LkSG-Update: BAFA Handreichung zur Risikoanalyse
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat seine angekündigte Handreichung zur Risikoanalyse nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) nun veröffentlicht. Wir hatten berichtet. Neu sind vor allem Umsetzungshilfen für regelmäßige und anlassbezogene Risikoanalysen. Es finden sich aber auch wichtige Hinweise für eine ordnungsgemäße Risikoanalyse. Ausgewählte Punkte fassen wir nachfolgend zusammen:
Fundament
Die Risikoanalyse bildet das Fundament für die Erfüllung der Sorgfaltspflichten des LkSG. Sie ist insbesondere unerlässlich für die Einrichtung eines angemessenen und wirksamen Risikomanagements. Es ist zu erwarten, dass das BAFA ein besonderes Augenmerk darauf legen wird, wie Unternehmen die Risikoanalyse umsetzen.
Neue Perspektive
Unternehmen müssen für die Risikoanalyse des LkSG eine neue Perspektive einnehmen. Im Fokus steht nun die Frage, ob Personen oder die Umwelt durch die eigene Geschäftstätigkeit des Unternehmens oder durch seine Geschäftsbeziehung mit Zulieferern zu Schaden kommen könnten. Unternehmen müssen daher auch solche Risiken adressieren, die den geschäftlichen Erfolg oder ihre Reputation nicht gefährden.
Transparenz
Das BAFA erwartet, dass die vom LkSG erfassten Unternehmen Transparenz über ihren Geschäftsbereich und ihre Lieferkette schaffen. Dieser erste Schritt ist aus Sicht der Behörde essentiell. Denn nur wenn dieses Ziel erreicht wird, sind Unternehmen in der Lage die Risiken, die von ihrer Geschäftstätigkeit ausgehen, zu adressieren.
Unternehmen müssen ihre Risiken im Rahmen des Zumutbaren systematisch und nachvollziehbar ermitteln, gewichten und priorisieren. Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung und der Methoden besteht ein Ermessensspielraum. Die gesamte Analyse ist nachvollziehbar zu dokumentieren (§ 10 Abs. 1 LkSG).
Wechselwirkung
Zudem sollten Unternehmen berücksichtigen, dass die Risikoanalyse keinesfalls statisch oder isoliert ist. Vielmehr steht sie in Wechselwirkung zu den anderen Sorgfaltsprozessen und Maßnahmen des LkSG. Daher sollten Unternehmen sicherstellen, dass Erkenntnisse aus anderen Bereichen in die Risikoanalyse einfließen. Dies gilt insbesondere für Erfahrungen, die das Unternehmen bei der Umsetzung von Präventions- und Abhilfemaßnahmen gesammelt hat oder aus dem Beschwerdeverfahren gewonnene Erkenntnisse.
Proaktives Handeln
Unternehmen müssen zudem sicherstellen, dass sie bei bestimmten Anlässen unverzüglich eine Risikoanalyse durchführen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich mittelbarer Zulieferer, wenn sie substantiierte Kenntnis von Verletzungen erlangen. Hierfür sollen etwa Diskussionen zu Problemstellungen in bestehenden Brancheninitiativen ausreichen. Außerdem kann eine anlassbezogene Risikoanalyse bei externen Ereignissen in Betracht kommen. Hier dürfte jedoch ein konkreter Bezug zu den geschützten Rechtspositionen des LkSG und der Lieferkette des jeweiligen Unternehmens notwendig sein. Eine Naturkatastrophe, die die allgemeine Menschenrechtslage in einer Region verschlechtert, wäre insofern nicht erfasst.
Vor diesem Hintergrund stellt sich zudem die Frage, ob Unternehmen nun verpflichtet sind, sich relevante Informationen aktiv zu beschaffen. Die wohl überwiegende Meinung spricht sich bislang gegen eine solche Informationsbeschaffungspflicht aus. Das BAFA scheint aber tendenziell einen proaktiven Ansatz zu begrüßen. Nicht umsonst führt die Handreichung aus, dass Unternehmen erwägen sollten, ihre regelmäßige Risikoanalyse hinsichtlich bestimmter mittelbarer Zulieferer zu erweitern. Hierfür spreche insbesondere der Sinn und Zweck des LkSG. Konkret soll sich dies anbieten, wenn Unternehmen bereits bekannt sei, dass in tieferen Lieferketten mit hohen menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Risiken zu rechnen ist. Dies kann sinnvoll sein. Unternehmen sind hierzu aber gesetzlich nicht verpflichtet.
Zu adressierende Risiken
Ein weiterer wichtiger Aspekt versteckt sich in Fußnote Nr. 14 der Handreichung. Dort ist definiert, wann ein Unternehmen zu einem Risiko oder einer Verletzung im Sinne des § 4 Abs. 2 LkSG beiträgt. Bislang herrschte hier noch eine gewisse Unsicherheit, was unter dem Begriff zu verstehen ist. Nach der Handreichung bedeutet Beitragen/(mit)verursachen, dass die Auswirkung das Ergebnis einer Handlung eines Dritten sei. Das Unternehmen leiste dann einen Betrag, wenn die Handlung oder das Unterlassen in irgendeiner Weise die Verletzung einer konkreten Pflicht erlaubt, ermöglicht oder motiviert. Bestimmte Umstände sollen helfen, sich dieser Definition anzunähern, z.B. inwiefern die Verletzung vorhersehbar war. Das BAFA verweist hierbei auf den OECD-Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln. Im Gegensatz zum OECD-Leitfaden spricht die Handreichung nicht von „negativen Effekten“, sondern von der „Verletzung“ einer konkreten Pflicht. Das LkSG stellt jedoch auf „Risiken und Verletzungen“ ab und unterscheidet auch begrifflich zwischen diesen. Dass das BAFA tatsächlich Beiträge eines Unternehmens zu Pflichtverletzungen erfassen, Beiträge zu Risiken aber ausklammern wollte, ist eher unwahrscheinlich. Dies veranschaulicht aber eine von mehreren Ungenauigkeiten der neuen Definition.
Umsetzungshilfen
Die Handreichung enthält zudem mehrere Umsetzungshilfen für die regelmäßige und anlassbezogene Risikoanalyse. Hierzu informieren wir Sie in einem eigenen Beitrag.
Fazit/Ausblick
Die Handreichung schärft das Verständnis, was eine ordnungsgemäße Risikoanalyse nach dem LkSG aus Sicht des BAFA ausmacht. Zudem liefert sie Umsetzungshilfen für die Praxis. Andererseits wirft die Handreichung neue Fragen auf. Dies gilt insbesondere für die Reichweite der substantiierten Kenntnis und den Risikobeitrag eines Unternehmens.
Das BAFA hat bereits angekündigt, weitere Handreichungen vorzubereiten, insbesondere zu der Angemessenheit von Maßnahmen nach dem LkSG und zum Beschwerdeverfahren. Außerdem soll bald ein strukturierter Fragebogen für die Berichterstattung erscheinen.
Wir halten Sie weiter auf dem Laufenden.