Nach Realisierung des SDG I: Referentenentwurf eines zweiten Sanktionsdurchsetzungsgesetzes vorgelegt
Am 28. Mai diesen Jahres trat das erste Sanktionsdurchsetzungsgesetz (SDG I) in Kraft, welches weitergehende Ermittlungs- und Sicherstellungsbefugnisse beim operativen Vollzug der EU-Sanktionen gegen Russland sowie einen Informationsaustausch zwischen verschiedenen Behörden ermöglichen sollte. Nun hat das Bundesministerium für Finanzen (BMF) gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) einen Referentenentwurf für ein Sanktionsdurchsetzungsgesetz II (SDG II) vorgelegt. Mit diesem sollen vor allem strukturelle Verbesserungen bei der Sanktionsdurchsetzung und bei der Bekämpfung von Geldwäsche in Deutschland erreicht werden.
I. Konkrete Ausgestaltung
Bei dem SDG II handelt es sich um ein sog. Artikelgesetz, mit dem zum einen verschiedene Gesetze geändert werden, u.a. das Außenwirtschafsgesetz (AWG), das Geldwäschegesetz, das Kreditwesengesetz und das Wertpapierhandelsgesetz. Zum anderen enthält das Artikelgesetz den Entwurf für das neu einzuführende Sanktionsdurchsetzungsgesetz (SanktDG-E). Dieses neue Gesetz soll im Wesentlichen die neue Zentralstelle (hierzu sogleich) regeln.
1. Schaffung einer Zentralstelle für nationale Sanktionsdurchsetzung auf Bundesebene
Die Schaffung dieser Bundeszuständigkeit für die Ausübung der Befugnisse der Ermittlungsbefugnisse nach §§ 9a ff. AWG, siehe insbesondere § 1 SanktDG-E, ist Kernelement des Gesetzentwurfes. Angesichts der derzeit zersplitterten Zuständigkeit verschiedenster Behörden auf Länderebene können nur so eine Koordinierung der Maßnahmen und ein bundesweit einheitlicher Vollzug gewährleistet werden. Diese neue Zentralstelle soll (soweit nicht das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle oder die Deutsche Bundesbank zuständig sind) –im Geschäftsbereich des BMF angesiedelt werden, um Synergieeffekte zwischen der Sanktionsdurchsetzung und Geldwäschebekämpfung zu erzielen. Aus Effizienzgründen erfolgt eine Angliederung zunächst an die Generalzolldirektion als bereits bestehende Behörde, im weiteren Verlauf ist eine Überführung in die neu zu errichtende Bundesoberbehörde zur Bekämpfung der Finanzkriminalität geplant.
2. Meldepflicht und Schaffung eines Verwaltungsverfahrens zur Ermittlung von Vermögen sanktionierter Personen
Die infolge des SDG I eingeführte Meldepflicht des § 23a AWG wird durch § 10 SanktDG-E modifiziert. Meldepflichtig sind nur gelistete Personen selbst, nicht mehr aber Logistikdienstleister. §§ 11, 12 SanktDG-E sehen die Möglichkeit von Verwaltungsverfahren zur Ermittlung von im Inland belegenen Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen, die im Eigentum oder unter Kontrolle gelisteter Personen stehen bzw. zur Ermittlung von Eigentümern oder wirtschaftlich Berechtigter bekannter inländischer Vermögenswerte vor. Gemäß § 14 SanktDG-E wird in diesem Fall ein Register eingerichtet, das Angaben zu gelisteten Personen und von diesen Personen kontrollierten Vermögenswerten erhält. Auch sollen Informationen über solche Vermögenswerte aufgenommen werden, bei denen Zweifel an der Eigentümerstellung bzw. wirtschaftlichen Berechtigung bestehen. Dieses Register soll auf der Homepage der Zentralstelle öffentlich zugänglich sein.
3. Einrichtung einer Hinweisannahmestelle
Nach dem Vorbild der EU-Hinweisgeberstelle soll bei der Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung eine Hinweisannahmestelle eingerichtet werden (§ 15 SanktDG-E), die für die Entgegennahme aus dem In- oder Ausland kommender Hinweise zu Sanktionssachverhalten, für die Prüfung auf Werthaltigkeit und für die Veranlassung etwaiger Maßnahmen zur Aufklärung zuständig ist.
4. Möglichkeit der Bestellung eines Sonderbeauftragten zur Überwachung der Einhaltung von Sanktionen in Unternehmen
Wenn eine juristische Person oder Personengesellschaft gegen Bereitstellungs- oder Verfügungsverbote verstößt oder Anhaltspunkte vorliegen, dass sie hiergegen verstoßen könnte, erhält die Zentralstelle die Möglichkeit, zur Überwachung der Einhaltung von Sanktionen einen Sonderbeauftragten (Monitor) zu bestellen, § 9 SanktDG-E.
5. Transparenzmeldungen durch Notare
Bei Gründungs- und Änderungsakten, die transparenzpflichtige Vereinigungen oder Rechtsgestaltungen betreffen, haben künftig nicht mehr die Beteiligten selbst, sondern Notare die Meldungen zum Transparenzregister vorzunehmen, neu einzuführender § 19c GwG
6. Verknüpfung von Immobiliendaten mit dem Transparenzregister
Um die Zeit bis zur Fertigstellung der gemeinsamen Grundbuchdatenbank der Länder zu überbrücken und Behörden sowie Verpflichteten eine Risikoeinschätzung und Kenntnisnahmemöglichkeit darüber zu verschaffen, zu welcher Vereinigung in welchem der ca. 530 Grundbücher Deutschlands Immobilieneigentum eingetragen ist, sollen durch Informationen zu Immobilien, die im Eigentum von juristischen Personen oder Personengesellschaften stehen, über das Transparenzregister zugänglich sein. Hierdurch sollen auch Unternehmenshistorien für den Fall gesellschaftsrechtlicher Veränderungen deutlich nachvollziehbarer werden.
7. Mitteilungspflicht von ausländischen Vereinigungen auch hinsichtlich Bestandsimmobilieneigentum im Inland
Ausländische Gesellschaften sind nun auch beim Halten von Bestandsimmobilien gegenüber dem Transparenzregister mitteilungspflichtig, nicht wie bisher nur bei Neuerwerb.
8. Einführung eines Barzahlungsverbotes bei Immobilientransaktionen
Gemäß § 16a GwG kann eine geschuldete Gegenleistung beim Erwerb von Immobilien nur mittels anderer Mittel als Bargeld, Kryptowerten oder Rohstoffen bewirkt werden. Hiermit hat die Bundesregierung ihren priorisierten Auftrag zur Einführung eines Barzahlungsverbotes bei Immobilientransaktionen im Rahmen des Geldwäschegesetzes umgesetzt.
9. Schaffung von mehr Transparenz bei der Figur des fiktiven wirtschaftlich Berechtigten nach § 3 Abs. 2 S. 5 GwG
Mitteilungspflichtige Rechtseinheiten sollen künftig begründen, warum sie von der Figur des fiktiven wirtschaftlich Berechtigten Gebrauch machen. Es ist zwingend anzugeben, dass (1) entweder keine natürliche Person die Voraussetzungen eines wirtschaftlich Berechtigten erfüllt („Streueigentum“) oder (2) dass der wirtschaftlich Berechtigte nicht ermittelbar ist. Dies soll Umgehungstaktiken vermeiden und es dem Verpflichteten ermöglichen, in der verdächtigeren zweiten Fallgruppe risikoadäquat zu handeln.
10. Nutzbarmachung von Eigentums- und Kontrollstrukturübersichten für Behörden
Mit dem SDG II sollen die Eigentums- und Kontrollstrukturübersichten, die das Transparenzregister im Rahmen des Verfahrens zur Prüfung einer Unstimmigkeitsmeldung nach § 23 Abs. 3a GwG erstellt, für Behörden und Verpflichtete nutzbar gemacht werden.
11. Erklärungen von UN-Listungen für unmittelbar anwendbar
Zur Vermeidung zeitlicher Lücken bei der Umsetzung von Neulistungen durch die Vereinten Nationen wird mit dem SDG II eine solche Listung im Inland automatisch für anwendbar erklärt.
12. Anpassung der Zuverlässigkeitsregelungen in den Finanzaufsichtsgesetzen
Für natürliche und juristische Personen sowie Personengesellschaften, die selbst in einer EU-Sanktionsliste aufgeführt sind, soll künftig eine Fiktion der Unzuverlässigkeit greifen. Etwas anderes gilt für Personen, die für Sanktionierte tätig sind oder die deren Interessen wahrnehmen. Solche Personen sollen nur in der Regel als unzuverlässig gelten – mit der Möglichkeit einer Exkulpation. Diese Regelung soll die typische Gefahrenlage abbilden, die von Sanktionierten ausgeht, sie ähnelt damit einer Ausgestaltung als abstraktes Gefährdungsdelikt.
II. Ausblick
Über die im Gesetzentwurf vorgesehenen Maßnahmen hinaus sind weitere Maßnahmen geplant In Raum stehen unter anderem die Verknüpfung des Registers zum Vermögen sanktionierter Personen mit anderen Registern, die Einführung einer neu aufzubauenden Immobilientransaktionsdatenbank, in der Angaben aus notariellen Beurkundungen zu Immobilientransaktionen gespeichert werden, sowie weitere Maßnahmen gegen Vermögensverschleierungen und zur Geldwäschebekämpfung.