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Ende der Iran Sanktionen

19.01.2016

Hintergrund

Der 16.01.2016 kann in den wirtschaftlichen Beziehungen zum Iran durchaus als historisch gelten. Die lang erwartete schrittweise Aufhebung des Iran-Embargos hat an diesem Tag begonnen.

Da die Internationale Atom-Energie-Behörde (IAEA) mit ihrem Verifikationsbericht nunmehr bestätigt hat, dass der Iran seine Verpflichtungen aus dem „Joint Comprehensive Plan of Action“ (JCPOA) erfüllt hat, sind die USA und die EU verpflichtet, ihrerseits einen näher definierten Block von Sanktionen aufzuheben.

Der Rat der EU ist dieser Verpflichtung mit Beschluss (GASP) 2016/37 vom 16.01.2016 nachgekommen und hat damit den Geltungsbeginn u.a. auch der Verordnung (EU) 2015/1861 festgelegt, welche die Aufhebung der Sanktionen entsprechend umsetzt und die letztgültige EU-Verordnung Nr. 267/2012 abändert.

 

Was bedeutet das konkret für die EU-Sanktionen?

Viele Beschränkungen der EU-Iran-Sanktionen sind mit dem Implementation Day weggefallen. Dazu gehört etwa:

  • Beschränkungen für Versicherungen sowie den Kapital- und Zahlungsverkehr wie Melde- und Genehmigungserfordernisse;
  • Listung einer Vielzahl wichtiger Personen und Einrichtungen (damit fallen diese nicht mehr unter das Bereitstellungsverbot);
  • Beschränkungen für den Transportsektor;
  • Beschränkungen für Gold, andere wertvolle Metalle, Banknoten und Münzen;
  • Beschränkungen für den Erdöl-, Erdgas- und den petrochemischen Sektor;
  • Beschränkungen für Software (sofern kein nuklearer oder militärischer Bezug oder Nutzen besteht);
  • De-Listing von bestimmten iranischen Personen und Unternehmen.

 

Welche Branchen profitieren?

Abgesehen von den wenigen Sanktionen, die noch bestehen bleiben werden, wie etwa in Bezug auf proliferationsrelevante Güter oder Technologie oder Rüstungsgüter oder mit Bezug auf die derzeit noch gelisteten Personen, ist der Handel mit dem Iran nun wieder weitestgehend legal. Hiervon profitieren insbesondere die folgenden Branchen:

Banken
Eine wesentliche Erleichterung liegt darin, dass nicht gelistete iranische Banken wieder an den SWIFT angeschlossen werden können und der Zahlungsverkehr grundsätzlich wieder freigegeben ist. Die Banken können und werden Zahlungen durchführen. Zahlungstransfers zwischen EU-Unternehmen und nicht gelisteten iranischen Personen und Gesellschaften sind wieder möglich. Die bislang bestehenden Regelungen der Bekanntgabe und Genehmigungen von Zahlungen sind nicht länger anwendbar. In der Praxis bedeutet dies u.a., dass:

  • nicht mehr gelistete iranischen Banken wieder Zweigniederlassungen in der EU gründen dürfen sowie Beteiligungen an EU-Kredit- und Finanzinstitutionen erwerben können;
  • Exportfinanzierungsmaßnahmen wieder zulässig sind;
  • deutsche Unternehmen wieder Leistungen iranischer Banken im Iran (sofern nicht gelistet) in Anspruch nehmen können;
  • Bonds iranischer Banken oder iranische Staatspapiere wieder angeboten und erworben werden dürfen;
  • die Vergabe von Krediten durch deutsche Banken grundsätzlich wieder möglich ist, aber davon abhängt, wie die Regelung zur Rückführung der erheblichen Altschulden definiert wird.

Diejenigen Personen, die vom Implementation Day an „delisted“ sind, haben sofortigen Zugriff auf eventuell eingefrorenes Vermögen. Dies betrifft vor allem eine Reihe iranischer Banken, die bislang gelistet waren. Teheran erhält dadurch Zugang zu eingefrorenen Geldern in Höhe von mindestens 100 Milliarden Dollar.

Einige Banken bleiben aber noch gelistet (z.B. Ansar Bank, Bank Saderat Iran, Bank Sepa, Mehr Bank u.a.).

Versicherungen/Rückversicherung
Von besonderer Bedeutung sind die Auswirkungen auf den Versicherungs-/Rückversicherungssektor. Durch die Aufhebung der ersten Sanktionen ist es wieder möglich, der iranischen Regierung sowie nicht gelisteten Personen und Unternehmen Versicherungen und Rückversicherungsleistungen anzubieten.

Energie
Die Energiebranche profitiert ebenfalls. Geschäfte mit Irans Energiesektor sind wieder gestattet. Ausrüstungen für die Öl- und Gasgewinnung dürfen von deutschen Unternehmen wieder in den Iran geliefert werden. Investitionen in den iranischen Öl- und Gassektor sind von nun an zulässig. Zudem gibt es im Iran eine wachsende Nachfrage nach erneuerbaren Energien.

Maschinen- und Anlagenbau
Die Entwicklungen werden vor allem den Anlagen- und Maschinenbauern einen Aufschwung bescheren. Es sind erhebliche Investionen in diesen Bereich zu erwarten.

Luftfahrt/Automobil
Lieferungen von zivilen Flugzeugen und Ersatzteilen sowie Geschäfte in der Automobilbranche sind nach dem Aufheben der Sanktionen wieder zulässig.

Logistik
Die Stärkung der zuvor genannten Branchen wird den Logistiksektor zusätzlich positiv beeinflussen und die Nachfrage nach entsprechenden Leistungen steigern.

 

Welche Embargos bleiben bestehen?

Doch nicht alle Sanktionen werden gänzlich aufgehoben. Iran-Embargos der EU und USA bzgl. Terrorismus und Menschenrechtsverletzungen haben nach wie vor Bestand. Das Lockern anderer Embargos ist gebunden an spezielle Genehmigungsverfahren: so ist z.B. für die Lieferung von nuklearrelevanten Materialien ein spezielles Genehmigungsverfahren unter Einschaltung des UN-Sicherheitsrates vorgesehen. Hiermit wird auch eine Kanalisierung von Käufen und Verkäufen nuklearen Materials bewirkt.

Auch die Sanktionen bzgl. Waffen und Trägersysteme (Raketentechnologie) bleiben aufrechterhalten. Für bestimmte Metalle und Software ist künftig eine vorherige Ausfuhrgenehmigung erforderlich.

Auch die sonstigen, üblichen Exportkontroll-Vorschriften (wie z.B. Dual Use-Vorschriften) müssen beachtet werden.

 

Bedeutung für US-Sanktionen gegen den Iran

Die Freude über die Aufhebung des Sanktionsregimes insgesamt wird allerdings dadurch etwas getrübt, dass sich die Aufhebung der US-Sanktionen sehr viel komplexer und schwieriger darstellt als der Wegfall der meisten EU-Sanktionen. Dies kann durchaus zur Folge haben, dass die bestehenden Hürden des Irangeschäftes zumindest eingeschränkt weiter bestehen.

Bei den US-Sanktionen ist zu differenzieren zwischen den folgenden Regelungen:

  • Regelgungen, die auf US-Personen anwendbar sind;
  • Regelungen für Tochtergesellschaften von US-Gesellschaften; und
  • Regelungen, die auch für Nicht-US-Personen gelten.

Diesbezüglich hat sich Folgendes getan: Für US-Personen dürfte sich insbesondere auswirken, dass ca. 400 Personen und Einrichtungen von der US-Sanktionsliste gestrichen wurden. Hier ist allerdings zu beachten, dass US-Personen nach wie vor nicht mit solchen Personen oder Einrichtungen Geschäfte tätigen dürfen, die unter die Begriffe „Government of Iran“ oder „Iranian Financial Institution“ fallen.

Erlaubt ist ferner der Import von Teppichen, Pistazien und Kaviar aus dem Iran in die USA. Besondere Regelungen gelten für Tochtergesellschaften von US-Personen, für die die Ausnahmen in General License H (eine Art Allgemeingenehmigung) gelten, die allerdings nur sehr eingeschränkt bestimmte Geschäfte erlaubt.

Die meisten an Nicht-US-Personen gerichteten Verbote wurde aufgehoben, wie etwa die:

  • Verbote von Investitionen im Energie- und petrochemischen Sektor;
  • Beschränkungen für Schiffbau und Hafenbetreiber;
  • Verbote für den Versicherungssektor und nicht zuletzt
  • die für deutsche Unternehmen besonders wichtigen Beschränkungen im Automobilbereich.

 

Ausblick

Das bisher größte Handelshemmnis, nämlich die zurückhaltende Praxis auch der EU-Banken bei der Finanzierung des Irangeschäftes und Durchführung des Zahlungsverkehrs wird sich vermutlich nur langsam ändern, da diejenigen Vorschriften, die den EU-Banken zuletzt immer wieder hohe Strafzahlungen einbrachten, weitestgehend bestehen bleiben. Insbesondere Zahlungen in US-Dollar sind weiterhin verboten. Das US-Finanzsystem bleibt damit vom Iran-Geschäft abgekoppelt.

Faktische Auswirkungen hat auch der Umstand, dass der Iran bislang nicht die US- Vorgaben des Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) umgesetzt hat, ein Gesetz, das das US-Steuer-Reporting von ausländischen Finanzinstitutionen betrifft.

 

Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass vieles legal wird, einige substantielle Beschränkungen, vor allem im Zahlungsverkehr wegfallen, die Lage aber dennoch komplex bleibt. Risiken, die mit der Beibehaltung des Geschäftes, der Fortführung von Verhandlungen oder der Neuaufnahme von Geschäft zusammenhängen, sollten daher nach wie vor abgewogen werden.

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