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Logistikverträge

Rechtsprechungsausblick im Logistik- und Transportrecht

12.02.2025

Auch im Jahr 2024 beschäftigten sich die Gerichte verschiedenster Instanzen mit spannenden Fragen des Logistik- und Transportrechts. Von Fragen hinsichtlich der Zuständigkeit über das anwendbare Haftungsregime bis zu Grundlage und Umfang der Haftung bei Schäden finden sich viele für die Praxis relevante Entscheidungen.

Ersparte Aufwendungen nach Stornierung des Beförderungsvertrages

Ein Luftverkehrsunternehmen muss sich bei Nichtantritt des Fluges auch ersparte Aufwendungen gem. § 648 Satz 2 BGB anrechnen lassen (BGH, Urt. v. 01.08.2023 − X ZR 118/22). Dies gilt unabhängig davon, ob es diese in die Kalkulation des Endpreises überhaupt einbezogen oder dem Besteller offengelegt hat. Etwas anderes ergebe sich weder aus dem Wortlaut noch Sinn und Zweck der Norm. Ein Personenbeförderungsvertrag unterliegt den Vorschriften über den Werkvertrag. Damit kann ein Fluggast nach § 648 Satz 1 BGB den Beförderungsvertrag jederzeit – auch konkludent durch Nichtantritt des Fluges – kündigen. Auch aus den unionsrechtlichen Regeln über die Festlegung und Angaben von Flugpreisen für innergemeinschaftliche Flugdienste (VO (EG) Nr. 1008/2008) ergebe sich keine abweichende Beurteilung, da diese lediglich die Preiskalkulation und deren Offenlegung gegenüber dem Fluggast, nicht aber die beiderseitigen Rechte und Pflichten nach Gebrauch des Kündigungsrechtes regeln.

Wirksamkeit einer Gerichtsstandsklausel im Konnossement

Der Gerichtshof der Europäischen Union (Urt. v. 25.04.2024 − C-345/22, C-346/22, C-347/22) bestätigte seine bisherige Rechtsprechung, wonach eine in einem Konnossement enthaltene, zwischen dem Befrachter und dem Verfrachter wirksam abgeschlossene Gerichtsstandsvereinbarung einem Drittinhaber auch ohne dessen Zustimmung entgegengehalten werden kann, wenn dieser nach dem anwendbaren nationalen Recht durch den Erwerb des Konnossements in sämtliche Rechte und Pflichten einer der ursprünglichen Vertragsparteien eingetreten ist. Ist der Drittinhaber indessen nicht wirksam in die Position des Befrachters eingetreten, gelte die Gerichtsstandsvereinbarung ihm gegenüber nur dann, wenn er ihr zugestimmt habe. Eine nationale Regelung, die vorsieht, dass einer Gerichtsstandsklausel in einem Konnossement eine Drittwirkung nur unter der zusätzlichen Voraussetzung zukommt, dass sie mit dem Dritten einzeln und gesondert ausgehandelt wurde, sei unionsrechtswidrig.

Beweislast bei voreilig vernichteten vermeintlich kontaminierten Lebensmitteln

Nach dem Landgericht Bückeburg (Urt. v. 19.11.2024 – 3 O 3/22) führe allein der Umstand, dass sich Personen (Flüchtlinge) mutmaßlich über einen längeren Zeitraum unbefugt im Inneren des Lkw aufgehalten haben, für sich genommen noch nicht dazu, dass ohne Weiteres von einer Kontamination (etwa Gerüche, Übertragung von Schädlingen) verpackter Lebensmittel ausgegangen werden könne, wenn der bloße Verdacht ohne großen Aufwand hätte ausgeräumt werden können, die Lebensmittel aber ohne vorherige Überprüfung umgehend vernichtet wurden. Dies gelte unabhängig davon, dass offenbar alle Beteiligten davon ausgingen, die Ware müsse vernichtet werden.

Einordnung des Haftungsregimes bei Verladeschäden im Rahmen eines multimodalen Transports

Die Frage, ob das Haftungsregime des Landfrachtrechts oder das des Seefrachtrechts bei einem während des Umschlags auf einem Hafengelände entstandenen Schaden zur Anwendung kommt, beantwortet das Oberlandesgericht Bamberg (Beschluss v. 02.02.2024 − 3 U 114/23) dahingehend, dass das Ein- und Ausladen im multimodalen Transport grundsätzlich immer der Teilstrecke desjenigen Beförderungsmittels zuzuordnen sei, welches gerade be- bzw. entladen werde. Denn das Ein- und Ausladen eines Gutes sei als Annex zur vorhergehenden oder anschließenden Beförderung anzusehen.

Zur internationalen Zuständigkeit bei einer Beförderung nach der CMR

Das Oberlandesgericht Hamm (Urt. v. 21.12.2023 – 18 U 127/23) entschied, dass Verträge nach deutschem Recht auszulegen seien, wenn die Parteien abweichend von Art. 5 Rom I-VO die Anwendung von deutschem Recht vereinbaren. Ergibt eine Auslegung nach deutschem Recht aber, dass der CMR-Gerichtsstand ausgeschlossen wird, liegt ein Verstoß gegen Art. 31 Abs. 1 Satz 1 CMR vor, der nur die internationale Zuständigkeit zusätzlicher Vertragsstaaten erlaube. Damit sei die Vereinbarung nach Art. 41 Abs. 1 Satz 1 CMR aber unwirksam, womit letztlich die nach der CMR vorgesehenen Zuständigkeiten einschlägig seien. Die rein rechtliche Vereinbarung eines fiktiven Erfüllungsortes begründe keinen weiteren Gerichtsstand.

Zum Umfang der Vermutung des § 429 Abs. 2 S. 2 HGB über die Kosten zur Schadensminderung und Schadensbehebung

Nach Ansicht des Landgerichts Bremen (Urt. v. 09.01.2024 – 11 O 196/20) sind neben Reparaturkosten auch die Kosten der Organisation sowie Durchführung einer Schadensbehebung einschließlich der Ermittlung des Schadensausmaßes wie Gutachter-, Wasch- und Handlingkosten gemäß § 429 Abs. 2 HGB als ersatzfähige Kosten bei einem Transportschaden anzuerkennen, da sie ebenso notwendig seien, um die durch einen Schaden betroffenen Güter wieder in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen.

Zur Haftung des Lagerhalters für Inventurabweichungen

Das Landgericht Bad Kreuznach (Urt. v. 12.09.2024 – 2 O 114/23) stellte in einem Schadensersatzprozess eines Weinhändlers gegen einen Lagerhalter eine grob fahrlässige Verletzung vertragswesentlicher Pflichten des Lagervertrages fest. Der Lagerhalter übernahm vertraglich für den Weinhändler Wareneingang, Lagerung und Versand der Waren.

Obwohl bei einer ersten Inventur unerklärliche Inventurabweichungen auftauchten und ca. 50 der vom Weinhändler bei dem Lagerhalter eingelagerten Flaschen verschwanden, ergriff der Lagerhalter keine Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Schäden. Als bei einer weiteren Inventur erneut einige der eingelagerten Flaschen fehlten, wofür der Weinhändler Schadensersatz verlangte, bejahte das Landgericht ein qualifiziertes Verschulden des Lagerhalters und lehnte, aufgrund der Ziffer 27.2 der ADSp 2017, ein Eingreifen der – grundsätzlich wirksam einbezogenen – Haftungsbeschränkung der Ziffer 24.1 der ADSp 2017 ab, weswegen der Lagerhalter voll für die bei der zweiten Inventur fehlenden Flaschen hafte.

Dieser Artikel ist Teil des "Update Commercial 2025". Alle Beiträge und den gesamten Report als PDF finden Sie hier.