News

Neue EU-Verordnung soll Methan­aus­stoß des Energie­sektors reduzieren

07.08.2024

Am 05.08.2024 ist die EU-Methanverordnung (Verordnung 2024/1787 vom 13. Juni 2024 über die Verringerung der Methanemissionen im Energiesektor und zur Änderung der Verordnung 2019/942) in Kraft getreten. Ein Drittel der Klimaerwärmung geht auf den weltweiten Methanausstoß zurück. Methan hat zwar eine kürzere Verweildauer in der Erdatmosphäre, der durch Methanausstoß verursachte Treibhauseffekt ist jedoch deutlich stärker als der von CO2. Die Methanmenge in der Atmosphäre ist im vergangenen Jahrzehnt weltweit stark angestiegen. Laut Bericht des von der UN eingesetzten Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) ist bis 2030 eine starke Verringerung der anthropogenen Methanemissionen erforderlich, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.

Als Teil des Maßnahmenpakets „Fit for 55“, insbesondere der Methanstrategie der EU-Kommission, soll die nun in Kraft getretene EU-Methanverordnung den Methanausstoß des Energiesektors eindämmen. Gemäß ihrer Methanstrategie wird die Union mit ihren Energiepartnern und anderen wichtigen Einfuhr- und Ausfuhrdrittländern fossiler Energie zusammenarbeiten, um Methanemissionen weltweit zu bekämpfen. So soll die von der EU eingegangene Verpflichtung, die Methanemissionen kollektiv weltweit bis zum Jahr 2030 um 30% gegenüber dem Stand von 2020 zu senken („Global Methane Pledge“), erreicht werden. Mehr als hundert Länder, auf die jedoch nur die Hälfte der weltweiten anthropogenen Methanemissionen entfallen, haben sich dieser Global Methane Pledge bereits angeschlossen.

Rund 19% aller Methanemissionen entfallen nach Angaben der Europäischen Umweltagentur auf den Energiesektor. Nach dem Landwirtschaftssektor (53 %) und dem Abfallsektor (26 %) ist der Energiesektor damit der drittgrößte Verursacher von Methanemissionen. Zwar galten die für das Jahr 2030 festgelegten Treibhausgasemissionsreduktionsziele der EU und die verbindlichen nationalen Reduktionsziele (Verordnung EU 2021/1119 und EU 2018/842) auch für Methanemissionen, jedoch gab es bisher keinen europäischen Rechtsrahmen, der spezifische Maßnahmen zur Verringerung von anthropogenen Methanemissionen im Energiesektor vorsah. Diese Lücke wird nun durch die Methanverordnung geschlossen.

Die EU-Methanverordnung sieht für den Energiesektor eine Reihe von Handlungs-, Kontroll- und Dokumentationspflichten für Unternehmen im Öl-, Gas- und Kohlesektor (sowohl von aktiven obertätigen und untertätigen Kohlebergwerken als auch von stillgelegten und aufgegebenen untertätigen Kohlebergwerken) vor. Daneben gelten Vorgaben hinsichtlich solcher Methanemissionen, die mit dem Import von Rohöl, Erdgas und Kohle, die in der Union in Verkehr gebracht werden, zusammenhängen.  

Vorgaben für den Energie­sektor

I. Regelmäßige Quantifizierung, Messung und Überwachung von Methanemissionen

Nach der EU- Methanverordnung sind Öl-, Gas- und Kohleunternehmen verpflichtet, ihre Methanemissionen entlang der gesamten Lieferkette zu messen, zu überwachen und Prüfberichte an die, von den Mitgliedstaaten noch zu benennenden zuständigen Behörden zu melden. Insbesondere werden Unternehmen gemäß der EU-Methanverordnung verpflichtet, die Methanemissionen an der Quelle und auf Standortebene quantifizieren und einen Methanemissionsbericht vorzulegen, der von einer unabhängigen Prüfstelle bewertet wurde. Diese Pflicht zur Erstellung eines Methanemissionsberichts gilt bereits ab dem Jahr 2026!

II. Überwachung und Reparatur von Leckagen

Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas, sodass insbesondere Erdgasunternehmen häufig einen hohen Methanausstoß haben, der vielfach durch Leckagen bedingt ist. Die EU-Methanverordnung legt nun strengere Anforderungen an LDAR-Untersuchungen (Leak Detection and Repair-Untersuchungen) fest. Betreiber sind verpflichtet, bereits bis August 2025 erste LDAR-Untersuchungen abgeschlossen zu haben und den zuständigen Behörden ein umfangreiches Programm zur Verhinderung von Methanlecks vorzulegen. Daneben sind Inspektionen der relevanten Anlagekomponenten vorgeschrieben, wobei sich die Häufigkeit nach der Art der Anlage und bei Rohrleitungen nach Art des Materials richtet. Auftretende Methanlecks sind nach Entdeckung innerhalb kurzer Fristen unter Einhaltung festgelegter Qualitätsniveaus zu reparieren und weiter zu überwachen. Die konkreten Vorgaben variieren und hängen von der Belegenheit der zu reparierenden Komponenten ab.

III. Beschränkungen für das Ausblasen und Abfackeln

Nach der EU-Methanverordnung soll ferner das vermeidbare, routinemäßige Abfackeln und Ausblasen von Methan verhindert und die Wiederverwendung und Rückgewinnung von Gas begünstigt werden.

Ausblasen, also die direkte Freisetzung von unverbranntem Methan, und routinemäßiges Abfackeln von Methan werden Unternehmen im Öl- und Gassektor grundsätzlich verboten. Abfackeln gilt als routinemäßiges Abfackeln, wenn es während der normalen Förderung von Öl, Gas und Kohle erfolgt, weil für die Wiedereinspeisung des geförderten Gases, dessen Nutzung vor Ort oder dessen Weiterleitung an einen Markt keine geeigneten Anlagen vorhanden sind oder nicht die geeigneten geologischen Bedingungen herrschen. Das routinemäßige Abfackeln und Ausblasen durch Unternehmen im Öl- und Gassektor ist nur bei Vorliegen unvermeidbarer Umstände zulässig, z. B. aus Sicherheitsgründen oder im Falle einer Fehlfunktion der Anlagen. Für Kohlebergwerke gelten das grundsätzliche Verbot des Abfackelns mit einem konzeptionsbedingten Zerstörungs- und Abscheidegrad von weniger als 99% und das Verbot des Ausblasens von Methan aus Gasabsaugsystemen ab Januar 2025. Für das Ausblasen aus Wetterschächten in Kohlebergwerken gelten weitere schrittweise Beschränkungen ab dem Jahr 2027.

Die Abschaffung des routinemäßigen Abfackelns soll die Verfügbarkeit von Erdgas für die Gasmärkte steigern. Ausblasen ist für die Umwelt schädlicher als Abfackeln, weil beim Abfackeln Methan zu CO2 oxidiert, welches ein geringeres Erderwärmungspotenzial aufweist. Sofern keine andere Möglichkeit zur Verfügung steht, wird daher das Abfackeln dem Ausblasen vorgezogen.

IV. Vorgaben für die mit dem Import fossiler Energie­träger verbundenen Methan­emissionen

Die meisten Methanemissionen im Zusammenhang mit in der Union verbrauchter fossiler Energieträger entstehen außerhalb der Europäischen Union. Neben den Anforderungen an die Anlagen innerhalb der Union sieht die EU-Methanverordnung deshalb weitreichende Überwachungs-, Berichterstattungs- und Überprüfungspflichten auch bezüglich der mit dem Import von fossilen Energieträgern verbundenen Methanemissionen vor. Ziel der Verpflichtungen ist es, weitgehende Transparenz für Energieeinkäufe und die damit verbundenen Emissionen zu schaffen. Importeure von Rohöl, Erdgas und Kohle müssen bereits ab 2025 über jährliche Methanemissionen Bericht erstatten. Auf Grundlage der gewonnenen Daten soll von der EU-Kommission bis Februar 2026 eine Methan-Transparenzdatenbank errichtet werden . EU-Importeure müssen ab dem 1. Januar 2027 den Nachweis erbringen dass die Erzeuger außerhalb der Union hinsichtlich Messung, Überwachung, Berichterstattung und Überprüfung von Methanemissionen solche Anforderungen einhalten, die jenen der Verordnung gleichwertig sind. Weiterhin müssen die Erzeuger und Importeure ab dem 5. August 2028 jährlich einen Bericht über die Methanintensität der von ihnen in der Union in Verkehr gebrachten Rohöl-, Erdgas- und Kohleförderung vorlegen. Ab dem 5. August 2030 ist zudem der Nachweis zu erbringen, dass die Methanintensität unterhalb der festgelegten Höchstwerte liegt .

V. Globales Methan-Über­wachungs­instrument und Krisen­reaktions­mechanismus

Darüber hinaus verpflichtet die EU-Methanverordnung die Kommission bis August 2026 zur Einrichtung eines globalen, auf Satellitendaten basierenden Überwachungsinstruments für Methanemissionen, welches als Datengrundlage für bilaterale Dialoge und Strategien dienen soll. Ziel ist es, Daten über große Emissionsquellen und Ereignisse (sog. Super-Emittenten) innerhalb und außerhalb der Union zu sammeln und die Kommission in die Lage zu versetzen, entsprechende Warnungen auszusprechen und Maßnahmen zur Behebung anzufordern.  

Ausblick

Die Mitgliedstaaten sollen nun innerhalb von sechs Monaten die zuständigen nationalen Behörden benennen, die die tatsächliche Einhaltung der getroffenen Regelungen durch die Betreiber, Importeure und unabhängigen Prüfstellen überwachen. Die Zuständigkeit könnte dem Umweltbundesamt übertragen werden. Auf die betroffenen Stellen kommt ein erhöhter Verwaltungsaufwand zu. Zudem enthält die Verordnung keine einheitlichen Sanktionen. Diese sind von den Mitgliedstaaten bis August 2025 festzulegen.

Bezüglich der detaillierten Verpflichtungen der Betreiber von Anlagen innerhalb der EU und der zuständigen Behörden sowie der Importeure fossiler Energien wird die EU-Kommission delegierte Rechtsakte erlassen. Diese werden insbesondere auch Aussagen über die einzuhaltenden Mindestnachweisgrenzwerte und die zu verwendenden Nachweistechniken treffen.

Obgleich Detailfragen in den kommenden Monaten von der EU-Kommission noch zu klären sind, die letztlich weitere ESG-Compliance Herausforderungen mit sich bringen werden, steht bereits jetzt fest, dass auf betroffene Unternehmen ein erhöhter Prüf-, Überwachungs- und Berichtsaufwand zukommen wird. Angesichts der engen zeitlichen Grenzen sollten sich Unternehmen daher bemühen, bereits frühzeitig um einen Umsetzungsprozess bemühen und die personellen und finanziellen Ressourcen bereitstellen, um alle Verpflichtungen nach der EU-Methanverordnung erfüllen zu können.

Bislang gelten die Vorgaben nicht für den Abfall- und Landwirtschaftssektor. Angesichts der globalen Methanreduktionsverpflichtung ist jedoch davon auszugehen, dass künftig neben dem Energiesektor auch die Methanemissionen weiterer Sektoren in den Blick genommen werden.