zu nennen, ohne ihn als Grundlage für die Ermäßigung zu nutzen, würde diesem spezifischen Ziel zuwiderlaufen.

Folgen für Unternehmen: Was das EuGH-Urteil für Rabattwerbung bedeutet

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs setzt Unternehmen, die mit Preisnachlässen werben, deutlich strengere Grenzen. Vor allem für Rabattaktionen in Handzetteln, Prospekten oder im Online-Verkauf ergeben sich konkrete Änderungen. Bisher war es gängige Praxis, in Sales und Sonderaktionen beispielsweise einen höheren, zuletzt verlangten Preis durchzustreichen und mit einem Rabatt zu werben. Das ist jetzt so nicht mehr möglich.

Ein konkretes Beispiel verdeutlicht das Problem: Angenommen, eine Hose kostet ursprünglich 100 Euro, wird dann im Sale für 80 Euro angeboten und nach dem Sale wieder auf 100 Euro zurückgesetzt. Wenn man anschließend 10 % Rabatt gewähren wollte, konnte man den zuletzt verlangten Preis (hier 100 Euro) als Streichpreis nehmen, um den neuen Rabatt auf 90 Euro bewerben. Dies ist nun nicht mehr möglich, wenn dieser nicht dem niedrigsten Preis innerhalb der letzten 30 Tage entspricht . Streichpreise in solchen Konstellationen sind also faktisch nicht mehr nutzbar.

Für Unternehmen bedeutet das eine massive Einschränkung der bisherigen Rabattstrategien, besonders in Branchen, in denen häufige Preisänderungen üblich sind, wie etwa im Fashion-Bereich. Unternehmen müssen jetzt genau darauf achten, wie sie ihre Rabatte kommunizieren und sicherstellen, dass der beworbene Preisnachlass immer auf dem niedrigsten Preis der letzten 30 Tage basiert.