News

OLG Celle entscheidet über Anforderungen an Schwachlast­tarif nach Konzessions­abgaben­verordnung

06.07.2016

Mit Urteil vom 02.06.2016 (Az. 13 U 21/16 (Kart)) hat das OLG Celle das erstinstanzliche Urteil des LG Oldenburg vom 26.10.2015 (Az. 9 O 242/15) aufgehoben und die Klage eines Lieferanten auf Rückzahlung von Konzessionsabgaben abgewiesen. Die Klägerin biete keinen Schwachlasttarif im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1a) Konzessionsabgabenverordnung (KAV) an, so dass die von ihr gezahlte gemeindegrößenabhängige Tarifkunden-Konzessionsabgabe nach § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1b) KAV nicht überhöht gewesen sei.

Sachverhalt

Die Klägerin beliefert Letztverbraucher über das von der Beklagten betriebene Verteilnetz mit Strom und zahlt der Beklagten als Vergütung für die Nutzung des Stromverteilnetzes Netzentgelte, die auch Konzessionsabgaben nach der KAV enthalten. Die Klägerin bietet Kunden mit einem Zweitarifzähler einen sog. „Nachtstrom/DUO-Tarif“ an. Die Beklagte berechnete der Klägerin für deren Lieferungen im Rahmen des angebotenen Nachtstrom/DUO-Tarifs die normale, gemeindegrößenabhängige Tarifkunden-Konzessionsabgabe in Höhe von 1,32 Cent/kWh bis 1,99 Cent/kWh. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Konzessionsabgaben für Stromlieferungen im Rahmen dieses Tarifs sich nach § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1a) KAV richten müssen und dementsprechend nur 0,61 Cent/kWh betragen, weil es sich bei dem von ihr angebotenen Tarif um einen Schwachlasttarif im Sinne dieser Regelung handle. Mit ihrer Klage hat die Klägerin einen Rückzahlungsanspruch bezüglich der sich insofern ergebenden Differenz zwischen der gezahlten Tarifkunden-Konzessionsabgabe nach § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 b) KAV und der nach ihrer Auffassung zu zahlenden Schwachlast-Konzessionsabgabe nach § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 a) KAV geltend gemacht.

Die Entscheidung des OLG Celle

Das OLG Celle hat einen Rückzahlungsanspruch der Klägerin verneint, da es sich bei dem von der Klägerin angebotenen Tarif nicht um einen Schwachlasttarif im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1a) KAV handelt. Die Beklagte habe die Konzessionsabgaben in der gezahlten Höhe zu Recht vereinnahmt.

Die Konzessionsabgaben berechnen sich nach Auffassung des OLG Celle auch bei den von der Klägerin angebotenen Sonderverträgen nach § 2 Abs. 2 KAV. Dies folge aus § 2 Abs. 7 S. 3 KAV. Danach werden bei der Ermittlung des Jahresverbrauchs Stromlieferungen nach §§ 7 und 9 BTOElt sowie Stromlieferungen im Rahmen von Sonderabkommen für Lieferungen in lastschwachen Zeiten nicht berücksichtigt. Für diese Lieferungen gelten § 2 Abs. 2 Nr. 1a) und § 2 Abs. 3 KAV. Letzterer sei vorliegend jedoch nicht einschlägig.

Die Vorschrift des § 2 Abs. 7 S. 3 Fall 1 KAV erfasse nicht nur die Tarife des Grundversorgers, sondern auch Sonderverträge wie die der Klägerin. Es sei kein Grund ersichtlich, Verträge, die seit der Liberalisierung des Strommarktes von Unternehmen, die keine Grundversorger sind, angeboten werden, insoweit zu privilegieren. Vielmehr sollten Lieferungen im Niederspannungsnetz nach dem Willen des Verordnungsgebers unabhängig von ihrer sonstigen rechtlichen Ausgestaltung als Leistungen an Tarifkunden gelten. Jedenfalls handle es sich bei den von der Klägerin angebotenen allgemeinen Tarifen ersichtlich um keine „Sonderabkommen“, die gesondert, d.h. individuell ausgehandelt werden müssen.

Trotz der missverständlichen Formulierung in § 2 Abs. 7 S. 3 KAV gelte für Lieferungen, die die Grenzwerte des § 2 Abs. 7 S. 1 KAV nicht überschreiten, die Regelung des § 2 Abs. 2 Nr. 1a) KAV und nicht die des Abs. 3 der Vorschrift. Ansonsten liefe der Verweis auf § 2 Abs. 2 Nr. 1a) KAV leer, wenn unter den Begriff „Sonderabkommen“ alle Verträge mit Sondervertragskunden zu fassen wären. Stromversorgungsunternehmen könnten andernfalls stets ohne weiteres eine Verminderung der Konzessionsabgaben erreichen, was der Verordnungsgeber gerade habe vermeiden wollen.

Ein Schwachlasttarif im Sinne von § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1a) KAV ist nach Auffassung des OLG Celle im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben:

Auch nach Außerkrafttreten der BTOElt könne § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1a) KAV nicht dahin verstanden werden, dass es für das Vorliegen eines Schwachlasttarifs genüge, dass - so die Klägerin - innerhalb des Schwachlastfensters ein Tarif angeboten werde, der getrennt vom Hochtarif gemessen und abgerechnet wird und dessen Arbeitspreis nur in irgendeiner Form geringer sein muss als der „Normaltarif“, mithin auch den Bruttopreis betreffen könne. Vielmehr müsse sich die Preisdifferenz, wie die Beklagte vertrete, in einem geringeren Nettopreis niederschlagen. Dafür spreche bereits die Formulierung in § 2 Abs. 2 Nr. 1a) KAV, wonach für Strom, der im Rahmen eines Schwachlasttarifs geliefert wird, Konzessionsabgaben von 0,61 Cent pro KWh zu zahlen sind. Die niedrigere Konzessionsabgabe könne nur Folge und nicht Grund der Preisspreizung sein. Ohnehin liege es fern, dass eine Abgabenvergünstigung bereits dadurch erzwungen werden könne, dass sie in einem „Niedertarif" vorweggenommen werde, was im Ergebnis einen Zirkelschluss beinhalte.

Auch die Verordnungsbegründung zu § 9 BTOElt zeige, dass es bei der Bemessung des Arbeitspreises auf die an den Nettokosten orientierte individuelle Kostensituation des einzelnen Unternehmens ankommen müsse und sich der Schwachlastpreis nicht an den allgemeinen Konzessionsabgaben zu orientieren habe. Durch die Schwachlastregelung sollte in erster Linie der Stromverbrauch in lastschwache Zeiten verlagert werden, um Lastspitzen abzubauen und möglichst zur Einsparung von Kraftwerks- und Netzkapazitäten beizutragen. Dem ausdrücklichen Ziel, einen stärkeren Anreiz für eine Verbrauchsverlagerung in lastschwache Zeiten zu schaffen, wird nach Auffassung des OLG Celle vor allem dadurch Rechnung getragen, dass der Preis nicht nur die günstigere Konzessionsabgabe abbildet, sondern gerade auch die günstigere Kostensituation des Energieversorgers weitergibt. Dabei soll sich das Verbrauchsverhalten der Stromabnehmer in lastschwachen Zeiten zwar positiv auf die Kostensituation des Unternehmens auswirken, Intention des Verordnungsgebers sei es jedoch ersichtlich nicht gewesen, mit der Regelung zugleich eine Gewinnmaximierung der Energieversorgungsunternehmen allein auf Kosten der Gemeinde zu erreichen. Vielmehr sollten den Gemeinden auch in Anbetracht der Energierechtsreform die Konzessionsabgaben erhalten bleiben, obgleich sich der Anspruch künftig gegen mehrere Energieversorgungsunternehmen richtete.

Dass sich die Preisdifferenz in einem geringeren Nettopreis niederschlagen müsse, bestätige auch der Vergleich mit der vor Erlass der KAV geltenden KAE. Gem. § 2 Abs. 1b KAE wurde die Höhe der Konzessionsabgaben allein durch das prozentuale Verhältnis zwischen den eingenommenen Entgelten und der Größe der Gemeinde bestimmt. Je geringer der Stromtarif war, desto geringer fiel folglich auch die Konzessionsabgabe aus. Mithin konnte erst ein günstigerer Nettotarif die Abgabenprivilegierung auslösen. An der Anknüpfung an den Nettopreis, der dann mit einer günstigen Abgabe belegt wurde, hat sich nach Ansicht des OLG Celle durch die Einführung von Festbeträgen in der KAV nichts geändert. Grund dafür sei allein das Abkoppeln der Abgaben von der Preisentwicklung gewesen, um im Interesse der Verbraucher zu verhindern, dass die Konzessionsabgaben durch eine weitere Verteuerung des Stroms noch weiter steigen würden.

Auch § 4 Abs. 2 KAV, nach dem bei Vereinbarung niedrigerer Konzessionsabgaben zwischen Gemeinde und Versorgungsunternehmen die Entgelte für den Netzzugang und die allgemeinen Tarife in dieser Gemeinde entsprechend herabzusetzen sind, stehe dem nicht entgegen. In der Regelung komme - im Gegenteil - der allgemeine Gedanke zum Ausdruck, dass der Verbraucher (und nicht das Energieversorgungsunternehmen) als derjenige, der das Entgelt im Ergebnis zu zahlen hat, in vollem Umfang von gekürzten oder sogar entfallenen Konzessionsabgaben profitieren soll. Dass dies bei der Lieferung von Schwachlaststrom anders sein könnte, sei nicht ersichtlich.

Fazit

Das Urteil des OLG Celle ist begrüßenswert. Es stellt klar, unter welchen Anforderungen ein Schwachlasttarif im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1a) KAV gegeben ist. Eine preisliche Differenzierung im Endpreis genügt dafür nicht. Die niedrigere Konzessionsabgabe setzt das Bestehen eines Schwachlasttarifs vielmehr voraus und kann nicht bloß dessen Folge sein. Dafür bedarf es bereits eines Preisunterschieds im Nettopreis des Schwachlast- und des Hochtarifs.

Bestens
informiert

Jetzt unseren Newsletter abonnieren, um zu aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden zu bleiben.

Jetzt anmelden