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Europäische Kommission verabschiedet Befristeten Beihilferahmen zur Stützung der von Corona-Krise betroffenen Wirtschaft

06.04.2020

***** Update vom 06.04.2020 *****

Am 3. April 2020 hat die Europäische Kommission den „Befristeten Rahmen“, der den beihilferechtlichen Umfang der nationalen Notprogramme für Unternehmen definiert, um neue Maßnahmen ergänzt und um bestehende Unterstützungsformen erweitert. Wir erwarten, dass die Mitgliedsstaaten die neuen Möglichkeiten rasch umsetzen.  

  • Mitgliedsstaaten können Unternehmen bis zu einem Betrag von EUR 800.000 Eigenkapitalmaßnahmen, zinslose Darlehen oder Garantien für Darlehen zur Deckung von 100 % des Risikos gewähren, und 
  • solchen Unternehmen zusätzlich sogenannte De-minimis-Beihilfen gewähren, mit denen die Förderung pro Unternehmen auf bis zu 1 Mio. EUR erhöht werden kann.
  • Zudem können Garantien für größere Darlehen und Zinszuschüsse nunmehr für eine längere Laufzeit als sechs Jahre vereinbart werden. 

Die neuen Maßnahmen betreffen auch: 

  1. Unterstützung für FuE: Mitgliedstaaten können direkte Zuschüsse, rückzahlbare Vorschüsse oder Steuervorteile für FuE gewähren, die der Bekämpfung des Coronavirus und anderer Viren dient. Für grenzüberschreitende Kooperationsprojekte kann ein Bonus gewährt werden.
  2. Unterstützung für den Auf- und Ausbau von Erprobungseinrichtungen: Mitgliedstaaten können direkte Zuschüsse, Steuervorteile, rückzahlbare Vorschüsse und Ausfallgarantien zur Unterstützung von Investitionen gewähren, die den Auf- oder Ausbau von Infrastrukturen ermöglichen, die benötigt werden, um Produkte, die für die Bewältigung des Coronavirus-Ausbruchs gebraucht werden, bis zur ersten gewerblichen Nutzung zu entwickeln und zu erproben. Hierzu gehören Arzneimittel (einschließlich Impfstoffen) und Behandlungen; Medizinprodukte und medizinische Ausrüstung (einschließlich Beatmungsgeräten und Schutzkleidung sowie Diagnoseausrüstung); Desinfektionsmittel; Instrumente für die Datenerfassung und -verarbeitung, die für die Bekämpfung der Ausbreitung des Virus von Nutzen sind. Für grenzüberschreitend unterstützte Investitionsvorhaben kann ein Bonus gewährt werden, wenn sie innerhalb von zwei Monaten nach Gewährung der Beihilfe abgeschlossen werden.
  3. Unterstützung für die Herstellung von Produkten: Mitgliedstaaten können direkte Zuschüsse, Steuervorteile, rückzahlbare Vorschüsse und Ausfallgarantien zur Unterstützung von Investitionen gewähren, die die rasche Herstellung von (oben unter 2. ausgeführten) Produkten für die Bekämpfung des Coronavirus ermöglichen. Ein Bonus kann für grenzüberschreitend unterstützte Investitionsvorhaben gewährt werden, wenn sie innerhalb von zwei Monaten nach Gewährung der Beihilfe abgeschlossen werden.
  4. Steuerstundung und/oder Aussetzung der Sozialversicherungsbeiträge: Um Corona-Krise bedingte Liquiditätsengpässe zu verringern und Arbeitsplätze zu erhalten, können Mitgliedstaaten in den Branchen und Regionen oder für die Arten von Unternehmen, die von dem Ausbruch am härtesten getroffen sind, die Zahlung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen gezielt stunden.
  5. Lohnzuschüsse für Arbeitnehmer: Um Corona-Krise bedingte Auswirkungen auf Arbeitnehmer zu begrenzen, können Mitgliedstaaten einen Beitrag zu den Lohnkosten der Unternehmen in den Branchen oder Regionen leisten, die am stärksten unter dem Ausbruch zu leiden haben und andernfalls Mitarbeiter entlassen müssten.

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Hintergrund

Die Europäische Kommission hat am 19. März 2020 nach Konsultationen mit den Mitgliedstaaten in Rekordzeit einen „Befristeten Rahmen“ für staatliche Beihilfemaßnahmen verabschiedet, der den Umfang für die weitreichenden Notprogramme der Mitgliedstaaten für Unternehmen umschreibt. Bereits wenig später hat die Kommission die ersten nationalen Programme, u.a. in Deutschland und Frankreich, genehmigt.

Alle nationalen Notprogramme, die in den Anwendungsbereich des Befristeten Rahmens fallen, müssen mit den Bedingungen dieses Beihilferahmens in Einklang stehen, wenn individuelle Genehmigungen der Kommission nicht erforderlich sein sollen. Mitgliedstaaten haben mithin wenig Spielraum, nationale Programme in Abweichung des Befristeten Rahmens einzuführen. Die im Befristeten Rahmen geltenden Bedingungen werden somit regelmäßig auch für Unternehmen gelten, denen empfohlen werden kann, ihre Hausbanken zu konsultieren, und die für die nationale Förderung notwendigen Informationen beizubringen. Es wird erwartet, dass die nationalen Fördermaßnahmen nun sehr schnell umgesetzt werden können.

Fördermaßnahmen

Direkte Zuschüsse, rückzahlbare Vorschüsse und Steuervorteile

Unternehmen können bis zum 31. Dezember 2020 bis zu EUR 800.000 in Form von Direktzuschüssen, zurückzahlbaren Vorauszahlungen, Steuer- oder Zahlungserleichterungen erlangen (andere Regeln und geringere Förderbeträge gelten für die Sektoren Agrarwirtschaft, Fischerei und Fischwirtschaft).

Staatliche Garantien für von Unternehmen in Anspruch genommene Bankdarlehen

Mitgliedstaaten können Darlehensgarantien mit einer Laufzeit von maximal sechs Jahren gewähren. Die Absicherung darf bis zu 90% der Darlehenssumme betragen mit der Maßgabe, dass Ausfälle anteilig und unter gleichen Bedingungen vom Kreditinstitut und vom Staat getragen werden, oder bei einer Absicherung von bis zu 35% mit der Maßgabe, dass Ausfälle zunächst vom Staat getragen werden und erst anschließend vom jeweiligen Kreditinstitut getragen werden.

Die Garantieprämien werden auf niedrige Niveaus abgesenkt. Für länger laufende Kredite darf der Betrag des Darlehens bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten (z.B.: das Doppelte der jährlichen Lohnsumme des Begünstigten, 25% des Gesamtumsatzes des Begünstigten im Jahr 2019). Die Garantie kann sich auf Betriebsmittel und Investitionen beziehen.

Zinszuschüsse für Darlehen

Mitgliedstaaten können Zinszuschüsse für maximal sechs Jahre gewähren. Die Darlehen können zu ermäßigten Zinssätzen gewährt werden, die mindestens dem am 1. Januar 2020 geltenden Basiszinssatz (IBOR für ein Jahr oder gleichwertig, wie von der Kommission veröffentlicht) zuzüglich einer laufzeitabhängigen Kreditrisikomarge entsprechen. Auch hier gelten bestimmte Grenzwerte (Darlehen darf das Doppelte der jährlichen Lohnsumme des Begünstigten nicht übersteigen oder 25% des Gesamtumsatzes des Begünstigten im Jahr 2019). Die Kredite können sich auf Betriebsmittel und Investitionen beziehen.

Für staatliche Garantien und Zinszuschüsse gilt, dass begünstigte Unternehmen nicht bereits am 31. Dezember 2019 in Schwierigkeiten gewesen sein (gemäß Definition der Freistellungsverordnung Nr. 651/2014, z.B. Eröffnung des Insolvenzverfahrens, bestimmte Finanzkennziffern). Das Bestreben der Kommission, Beihilfen nur auf Folgen der Corona-Krise anzuwenden, wird hier Unternehmen den Zugang zu Fördermaßnahmen versperren, die sich bereits in der Sanierung auf einem guten Weg befunden haben. Da solchen Unternehmen nach diesem Rahmen praktisch jede Sanierungschance genommen wird, bleibt abzuwarten, ob die Kommission Förderprogramme aufgrund anderer Rechtsgrundlage akzeptieren wird oder eine Reihe von Insolvenzen zu befürchten sind.

Kurzfristige Exportkreditversicherungen

Für marktfähige Risiken können nunmehr Mitgliedstaaten unter bestimmten Voraussetzung Deckung anbieten.

Geltung

Der Befristete Rahmen gilt zunächst bis Ende Dezember 2020. Die Kommission wendet den Befristeten Rahmen ab 19. März 2020 für alle Programme und Maßnahmen an, auch wenn Mitgliedstaaten diese bereits vorher der Kommission angemeldet haben.

Fördermittel außerhalb des Befristeten Rahmens/bestehende Fördermaßnahmen

Fördermittel innerhalb bestehender Beihilferahmen bleiben vom Befristeten Rahmen un-berührt und können weiter ausgegeben werden; gleiches gilt für grundsätzlich nach der Freistellungsverordnung Nr. 651/2014 erlaubte Beihilfen. Weiterhin können Mitgliedstaaten innerhalb des bestehenden Rahmens für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen (Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (2014/C 249/01) der Kommission Förderprogramme anmelden.

Mitgliedstaaten können zudem außerhalb des Befristeten Rahmens Rettungsbeihilfen zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen an Unternehmen in besonders von der Corona-Krise betroffenen Sektoren wie z.B. Transport, Tourismus, Kultur, Gastgewerbe, Handel und Veranstalter. Insbesondere für Airlines ist wichtig, dass für diese Fördermaßnahmen das für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen geltende Prinzip der einmaligen Beihilfe nicht gilt. Unterstützungsmaßnahmen für Banken, die wegen der Corona-Krise selbst Beihilfen benötigen, fallen nicht unter den Befristeten Rahmen und unter andere existente Beihilferegularien (mit entsprechenden Beschränkungen) für den Bankensektor; die Kommission wird hier eine andere Genehmigungsgrundlage anwenden.

Einen ausführlichen Text zu dem "Befristeten Beihilferahmen" finden Sie hier.