Bundesverwaltungsamt aktualisiert erneut Fragen und Antworten zum Transparenzregister
- Verschärfung der Meldepflichten in Gruppenstrukturen
- Faktische Vetorechte und Sperrminoritäten bei einer Muttergesellschaft ausreichend für WB-Stellung bei Tochtergesellschaften
Bereits zum dritten Mal in diesem Jahr hat das Bundesverwaltungsamt (BVA) aktualisierte Fragen und Antworten zum Transparenzregister mit Stand 19. August 2020 ("BVA-FAQ 2020/III") veröffentlicht.
Betroffene Gesellschaften
In den BVA-FAQ 2020/III hat das BVA die Ausführungen zur Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten ("WB") bei Veto- oder Widerspruchsrechten grundlegend überarbeitet.
Im Ergebnis bedeutet dies eine erhebliche Verschärfung der Meldepflichten in Gruppenstrukturen, wenn auf Ebene des Mutterunternehmens rechtliche oder faktische Vetorechte oder eine Sperrminorität besteht.
Grundsätzliches zur Ermittlung des WB in mehrstufigen Beteiligungsstrukturen
Das deutsche Geldwäscherecht kennt keine Konzernmeldung des WB zum Transparenzregister. Vielmehr hat in mehrstufigen Beteiligungsstrukturen jede Gesellschaft ihren WB gesondert zum Transparenzregister zu melden.
Zur Ermittlung des WB einer Tochtergesellschaft in mehrstufigen Beteiligungsstrukturen sieht § 3 GwG ein zweistufiges Verfahren vor. Auf erster Stufe sind die Gesellschafter zu ermitteln, die an der Tochtergesellschaft unmittelbar mit mehr als 25% der Kapitalanteile oder Stimmrechte beteiligt sind oder auf vergleichbare Weise Kontrolle auf die Tochtergesellschaft ausüben können (§ 3 Abs. 2 S. 1 GwG). Handelt es sich dabei um natürliche Personen, sind diese als WB der Tochtergesellschaft an das Transparenzregister zu melden. Handelt es sich um Gesellschaften, muss ermittelt werden, ob hinter diesen ein WB der Tochtergesellschaft steht. Dies setzt voraus, dass eine natürliche Person Kontrolle auf die Gesellschaft ausüben kann. Die Voraussetzungen hierfür bestimmen sich nach § 3 Abs. 2 S. 3 GwG. Danach liegt Kontrolle insbesondere vor, wenn eine natürliche Person beherrschenden Einfluss entsprechend § 290 Abs. 2 bis 4 HGB auf die Gesellschaft ausüben kann.
Der Kontrollbegriff des § 3 Abs. 2 S. 2 bis 4 GwG setzt damit grundsätzlich eine aktive Steuerungsmöglichkeit voraus, wie diese durch die Beherrschungsmittel des § 290 Abs. 2 HGB (Stimmrechtsmehrheit, Recht zur Bestimmung der Mehrheit der Mitglieder der Gesellschaftsorgane, Beherrschungsvertrag und Zweckgesellschaft) vermittelt wird. Bereits im Oktober 2019 hatte das BVA aber im Rahmen seiner damaligen Aktualisierung der BVA-FAQ bekannt gemacht, dass es eine Kontrolle auch im Falle einer Kapitalmehrheit annimmt – obwohl diese für sich genommen keine aktive Steuerungsmöglichkeit vermittelt und damit nicht § 290 HGB unterfällt.
In den BVA-FAQ 2020/III weitet das BVA den Kontrollbegriff des § 3 Abs. 2 S. 2 bis 4 GwG nun erneut erheblich aus, insbesondere auf Fälle einer lediglich passiven Steuerungsmöglichkeit.
WB-Stellung aufgrund Vetorecht bislang nur in engen Grenzen
Bereits nach der bisherigen Verwaltungsauffassung des BVA kann eine natürliche Person in engen Grenzen aufgrund eines Veto- oder Widerspruchsrechts in der Gesellschafterversammlung als WB einer Gesellschaft qualifizieren. Voraussetzung hierfür ist, dass ein umfassendes Veto- oder Widerspruchsrecht bzgl. Entscheidungen der Gesellschafterversammlung im Gesellschaftsvertrag festgeschrieben ist und die natürliche Person aufgrund dieses Veto- oder Widerspruchsrechts Entscheidungen der Gesellschafterversammlung verhindern kann. In diesem Fall führt das Vetorecht nach der Verwaltungsauffassung des BVA zu einer Kontrollmöglichkeit auf sonstige Weise.
Danach kann ein Vetorecht bei einer Muttergesellschaft zudem zu einer WB-Stellung bei einer Tochtergesellschaft führen, wenn die Muttergesellschaft an der Tochtergesellschaft mit mehr als 25% der Kapitalanteile oder Stimmrechte beteiligt ist oder auf die Tochtergesellschaft auf andere Weise Kontrolle ausübt.
Faktisches Vetorecht reicht für Kontrolle aus
Die vorstehende Argumentation überträgt das BVA nun auch auf faktische Vetorechte, aufgrund derer eine natürliche Person Entscheidungen der Gesellschaft aufgrund ihres Stimmrechtsanteils oder ihrer Kapitalbeteiligung verhindern kann.
Ein solches faktisches Vetorecht besteht nach dem BVA insbesondere dann, wenn aufgrund der Verteilung der Stimmrechte unter den Gesellschaftern eine Mehrheit in der Gesellschafterversammlung ohne die Zustimmung eines bestimmten Gesellschafters nicht zustande kommen kann. Diese Voraussetzungen sind beispielsweise im Fall einer hälftigen Teilung der Stimmrechte einer Muttergesellschaft erfüllt. Halten zwei Gesellschafter jeweils 50% der Stimmrechte an der Gesellschaft, kann jeder Gesellschafter eine Entscheidung der Gesellschafterversammlung verhindern. Damit sind in diesem Fall beide Gesellschafter sowohl WB der Muttergesellschaft als auch ihrer Tochtergesellschaften an denen die Muttergesellschaft unmittelbar mit mehr als 25% der Kapitalanteile oder Stimmrechte beteiligt ist oder bei denen die Muttergesellschaft auf vergleichbare Weise Kontrolle ausüben kann. Sieht der Gesellschaftsvertrag eine qualifizierte Mehrheit für (allgemeine) Entscheidungen der Gesellschafterversammlung vor, reicht ggf. bereits ein geringerer Stimmrechtsanteil an der Muttergesellschaft für eine WB-Stellung. Sieht der Gesellschaftsvertrag für Entscheidungen der Gesellschafterversammlung Einstimmigkeit vor, ist danach jeder einzelne Gesellschafter WB der Gesellschaft und ihrer Tochtergesellschaften, auch bei lediglich völlig untergeordneter Beteiligung. Nicht ausreichend für eine WB-Stellung ist es nach dem BVA dagegen, wenn zwei oder mehrere Gesellschafter zusammenwirken müssen, um eine Entscheidung der Gesellschafterversammlung zu verhindern.
Zudem soll sich nach dem BVA ein faktisches Vetorecht aufgrund einer Kapitalbeteiligung ergeben, wenn bei einer Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung ein Quorum für die Beschlussfähigkeit vorgesehen ist, das sich an der Kapitalbeteiligung orientiert und ein Gesellschafter eine Entscheidung der Gesellschafterversammlung in der Folge verhindern kann, indem er der Versammlung fernbleibt.
Kontrolle aufgrund Sperrminorität
Darüber hinaus soll nach Kapitel B. Ziff. III. Frage 4. Abs. 5 BVA-FAQ 2020/III auch eine Sperrminorität von in der Regel mehr als 25% der Stimmrechte bei einer Muttergesellschaft einem Vetorecht gleichstehen und eine (mittelbare) wirtschaftliche Berechtigung bei der Tochtergesellschaft begründen. Denn hierdurch können jedenfalls bei Kapitalgesellschaften (insb. AG und GmbH; bei einer SE grundsätzlich erst bei mehr als 33,33% der Stimmrechte) grundlegende Beschlüsse der Gesellschafterversammlung (z.B. Satzungsänderungen, Kapitalmaßnahmen, Verschmelzungen) verhindert werden.
Dagegen dürften diese Ausführungen nicht für Konzern- bzw. Gruppenstrukturen gelten, deren Muttergesellschaft eine Personengesellschaft ist. Bei Personengesellschaften sind Beschlüsse über Änderungen des Gesellschaftsvertrages nach der Grundkonzeption des Gesetzes grundsätzlich einstimmig zu fassen, soweit nicht der Gesellschaftsvertrag eine Mehrheitsentscheidung vorsieht. Es dürfte wohl nicht die Intention des BVA sein, bei Konzern- bzw. Gruppenstrukturen, deren Muttergesellschaft eine Personenhandelsgesellschaft ist, regelmäßig sämtliche Gesellschafter der Muttergesellschaft als WB der Tochtergesellschaften zu erfassen. Denn die Gesellschafter einer Personengesellschaft sind bereits aus dem Handelsregister ersichtlich.
In der Praxis dürfte sich eine Sperrminorität in Höhe von mehr als 25% der Stimmrechte bei AG und SE regelmäßig bereits aus den Mitteilungen nach §§ 33 ff. WpHG oder § 20 f. AktG ergeben sodass diesbezüglich die Mitteilungsfiktion des § 20 Abs. 2 GwG greift. Anders ist dies aber, wenn die Stimmrechte im Einzelfall von den Kapitalanteilen abweichen. Unklar bleibt nach den BVA-FAQ 2020/III, ob die Mitteilungsfiktion bei einer GmbH greift, wenn sich eine Beteiligung in Höhe von mehr als 25% aus der Gesellschafterliste ergibt. Denn diese enthält nur Angaben zur Kapitalbeteiligung, deren Höhe von den Stimmrechten abweichen kann. Die Stimmrechte an einer GmbH ergeben sich erst aus einer Zusammenschau von Gesellschafterliste und Satzung. Letztere ist zwar im Handelsregister abrufbar, ist jedoch gemäß § 20 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 S. 1 GwG nicht geeignet die Mitteilungsfiktion auszulösen (vgl. auch Kapitel B. Ziff. IV. Frage 2. BVA-FAQ 2020/III). Bei ausländischen Muttergesellschaften hat in jedem Fall eine genaue Prüfung des Gesellschaftsvertrages und der Anforderungen an eine Sperrminorität nach dem anwendbaren ausländischen Recht zu erfolgen.
Nichtberücksichtigung eigener Anteile einer Gesellschaft
Die BVA-FAQ 2020/III stellen zudem klar, dass bei der Ermittlung des Kapitalanteils einer natürlichen Person an einer Gesellschaft die von der Gesellschaft selbst gehaltenen Anteile herauszurechnen sind. Dies entspricht zwar der Regelung des § 290 Abs. 4 S. 2 HGB, die über die Verweisung des § 3 Abs. 2 S. 4 GwG jedenfalls in mittelbaren Beteiligungsstrukturen auch bisher galt. Bei einstufiger Struktur war dies aber im Anwendungsbereich des GwG bislang nicht selbstverständlich. Insbesondere da die BVA-FAQ bislang – mangels gegenteiliger Aussage – eine formale Berechnungsweise des Kapitalanteils nahelegten (unter Einbeziehung der eigenen Anteile), dürfte die Änderung dazu führen, dass einige Anteilseigner nach Herausrechnen der eigenen Anteile der jeweiligen Gesellschaft die 25%-Schwelle oder 50%-Schwelle in mehrstufigen Strukturen überschreiten.
Kombination von Kapitalanteilen und Stimmrechten bei Kontrolle
Die BVA-FAQ deuteten bislang darauf hin, dass Kontrolle im Sinne des GwG in einer mittelbaren Beteiligungsstruktur nur entweder durch Kapitalanteile oder Stimmrechte vermittelt werden kann und daher eine Kombination von Kapital und Stimmrechten (etwa mehr als 25% Kapitalanteile auf erster Ebene und Stimmrechtsmehrheit auf zweiter Ebene) nicht zu einer Kontrolle führt.
Den BVA-FAQ 2020/III ist nun aber ausdrücklich zu entnehmen, dass Kontrolle auch über eine Kombination von Kapital und Stimmrechten vermittelt wird.
Im Ergebnis bedeutet dies, das bei der Ermittlung des WB in mehrstufigen Gruppenstrukturen auf zweiter oder höherer Ebene künftig für jede Ebene einer Beteiligungskette gesondert und losgelöst von den übrigen Ebenen der Beteiligungskette ermittelt werden muss, ob Kontrolle im Sinne des § 3 GwG vorliegt. Insbesondere muss in diesem Zuge danach differenziert werden, welche Rechtsform die Gesellschaft auf der jeweiligen Ebene hat und ob Kontrolle durch entsprechende Kapitalanteile oder Stimmrechte oder auf sonstige Weise ausgeübt wird. Wird die Kontrolle durch Kapitalanteile ausgeübt, ist weiterhin grundsätzlich eine Kapitalmehrheit erforderlich, sofern nicht ausnahmsweise ein kapitalmäßiges Quorum für die Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung existiert oder die Gesellschaft eigene Anteile hält. Erfolgt die Kontrollausübung dagegen durch Stimmrechte ist nicht mehr erforderlich, dass auf jeder Ebene eine Stimmrechtsmehrheit besteht. Vielmehr reicht regemäßig ein Stimmrechtsanteil in Höhe von 25% bei einer Muttergesellschaft für eine WB-Stellung bei deren Tochtergesellschaften aus.
Ausweitung der WB-Stellung von Stiftern
Die BVA-FAQ deuteten bislang darauf hin, dass der Stifter nur als WB einer Stiftung zu ermitteln ist, wenn er eine aktive Einflussmöglichkeit auf die Vermögensverwaltung und Ertragsverteilung der Stiftung hat, also insbesondere die Verteilung der Stiftungserträge aktiv steuern kann. Die BVA-FAQ 2020/III stellen nun klar, dass eine WB-Stellung des Stifters auch bei einem bloßen Vetorecht bzgl. der Vermögensverwaltung und Ertragsverteilung, mithin also auch bei einer passiven Einflussmöglichkeit des Stifters, besteht. In der Praxis dürfte dies wesentlich häufiger vorkommen, als eine aktive Einflussmöglichkeit und dürfte daher einige Nachmeldungen des Stifters als WB von Stiftungen zur Folge haben.
Ausweitung der WB-Stellung von Stiftungsvorständen bei Tochtergesellschafter einer Stiftung
Wie bisher kann ein Mitglied des Stiftungsvorstands nur WB einer Tochtergesellschaft einer Stiftung sein, wenn es beherrschenden Einfluss auf die Stiftung ausüben kann. Die BVA-FAQ sahen diese Voraussetzung bislang beispielhaft als erfüllt an, wenn der Stiftungsvorstand lediglich aus einer Person besteht. Nach dem neu eingefügten Kapitel C. Ziff. III. Frage 9. 3. Absatz der BVA-FAQ 2020/III können die Voraussetzungen für beherrschenden Einfluss auf eine Stiftung nun auch bei einem mehrgliedrigen Stiftungsvorstand erfüllt sein, wenn zwei Stiftungsvorstände gleichberechtigt sind oder die Satzung für Vorstandsbeschlüsse Einstimmigkeit vorschreibt. In diesen Fällen sollen nach dem BVA beide bzw. sämtliche Stiftungsvorstände als WB der Tochtergesellschaft der Stiftung gelten. Da die Aktualisierungen der BVA-FAQ 2020/III darauf abzielen passive Einflussmöglichkeiten zu erfassen, ist davon auszugehen, dass diese Voraussetzung nach Ansicht des BVA bereits erfüllt ist, wenn faktisch sämtliche Mitglieder des Vorstands zusammenwirken müssen, um Vorstandsbeschlüsse zu fassen und die Stiftung zu vertreten. Bei einem zweigliedrigen gesamtvertretungsberechtigten Vorstand wäre diese Voraussetzung daher stets erfüllt.
Wenn Sie Fragen zum Inhalt der BVA-FAQ oder zu potentiellem Handlungsbedarf (insbesondere Meldungen, Berichtigungen, Anträge auf Beschränkung der Einsichtnahme, Bußgeld- oder Klageverfahren) haben, sprechen Sie uns gerne an. Wir verfolgen kontinuierlich die Entwicklung im Bereich der Transparenzregisterpflichten und stehen in ständigem Kontakt mit den zuständigen Behörden.