News

Ein Jahr „full enforcement“ der EU Foreign Subsidies Regulation

Competition Outlook 2025

29.01.2025

Seit über einem Jahr finden die Notifizierungspflichten für M&A-Transaktionen und öffentliche Vergabeverfahren sowie die Möglichkeit der Ex-officio-Einleitung von Verfahren nach der Verordnung (EU) 2022/2560 zur Kontrolle drittstaatlicher Subventionen (Foreign Subsidies Regulation – „FSR“) Anwendung. Ob eine M&A-Transaktion die Notifizierungspflicht auslösen könnte, lässt sich mit dem „FSR-Checker“, einem Legal-Tech-Tool von Noerr, prüfen. Ziel der FSR ist es – zur Schaffung eines „level playing field“ –, Wettbewerbsverzerrungen auf dem europäischen Binnenmarkt infolge drittstaatlicher Subventionen zu verhindern. 

Die Europäische Kommission richtete für die FSR innerhalb der Generaldirektion Wettbewerb eigens eine „Direktion K“ ein. Zum Stichtag Ende September 2024 gab es mehr als 100 M&A-Transaktionsanmeldungen sowie über 1.300 Notifizierungen in über 230 öffentlichen Vergabeverfahren. Diese Zahlen überstiegen die ursprünglichen Erwartungen erheblich, da für die formellen Schwellenwerte keine Subventionen, sondern finanzielle Zuwendungen (d. h. auch marktkonforme Geschäfte) relevant sind. Die Europäische Kommission leitete bereits sechs eingehende Prüfungen ein, davon zwei ex officio, einschließlich einer unangekündigten Durchsuchung (Dawn Raid). 

Auch wenn die FSR unabhängig von Drittstaat und Sektor angewendet wird, lag ein Schwerpunkt auf chinesischen Unternehmen sowie auf Sektoren von strategischer Bedeutung für die Politikziele der EU wie u. a. Infrastruktur und Energie. Der Fokus der Europäischen Kommission wird voraussichtlich auch weiterhin auf chinesischen Unternehmen liegen. Allerdings können Unternehmen hierauf Einfluss nehmen, indem sie sich proaktiv an die Europäische Kommission wenden, wie es beispielsweise Unternehmen im Windkraftbereich sowie jüngst der französische Energiekonzern EDF taten. 

Erste Erkenntnisse zum materiellen Prüfungsmaßstab von M&A-Transaktionen, welcher sich vor dem Hintergrund des EU-Beihilferechts erwartungsgemäß klar vom Prüfungsmaßstab der Fusionskontrolle unterscheidet, konnten aus der ersten eingehenden Prüfung einer M&A-Transaktion gewonnen werden. Diese betraf den unter Auflagen freigegebenen Erwerb des portugiesischen Telekommunikationsunternehmens PPF Telecom Group B.V. durch die Emirates Telecommunications Group (staatlich kontrollierter Telekommunikationsanbieter aus den VAE). Die Europäische Kommission prüfte, ob drittstaatliche Subventionen den Wettbewerb in dem Markt, auf dem die kombinierte Einheit nach dem Zusammenschluss tätig ist, (potenziell) negativ beeinflussen. Ersichtlich wurde außerdem, dass die Europäische Kommission unbegrenzte drittstaatliche Garantien besonders kritisch sieht. Diese hätten u. a. die Fähigkeit der kombinierten Einheit zur Finanzierung ihrer Tätigkeiten im europäischen Binnenmarkt künstlich verbessert und nach Abschluss der Transaktion zu einer Verzerrung des Wettbewerbs führen können. Sie mussten daher als Teil der Auflagen aufgegeben werden. 

Insgesamt bleibt die Auslegung der materiellen Prüfkriterien durch die Europäische Kommission aber mangels veröffentlichter Entscheidungspraxis noch vage. Mit Spannung werden daher die entsprechenden Guidelines erwartet. 

Auch 2025 ist zu erwarten, dass die Europäische Kommission ihre FSR-Instrumente umfassend nutzen wird. Sowohl der von Mario Draghi verfasste Draghi-Report als auch der Mission Letter an die neue Wettbewerbskommissarin Teresa Ribera sieht vor, die FSR energisch zur Unterstützung der Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit durchzusetzen. Umso mehr gilt, dass Unternehmen die für FSR-Verfahren notwendigen Daten bereithalten, zur Sicherstellung ihrer eigenen „M&A-Readiness“, und um auf mögliche Dawn Raids vorbereitet zu sein.

Dieser Artikel ist Teil des Competition Outlook 2025. Alle Artikel des Competition Outlooks finden Sie hier.