Neuer Entwurf eines InvSt-Erlasses zu Spezial-Investmentfonds
Am 16.06.2020 hat das BMF den Verbänden den überarbeiteten Entwurf des sog. Spezialfonds-Erlasses zur Stellungnahme übersandt. Mit dem umfangreichen Schreiben soll der am 21.05.2019 veröffentlichte Investmentsteuererlass (BStBl. I 2019, 527) ergänzt werden. Nachdem der letzte Entwurf vom 16.12.2019 (eine Zusammenfassung finden Sie hier ) in der Praxis und im Schrifttum auf Kritik gestoßen ist, enthält der nun vorliegende Entwurf einige erfreuliche Korrekturen. Dies betrifft insbesondere Erleichterungen bei Anlagen in Alternative Investmentfonds durch Spezial-Investmentfonds. Ferner nimmt das BMF zu einigen Neuregelungen in Bezug auf das Teilfreistellungsregime bei Investmentfonds Stellung. Die wesentlichen Neuerungen des aktuellen Entwurfs werden nachfolgend im Überblick dargestellt.
Teilfreistellung bei Aktien-, Misch- und Immobilienfonds
Im Hinblick auf das Teilfreistellungsregime bei Aktien-, Misch- und Immobilienfonds sind die folgenden Punkte hervorzuheben:
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Anteile an REITs: Anteile an Kapitalgesellschaften, die nach den gesetzlichen
Bestimmungen oder nach ihren Anlagebedingungen mindestens 75 % ihres
Vermögens in Immobilien anlegen und einer Ertragsbesteuerung oder ihre
Ausschüttungen einer Quellensteuerbelastung iHv. mind. 15% unterliegen
und davon nicht befreit sind, gelten in Höhe von 75% ihres Wertes als
Immobilien (§ 2 Abs. 9 Satz 6 InvStG). Eine Berücksichtigung als
Kapitalbeteiligung für Aktien- bzw. Mischfonds ist hingegen
ausgeschlossen (§ 2 Abs. 8 Satz 5 Nr. 2 InvStG). Dies gilt nach Ansicht
des BMF auch für die restlichen 25% des Anteilswerts, die nicht auf die
Immobilienquote angerechnet werden dürfen (Tz. 2.33a). Anteile an
REITs, deren Vermögen zu weniger als 75% aus Immobilien besteht, können
aber als Kapitalbeteiligung qualifizieren (§ 2 Abs. 8 Satz 5 Nr. 3 Hs.
2 InvStG). Dies betrifft lt. BMF z.B. Anteile an US-REITs mit
entsprechenden Immobilienquoten. Die Ausschüttungen von US-REITs
unterliegen grundsätzlich einer Quellensteuerbelastung, die nach dem
DBA USA bis zu 15% betragen darf (Tz. 2.33b).
- Kapitalbeteiligungen bei Holdingstrukturen: Nach § 2 Abs. 8 Satz 5 Nr. 4 InvStG qualifizieren Anteile an solchen Gesellschaften nicht als Kapitalbeteiligungen, die in signifikantem Umfang selbst Kapitalbeteiligungen halten (anteilige Einnahmen oder anteiliger gemeiner Wert > 10%) und diese Kapitalbeteiligungen wiederum nicht in einem EU/EWR-Staat ansässig und steuerpflichtig sind oder einer Vorbelastung von 15% unterliegen. Damit sollen Gestaltungen mit Holdingstrukturen verhindert werden, die darauf abzielen, die Aktienteilfreistellung ohne hinreichende steuerliche Vorbelastung der Portfoliogesellschaften zu erlangen (Tz. 2.33c). Erfreulicherweise stellt das BMF klar, dass Investmentfonds nicht für sämtliche ihrer Kapitalbeteiligungen nachweisen müssen, dass die Voraussetzungen dieser Missbrauchsvorschrift nicht erfüllt sind. Vielmehr sei ein derartiger Nachweis nur in den Ausnahmefällen, in denen ein Gestaltungsmodell nahe liegt, erforderlich. Dies sei bei Anlagen in Aktien, die in national und international handelsüblichen Aktienindizes enthalten sind, jedenfalls nicht der Fall (Tz. 2.33e).
Anlagebestimmungen des § 26 InvStG
Im Hinblick auf die Anlagebestimmungen des § 26 InvStG sind insbesondere die folgenden Neuerungen
erwähnenswert:
- Wesentlicher Verstoß: Ob ein Verstoß gegen die Anlagebestimmungen wesentlich ist, hängt insbesondere vom Grad des Verschuldens des Verwalters, der Zeitdauer und dem wertmäßigen Umfang des Verstoßes sowie den Bemühungen des Verwalters zur Beseitigung des Verstoßes ab. Das BMF stellt klar, dass angesichts der einschneidenden Folgen der Umqualifizierung eines Spezial-Investmentfonds in einen Investmentfonds (§ 52 InvStG) bei einem Verstoß gegen die Anlagebestimmungen nur in besonderen Ausnahmefällen als Ultima Ratio von einem wesentlichen (d.h. schädlichen) Verstoß auszugehen ist. Im Regelfall ist dem Spezial-Investmentfonds die Gelegenheit zur Beseitigung des Verstoßes zu geben (Tz. 26.3).
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Aktives Ausnutzen der Schmutzgrenze: In Bezug auf die 10%-Schmutzgrenze hat das BMF erfreulicherweise auf
die Kritik aus der Praxis reagiert. Nach dem überarbeiteten Entwurf
dürften maximal 10% des Fondsvermögens in Vermögensgegenstände angelegt
sein, die nicht in § 26 Nr. 4 InvStG aufgeführt sind. Hierzu sollen
z.B. auch Anteile an gewerblichen oder gewerblich geprägten
Personengesellschaften (zu letzteren s.u.) zählen. Das BMF stellt
allerdings klar, dass im Falle eines Überschreitens der Schmutzgrenze
das bewusste und planmäßig dauerhafte Halten von unzulässigen
Vermögensgegenständen ein Indiz für die billigende Inkaufnahme eines
wesentlichen (d.h. schädlichen) Verstoßes darstellt (Tz. 26.21).
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Geschlossene Immobilienfonds als Immobilien-Gesellschaft: Anders als noch im letzten Entwurf vertreten, dürfen Anteile an
geschlossenen Immobilienfonds, sofern sie gleichzeitig die
Voraussetzungen einer Immobilien-Gesellschaft iSd. § 1 Abs. 19 Nr. 22
KAGB erfüllen, von einem Spezial-Investmentfonds als Anteile an einer
Immobilien-Gesellschaft (§ 26 Nr. 4 Buchst. f) InvStG) erworben werden.
Dies entspricht im Grundsatz auch der Auffassung der BaFin (vgl.
Auslegungsentscheidung vom 09.04.2018, WA 42-QB 4100-2016/0005
). Die weiteren Vorgaben an Immobiliengesellschaften nach § 231 ff.
KAGB sind für steuerliche Zwecke unbeachtlich (Tz. 26.23). Für
investmentrechtliche Zwecke gelten diese Vorgaben freilich unverändert,
sofern sie nicht abbedungen (§ 284 KAGB) oder unanwendbar (§ 282 KAGB)
sind.
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Anteile an Alternativen Investmentfonds als Wertpapiere: Ferner können Anteile an Investmentfonds, die nicht die
Voraussetzungen des § 26 Nr. 1 bis 7 InvStG erfüllen (d.h. keine
qualifizierten Investmentfonds), bei Vorliegen der Voraussetzungen der
§§ 193, 198 KAGB als Wertpapier (§ 26 Nr. 4 Buchst. a) InvStG) (Tz.
26.26) oder – nachrangig – als Kapitalgesellschaftsbeteiligung (§ 26
Nr. 4 Buchst. m) InvStG) erworben werden (Tz. 26.28). Dies ist
insbesondere für den Erwerb von Anteilen an geschlossenen Alternative
Investmentfonds in der Ausgestaltung als Aktiengesellschaft (z.B.
Luxemburger SA SICAV) oder als Sondervermögen (z.B. Luxemburger FCP)
eine gute Nachricht.
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Durchschau bei gewerblich geprägten Personengesellschaften: Nicht nur bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften, sondern
nun auch bei gewerblich geprägten (aber vermögensverwaltend tätigen)
Personengesellschaften soll im Rahmen der Erwerbbarkeitsprüfung eine
Durchschau durch die von der jeweiligen Personengesellschaft gehaltenen
Vermögensgegenstände erfolgen (eine Ausnahme gilt bei
Immobilien-Gesellschaften, da diese nach § 26 Nr. 4 Buchst. f) InvStG
erwerbbar sind). Dies gilt auch für Personengesellschaften in der
Ausgestaltung als AIF (Tz. 26.29). Dies ist grundsätzlich erfreulich,
da viele Alternative Investmentfonds als gewerblich geprägte
Personengesellschaften strukturiert sind und die von Ihnen gehaltenen
Vermögensgegenstände (z.B. Anteile an Kapitalgesellschaften oder
unverbriefte Darlehensforderungen) eligible Vermögensgegenstände iSd. §
26 Nr. 4 InvStG darstellen. Die Aussage steht zwar in einem gewissen
Widerspruch zu den Ausführungen zur 10%-Schmutzgrenze, wonach Anteile
an gewerblich geprägten Personengesellschaften auf die Schmutzgrenze
angerechnet werden (siehe oben). Da die Ausführungen zur Schmutzgrenze
insoweit vom letzten Entwurf übernommen wurden, gehen wir jedoch
diesbezüglich von einem Redaktionsversehen aus.
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20%-Grenze für nicht notierte Anteile an Kapitalgesellschaften: Die 20%-Grenze ist lt. BMF nicht anzuwenden auf Anteile an
qualifizierten Investmentfonds (§ 26 Nr. 4 Buchst. h) InvStG) sowie
Spezial-Investmentfonds (§ 26 Nr. 4 Buchst. i) InvStG), die als
Kapitalgesellschaften ausgestaltet sind (Tz. 26.27, 26.33). Hingegen
ist bei Anteilen an nicht qualifizierten Investmentfonds, die als
Kapitalgesellschaftsbeteiligung (§ 26 Nr. 4 Buchst. m) InvStG) erworben
werden, die 20%-Grenze zu beachten (Tz. 26.28). Keine Aussage enthält
der Entwurf zu der Frage, ob für nicht notierte Wertpapiere iSv. § 26
Nr. 4 Buchst. a) InvStG (einschließlich Anteile an nicht qualifizierten
Investmentfonds, die als Wertpapiere erworben werden) die 20%-Grenze
gilt. Unseres Erachtens ist dies der Fall.
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10%-Grenze bei Beteiligungen an Kapitalgesellschaften: Lt. BMF gilt die 10%-Grenze (Einzelemittentengrenze) nicht für
Anteile an qualifizierten Investmentfonds (§ 26 Nr. 4 Buchst. h)
InvStG) sowie für Anteile an Spezial-Investmentfonds (§ 26 Nr. 4
Buchst. i) InvStG) (Tz. 26.37). Ein Verstoß gegen die 10%-Grenze soll
im Übrigen keinen wesentlichen Verstoß gegen die Anlagebestimmungen des
§ 26 InvStG darstellen (Tz. 26.39). Vielmehr sind dem Fonds bzw. seinen
Anlegern (nur) etwaige steuerliche Vorteile, die sich aus der
Überschreitung ergeben könnten (z.B. DBA-Quellensteuerermäßigungen), zu
versagen (§ 29 Absatz 3 InvStG).
- Altbeteiligungen natürlicher Personen an Spezial-Investmentfonds: Im Zusammenhang mit dem Bestandsschutz für Altbeteiligungen natürlicher Personen an Spezial-Investmentfonds (§ 26 Nr. 8 Buchst. c) InvStG) hat das BMF ein Redaktionsversehen des Vorentwurfs korrigiert. Nicht unter den Bestandsschutz fallen demnach Beteiligungen an Personengesellschaften nach dem 08.06.2016 (Vorentwurf: 24.02.2016), sofern die Personengesellschaft bereits vor dem 09.06.2016 (Vorentwurf: 24.02.2016) am Spezial-Investmentfonds beteiligt war (Tz. 26.43).
Weitere Regelungen
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Abzugsverbot nach § 44 InvStG
: Aufgrund der Besteuerungssystematik im Körperschaftsteuerrecht, die
im Grundsatz keine Ausgabenkürzung vergleichbar dem § 3c Abs. 2 EStG
vorsieht, ist § 44 InvStG nach Ansicht des BMF für Körperschaften
einschränkend auszulegen. Daher sind bei Körperschaften keine
anteiligen Kürzungen von Aufwendungen vorzunehmen, soweit die folgenden
Steuerbefreiungen anzuwenden sind (Tz. 44.3):
- Steuerbefreiung nach § 42 Abs. 2 InvStG für bestimmte Beteiligungserträge (Dividenden aus Schachtelbeteiligungen und Veräußerungsgewinne)
- Steuerbefreiung nach § 42 Abs. 4, 5 InvStG für inländische Beteiligungs- und Immobilienerträge, die auf Fondsebene besteuert wurden (d.h. keine Ausübung der Transparenzoption)
- Steuerbefreiung nach § 43 Abs. 2 InvStG für ausgeschüttete Hinzurechnungsbeträge
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Steuerbefreiung nach § 49 Abs. 1 InvStG für
Anleger-Aktiengewinn
Dagegen soll das Abzugsverbot anzuwenden sein auf Aufwendungen im Zusammenhang mit Erträgen, die nach § 43 Abs. 1 InvStG (DBA-Freistellung) oder nach § 43 Abs. 3 InvStG (Teilfreistellungen) steuerbefreit sind. Im Übrigen stellt das BMF klar, dass die pauschalen Abzugsverbote iHv. 5% nach § 8b Abs. 3 oder 5 KStG in den o.g. Fällen anwendbar bleiben (Tz. 44.3).
Die Zuordnung von Aufwendungen soll auf den Anteil des jeweiligen „Quellvermögens“ am Gesamtvermögen des Spezial-Investmentfonds abzustellen sein (Tz. 44.4). Aus Vereinfachungsgründen darf auch auf das Verhältnis von steuerfreien und steuerpflichtigen Erträgen abgestellt werden, wobei das BMF ein Hin- und Herwechseln zwischen beiden Methoden nicht zulässt (Tz. 44.5).
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Gewerbesteuerbefreiung
: Das BMF hält an seiner bereits in einem Verbändeschreiben geäußerten
Auffassung fest, dass die (teilweise) Steuerbefreiung nach § 42 Abs. 5
InvStG für inländische Immobilienerträge und sonstige inländische
Einkünfte, die von dem Spezial-Investmentfonds versteuert wurden (d.h.
keine Ausübung der Immobilien-Transparenzoption), auch für
Gewerbesteuerzwecke gilt (Tz. 45.2).