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Potenziale der Energie­wende für Investoren in Deutschland – Noerr-Insight No 7: Geothermie

07.11.2024

In unserem Briefing „Deutsche Energiewende: Potenziale für Investorenhaben wir einen umfassenden Überblick über die Chancen und Risiken der Energiewende in Deutschland für in- und ausländische Investoren gegeben. Nachdem wir uns in unserer Themenreihe bereits ausführlich mit den Möglichkeiten und Herausforderungen im Bereich Offshore Wind, Onshore Wind, Photovoltaik, Speicher, Stromnetze und Wasserstoff beschäftigt haben, beleuchten wir in Teil 7 Geothermie genauer.

Geothermie

1. Status Quo und Herausforderungen

Geothermie ist eine erneuerbare Technologie, die Energie aus der Wärme im Erdinneren gewinnt. Diese Energie kann sowohl direkt für Heiz- und Kühlzwecke als auch zur Stromerzeugung eingesetzt werden. Die Technologie als solche ist nicht neu, immerhin gibt es bereits 42 Groß-Anlagen (Stand 2022) mit einer installierten Wärmeleistung von ca. 350 MW und einer installierten elektrischen Leistung von 47 MW, die sich auf das Norddeutsche Becken, den Oberrheingraben und das Bayrische Molassebecken verteilen.

Die größten Herausforderungen sind technischer Natur, die dann zu wirtschaftlichen Risiken werden können: Geothermie erfordert tiefe und kostenintensive Bohrungen sowie die Beherrschung der technischen Risiken (wie Seismizität). Diese Bohrungen erfordern hohe Anfangsinvestitionen und es ist aufgrund des Fündigkeitsrisikos unsicher, ob sich diese über die Leistungsfähigkeit der Anlage amortisieren werden. Dazu kommen Akzeptanzrisiken in der Bevölkerung angesichts möglicher Umweltauswirkungen.

Allerdings ist in den letzten Monaten eine klimaneutrale Wärmeversorgung stärker in den Fokus der politischen Debatte gerückt: Während der Stromsektor bereits große Fortschritte gemacht hat, ist der Wärmebereich noch weit von der Klimaneutralität entfernt. Neben dem Ansinnen der Modernisierung privater Heizungsanlagen durch das Gebäudeenergiegesetz sollen nun auch Geothermie-Groß-Anlagen zur Wärmewende beitragen. Den größten energiewirtschaftlichen Hebel bieten dabei Tiefengeothermieanlagen.

Das Investorenumfeld für Geothermie hat sich in den letzten Jahren tendenziell positiv entwickelt, neben klassischen strategischen Investoren (Stadtwerke) finden sich auch zunehmend private Investoren, die in Betreiber von Geothermie-Anlagen investieren, da die Wärmewende insgesamt an Bedeutung gewonnen hat und Investoren verstärkt auch in diesem Bereich nachhaltige Anlagemöglichkeiten suchen. Durch die technologischen Fortschritte (Bohrtechnologien, geothermische Kraftwerkstechnik etc.) haben die Effizienz und Rentabilität geothermischer Projekte verbessern, wurde das Investorenrisiko gesenkt.

2. Regulatorischer Rahmen

Planung und Betrieb einer Geothermieanlage unterliegen zahlreichen Genehmigungsvoraussetzungen. Bei der Tiefengeothermie ergeben sich die Genehmigungspflichten primär aus dem Bundesberggesetz, dem Wasserhaushaltsgesetz und ggf. dem UVPG. Je nach Ausführung können baurechtliche Genehmigungserfordernisse oder solche nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz hinzutreten, etwa für Nebenanlagen zur Stromerzeugung und dafür erforderliche gefährliche Stoffe.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat im Juni 2024 einen Gesetzesentwurf zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für Geothermie-Anlagen, Wärmepumpen und Wärmespeichern vorgestellt. Das Gesetz zielt darauf ab, die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Ausbau dieser Technologien zu vereinfachen und zu beschleunigen.

Demnach soll der Bau und Betrieb von Geothermie-Anlagen, Wärmepumpen und Wärmespeichern ebenfalls als im überragenden öffentlichen Interesse liegend und der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit dienend definiert werden, um Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Außerdem sollen Nachbarn künftig weniger leicht gegen Geothermie-Projekte vorgehen können, wenn die Auswirkungen auf ihr Grundstück als nur gering zu qualifizieren sind. Schließlich beinhaltet der Gesetzesentwurf eine Rechtsschutzverkürzung dergestalt, dass Widersprüche und Klagen künftig keine aufschiebende Wirkung mehr haben, der Eilrechtsschutz nur binnen eines Monats nach Zustellung der Zulassungsentscheidung beantragt und begründet werden kann, und der Instanzenzug verkürzt wird (Zuweisung sämtlicher Streitigkeiten über Geothermie-Anlagen zu den Oberverwaltungsgerichten).

Ein weiterer gewichtiger Beschleunigungsansatz findet sich in der Novellierung des Bundesberggesetzes, das für Tiefengeothermieanlagen das wesentliche Genehmigungsregime darstellt. Die jeweils zuständige Bergbehörde steht infolgedessen im Zentrum des Verfahrens, an dem jedoch auch andere Behörden zu beteiligen sind, was in der Vergangenheit mitunter zu langen Verfahrensdauern führte. Die Novelle beinhaltet daher im Wesentlichen eine Beschleunigung der Beteiligung anderer Behörden sowie eine Lockerung der Betriebsplanpflicht für weniger gefährliche Betriebe. Außerdem werden Zulassungsverfahren künftig standardisiert über eine einheitliche Stelle abgewickelt und müssen zudem elektronisch erfolgen. Auch werden die Bearbeitungsfristen deutlich verkürzt.

Änderungen finden sich künftig ferner im Wasserhaushaltsgesetz. So entfällt die Genehmigungspflicht für Großwärmepumpen, wenn die Behörde nicht innerhalb eines Monats widerspricht. Im Übrigen wird auch die erlaubnisfreie Benutzung von Grundwasser zur Wärmeversorgung erweitert.

Derweil sind aber auch auf Landesebene Bemühungen erkennbar, Geothermie als Wärmequelle zu fördern. So hat etwa die nordrhein-westfälische Landesregierung Anfang des Jahres einen Masterplan zur Förderung der Geothermie vorgestellt, dessen Ziel es ist, bis 2045 bis zu 20 % des Wärmebedarfs mit Geothermie zu decken. Im Zuge dessen prüft die Landesregierung derzeit u.a. Maßnahmen zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren und fordert auch insoweit notwendige Änderungen am Bundesrecht. Vor allem aber wird das Fündigkeitsrisiko in Form eines bedingt rückzahlbaren Zuschusses abgesichert. Abhängig von der nach Fertigstellung der Bohrung gemessenen tatsächlichen Wärmeleistung muss dieser ganz, teilweise oder gar nicht zurückgezahlt werden. Diese Absicherung dürfte die Attraktivität von Geothermieprojekten für Investoren jedenfalls in Nordrhein-Westfalen signifikant steigern.

3. Ausblick

Der Ausbau klimaneutraler Wärmenetze gewinnt zunehmend an Bedeutung. Die Geothermie spielt hierbei eine zunehmend interessante Rolle, da sie als unerschöpfliche und CO2-neutrale Wärmequelle betrachtet wird, die sowohl zur Strom- als auch zur Wärmeversorgung genutzt werden kann. Perspektivisch könnte Studien zufolge bundesweit über 25 % des Wärmebedarfs durch Geothermie gedeckt werden. Das geplante Beschleunigungsgesetz reduziert hierbei verfahrensrechtliche Hürden und dürfte eine schnellere Umsetzung von Geothermie-Projekten ermöglichen, was die Planung und Umsetzung für Unternehmen attraktiver und planbarer machen wird. Insbesondere der Masterplan Geothermie des Landes NRW hat hierbei Potenzial, andere Bundesländer zur Nachahmung anzuregen und eine dynamische Entwicklung in der Nutzung von Erdwärme zu fördern, was sowohl Herausforderungen als auch erhebliche Vorteile für den Klimaschutz sowie Chancen für Wirtschaft und Kommunen mit sich bringt.

Geothermische Projekte können jedoch mit spezifischen technischen und geologischen Risiken verbunden sein und erfordern ein erhebliches Know-How und Anfangskapital. Inwiefern dies Investoren angesichts der jetzigen Anreize der Bundesregierung im ersten Versuch vorsichtig agieren lässt, bleibt ebenso abzuwarten wie die Marktentwicklung, wenn es erste Fehlbohrungen oder technische Herausforderungen gibt.