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UPC-Kammern und Standorte: Wo kann ich welche Klage erheben?

14.04.2023

Ab dem 01.06.2023 sind Klagen vor dem Einheitlichen Patentgericht (UPC) möglich. Soweit kein Opt-Out greift und Streitgegenstände nicht bereits vor mitgliedstaatlichen Gerichten anhängig sind, kann das UPC Streitigkeiten zu Einheitspatenten und Europäischen Patenten entscheiden (siehe unsere Beiträge vom 21.03.2023 und 27.03.2023).
Aber welche Gerichtsstände bietet das UPC den Klägern und wonach richtet sich, welche Kammer des UPC jeweils zuständig ist? Diesen Fragen widmet sich der folgende Beitrag.

I. Von Paris und München bis Helsinki: Kammern des UPC in erster Instanz

Das UPC besteht aus Lokal- und Regionalkammern sowie einer Zentralkammer. Die Zentralkammer hat ihren Sitz in Paris und verfügt über eine Abteilung in München. Eine weitere Abteilung, ursprünglich für London vorgesehen, soll Brexit-bedingt gegebenenfalls in Mailand eröffnet werden.

Lokal- und Regionalkammern finden sich indes in fast allen UPC-Mitgliedstaaten. Es gibt in der Regel eine Lokal- oder Regionalkammer pro Mitgliedsstaat. Die maximale Anzahl von insgesamt vier Lokalkammern hat allein Deutschland erhalten: Dort sind Klagen sowohl in Düsseldorf, München, Mannheim als auch Hamburg möglich. Weitere Lokalkammern finden sich in Brüssel, Den Haag, Helsinki, Kopenhagen, Lissabon, Ljubljana, Mailand, Paris und Wien; hinzu kommen Regionalkammern wie die skandinavisch/baltische in Stockholm mit Tagungsorten in Riga, Tallinn und Vilnius.

Der Struktur und den Aufgaben des Gerichts entsprechend sind die Kammern des UPC immer multinational und oft auch interdisziplinär besetzt, also nicht nur mit rechtlich qualifizierten, sondern – wie das deutsche Bundespatentgericht – auch mit technisch qualifizierten Richtern. Die sachliche Zuständigkeit für Verletzungsverfahren (auch für Nichtigkeitswiderklagen) liegt grundsätzlich bei den Lokal- und Regionalkammern. Diese Kammern können auch ohne technisch qualifizierten Richter entscheiden. Ausnahmslos auch mit technisch qualifizierten Richtern besetzt ist demgegenüber die Zentralkammer. Dies korrespondiert mit der sachlichen Zuständigkeitsverteilung: Da die Zentralkammer über Auffangzuständigkeiten für Fragen des Rechtsbestands von Patenten verfügt, wird bei ihr technischer Sachverstand in besonderem Maße bereitgehalten.

II. Welche Kammern sind für Verletzungsklagen zuständig?

Kläger können nach dem Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht (UPCA) regelmäßig aus einer Reihe örtlich zuständiger Kammern wählen:

  1. Örtlich zuständig ist nach Art. 33 Absatz 1 lit. a) UPCA zunächst die Lokal- oder Regionalkammer für den UPC-Mitgliedstaat, in dem die Patentverletzung erfolgt ist.
  2. Hat der Beklagte seinen Sitz in einem (anderen) UPC-Mitgliedstaat, kann der Kläger nach Art. 33 Absatz 1 lit. b) UPCA aber auch bei der für diesen Mitgliedsstaat zuständigen Kammer klagen.
  3. Ist die Patentverletzung in einem UPC-Mitgliedstaat erfolgt, ohne dass der Beklagte einen Sitz in einem UPC-Mitgliedstaat hat, kann der Kläger nach Art. 33 Absatz 1 Unterabsatz 2 UPCA die Zentralkammer anrufen
  4. Erfolgte die Patentverletzung in einem UPC-Mitgliedstaat ohne Lokal- oder Regionalkammer (z.B. in Bulgarien oder Malta) und hat der Beklagte keinen Sitz in einem Mitgliedstaat mit UPC-Kammer, ist nach Art. 33 Absatz 1 Unterabsatz 3 UPCA immer die Zentralkammer zuständig.

III. Welche Kammern sind für Nichtigkeitsklagen zuständig?

Bei der Entscheidung über den Rechtsbestand ist zwischen isolierten Nichtigkeitsklagen und Widerklagen auf Nichtigerklärung zu unterscheiden:

  1. Für isolierte Nichtigkeitsklagen ist nach Art. 33 Absatz 4 Satz 1 UPCA grundsätzlich die Zentralkammer zuständig.
  2. Über eine Widerklage auf Nichtigerklärung kann nach Art. 33 Absatz 3 lit. a) UPCA diejenige Lokal- bzw. Regionalkammer entscheiden, die über die bereits anhängige Verletzungsklage entscheidet.
  3. Alternativ können die Lokal- und Regionalkammern die Widerklage auf Nichtigerklärung oder (mit Zustimmung der Parteien) das gesamte Verfahren nach Art. 33 Absatz 3 lit. b) bzw. c) UPCA an die Zentralkammer verweisen.

Mit diesen Varianten bietet das UPC erhebliche Vorteile in der Verfahrensgestaltung. Neben einer grundsätzlich einheitlichen Entscheidung von Rechtsbestands- und Verletzungsfragen wirbt das UPC zudem mit einem schnellen Verfahren. Ausweislich seiner Verfahrensregeln soll das UPC binnen eines Jahres nach Klageerhebung eine erstinstanzliche Entscheidung treffen können. Damit die regelmäßig zuständigen Lokal- und Regionalkammern diesem Anspruch auch bei technisch komplexen Sachverhalten gerecht werden können, haben sie die Möglichkeit, sich einen technisch qualifizierten Richter zuweisen zu lassen – ein weiterer Vorteil gegenüber den oftmals rein juristisch besetzten Patentstreitkammern vieler Mitgliedstaaten.