Internationale Verfolgung von Kartellverstößen in der EU, Brasilien und Russland
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Die Bekämpfung von Kartellen bleibt für die europäischen Wettbewerbsbehörden eine Priorität
Die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts innerhalb der Europäischen Union (EU) ist zwischen der Europäischen Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten aufgeteilt. Sowohl von der Kommission als auch von den nationalen Kartellbehörden wird regelmäßig betont, dass für sie die Verfolgung von Kartellen höchste Priorität hat. Dies führte in den letzten Jahren zu der Verhängung von Geldbußen in Rekordhöhe.
Grundsätzlich ist das EU-Wettbewerbsrecht auf jegliches Verhalten anwendbar, das innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (d. h. die EU, Norwegen, Liechtenstein und Island) Auswirkungen auf den Wettbewerb haben kann. Auch die Verteilung der Verfahren zwischen der Kommission und den nationalen Behörden richtet sich nach den potentiellen Auswirkungen des fraglichen Wettbewerbsverhaltens. Von der Europäischen Kommission werden vornehmlich solche Verhaltensweisen untersucht, die mehr als drei Mitgliedstaaten betreffen, während sich die nationalen Behörden eher auf solche Fälle konzentrieren, die vorwiegend ihr Staatsgebiet betreffen. Dennoch verbleibt eine parallele Zuständigkeit, so dass die Zuordnung nicht immer offensichtlich ist. Vor diesem Hintergrund und angesichts des Umstandes, dass die meisten Verfahren heute durch Kronzeugenanträge initiiert werden, wurde von dem Netzwerk der europäischen Wettbewerbsbehörden (ECN) das sogenannte Model Leniency-Programm eingeführt.
Das Programm sieht vor, dass Unternehmen, die in Brüssel einen vollständigen Kronzeugenantrag einreichen, in denjenigen Mitgliedstaaten, die ihrer Auffassung nach potentiell betroffen sind, lediglich Kurzanträge (Marker) einreichen müssen. Diese Kurzanträge müssen nur dann in vollwertige Anträge umgewandelt werden, wenn sich die Europäische Kommission entschließt, in einem Kartellfall nicht oder nur teilweise zu ermitteln. Dadurch wird die bürokratische Bürde eines potentiellen Antragstellers deutlich verringert. Außerdem hat dieses Verfahren zum Ziel, die mit der Anwendung verbundene Unsicherheit zu verringern, welche sich sonst aus der Vielzahl verschiedener Kronzeugenprogramme und deren Eigenheiten ergäbe. Der Europäische Gerichtshof, das höchste Gericht der EU, hat jedoch diesen Vorteil vor kurzem dadurch beträchtlich verringert, indem er entschieden hat, dass die Kurzanträge von den vollständigen Anträgen bei der Kommission als formal unabhängig zu betrachten sind. Somit müssen Unternehmen, die einen Geldbußenerlass beantragt haben, sobald sie neue Tatsachen entdecken oder die Europäische Kommission ihr Verfahren auf Teile des Untersuchungsgegenstandes begrenzt stets dafür Sorge tragen, ihre Kurzanträge entsprechend anzupassen.
Die privatrechtliche Kartellverfolgung wird in Europa voraussichtlich weiterhin zunehmen
Zumindest in Kontinentaleuropa hat die privatrechtliche Durchsetzung kartellrechtlicher Ansprüche historisch gesehen lediglich eine vergleichsweise geringe Rolle gespielt; erst seit kurzem hat diese in einigen Mitgliedstaaten zugenommen. Die EU hat inzwischen eine neue Kartellschadenersatzrichtlinie erlassen, nach der alle Mitgliedstaaten verpflichtet sind, sicherzustellen, dass potentielle Opfer wettbewerbswidriger Verhaltensweisen ihre Schadenersatzansprüche wirksam durchsetzen können. Während von den meisten Mitgliedstaaten die Umsetzungsfrist bis Ende 2016 nicht eingehalten wurde, werden sich die Kartellschadenersatzrichtlinie und die bevorstehenden nationalen Gesetzgebungen zur Umsetzung der Richtlinie bereits bald auf privatrechtliche Schadensersatzprozesse auswirken. Unternehmen, denen Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht vorgeworfen werden, unterliegen dann bestimmten Offenlegungspflichten, einer gesamtschuldnerischen Haftung sowie längeren Verjährungsfristen. Darüber hinaus wird eine gesetzliche Vermutung eingeführt, derzufolge eine kartellwidrige Absprache regelmäßig einen Schaden verursacht. Die Kartellschadenersatzrichtlinie wird die Bemühungen der Unternehmen verstärken, Schadenersatz wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens einzuklagen. Hierdurch wird die Bedeutung der privatrechtlichen Durchsetzung des Kartellrechts in Europa zunehmen.
Europäische Kommission erwägt eine Stärkung der Durchsetzungsbefugnisse der nationalen Kartellbehörden
In Hinblick auf die behördliche Durchsetzung erwägt die Europäische Kommission derzeit den Erlass legislativer Maßnahmen, die darauf abzielen, den nationalen Behörden eine effektivere Durchsetzung zu ermöglichen. Zu diesem Zweck hat die Brüsseler Behörde eine Konsultation durchgeführt, im Rahmen derer untersucht wird, wie eine solche Stärkung der Durchsetzungsbefugnisse ausgestaltet sein könnte. Insbesondere geht es um die Frage, wie sichergestellt werden kann, dass die nationalen Behörden:
- über die notwendigen Ressourcen und das notwendige Personal verfügen, um ihre Aufgaben zu erfüllen und unabhängig die europäischen Wettbewerbsregeln durchsetzen zu können;
- über ein angemessenes Instrumentarium verfügen, um Verstöße festzustellen und zu bewältigen;
- gegen Unternehmen, die gegen die Vorschriften verstoßen, effektive Geldbußen verhängen können; und
- über Kronzeugenregelungen verfügen, durch die Unternehmen ermutigt werden, Beweise zu rechtswidrigen Kartellen zur Verfügung zu stellen, und die in ganz Europa effektiv funktionieren.
Im Rahmen der Einleitung des Konsultationsverfahrens machte die Kommission deutlich, dass die Konsultation wahrscheinlich in dem Erlass von neuen Rechtsvorschriften münden wird, die möglicherweise bereits im ersten Quartal des Jahres 2017 zu erwarten sind.
Jüngste Verbesserungen bei der Bekämpfung internationaler Kartelle in Brasilien
Nach brasilianischem Recht stellen Kartelle sowohl eine Ordnungswidrigkeit als auch ein strafrechtliches Vergehen dar. Hinsichtlich der verwaltungsrechtlichen Verfolgung internationaler Kartelle hat Brasilien das sogenannte Auswirkungsprinzip eingeführt. Danach beurteilt die brasilianische Kartellbehörde (CADE) Kartellverstöße vor dem Hintergrund der beabsichtigten potentiellen Auswirkungen des wettbewerbswidrigen Verhaltens in Brasilien, unabhängig davon, ob die rechtswidrigen Praktiken außerhalb des brasilianischen Staatsgebiets ausgeführt wurden oder nicht. Die Auswirkungen internationaler Kartelle auf die Wirtschaft und Verbraucher werden als deutlich schädlicher empfunden, als die Auswirkungen einheimischer Kartelle, und die Auswirkungen können besonders schädlich für Entwicklungsländer sein.
Brasilien setzt dabei stark auf die Kronzeugenregelung der CADE, ebenso wie auf Unterlassungsvergleiche (TCC) als Quellen für Ermittlungen in internationalen Kartellfällen. Um in das Kronzeugenprogramm aufgenommen zu werden, muss der Antragsteller seine Beteiligung an dem Kartellverstoß als Erster einräumen und seine Beteiligung an diesem Verstoß beenden, hinreichende Informationen vorlegen, die CADE nicht bereits vorliegen, und sich dazu verpflichten, mit CADE im Rahmen der Untersuchungen vollumfänglich zu kooperieren (Art. 86 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 12.529/2011). Wenn keine Möglichkeit mehr besteht, die Aufnahme in das Kronzeugenprogramm zu beantragen, kann das beklagte Unternehmen einen TCC schließen, mit dem Ziel, eine Herabsetzung der Geldbuße und die Aussetzung der Ermittlungen gegen die TCC-Vergleichspartei und sogar die Einstellung des Ermittlungsverfahrens zu erreichen, sofern die Bestimmungen des TCC eingehalten werden.
Während im Rahmen der Kronzeugenregelung einem Antragsteller eine administrative Geldbuße vollständig oder teilweise erlassen und natürlichen Personen strafrechtliche Immunität, also Schutz vor Strafverfolgung, gewährt werden kann, kann die Vergleichspartei eines TCC keine strafrechtliche Immunität erreichen. Allerdings sind die Antragsteller weder durch eine Kronzeugenregelung noch einen TCC vor Schadenersatzansprüchen der geschädigten Parteien geschützt.
Wird die privatrechtliche Durchsetzung kartellrechtlicher Ansprüche in Brasilien übernommen?
Nach brasilianischem Recht haften die Mitglieder eines Kartells in Bezug auf kartellbezogene Schadenersatzansprüche als Gesamtschuldner. Die Opfer solch wettbewerbswidrigen Verhaltens können vor brasilianischen Gerichten Schadenersatz und entgangenen Gewinn einklagen. Wenngleich sich die privatrechtliche Durchsetzung kartellrechtlicher Ansprüche in Brasilien noch in der Anfangsphase befindet, ist davon auszugehen, dass sich dies bald ändert, da die ersten Gerichtsentscheidungen zu Schadenersatzzahlungen ergangen sind und in Brasilien ein allgemeines Bewusstsein für wettbewerbsrechtliche Fragestellungen in dem Maße wächst, in dem die Zahl der Entscheidungen der CADE zu Kartellverletzungen steigt.
Größte Herausforderungen für die brasilianischen Wettbewerbsbehörden in grenzüberschreitenden Fällen
Seit der Einführung von Kronzeugenprogrammen und Durchsuchungen als Ermittlungsinstrumente im Jahr 2000 hat die Verfolgung von Hardcore-Kartellen in Brasilien oberste Priorität und das Land hat seitdem auf dem Gebiet der Kartellbekämpfung bedeutsame Entwicklungen erfahren. Die Zahl der Kartellverfahren hat rapide zugenommen, es wurden durchweg sowohl gegen Unternehmen als auch natürliche Personen härtere Strafen verhängt und die Interaktion und Kooperation mit inländischen Staatsanwaltschaften ebenso wie mit ausländischen Behörden, einschließlich dem US-amerikanischen Justizministerium und der Europäischen Kommission, intensiviert. Dessen ungeachtet bleiben, insbesondere angesichts der Überwindung territorialer Grenzen, grenzüberschreitende Kartellermittlungen eine große Herausforderung für den Zugang zu Beweismitteln, hinsichtlich der Auffindung von Tätern, der Einziehung von Geldbußen und der Vollstreckung von Entscheidungen gegen mittellose Täter in Brasilien.
Russisches Wettbewerbsrecht: Extraterritorialität und internationale Zusammenarbeit
Anders als Brasilien setzt Russland kaum auf Kronzeugenprogramme. Wenngleich im russischen Gesetz über den Schutz des Wettbewerbs (das russische Wettbewerbsgesetz) Kronzeugenbestimmungen enthalten sind und erst kürzlich zugunsten des zweiten Antragstellers ausgeweitet wurden, melden in der Praxis die Unternehmen nur sehr zögerlich Kartellverstöße in Russland.
Das russische Wettbewerbsrecht sieht vor, dass die in diesem Gesetz geregelten Beschränkungen für Vereinbarungen und Abmachungen zwischen russischen und ausländischen natürlichen Personen bzw. Unternehmen sowie zwischen ausländischen natürlichen Personen oder Unternehmen gelten, wenn sich diese Abmachungen auf den Wettbewerb im Staatsgebiet der Russischen Föderation auswirken. Wenngleich die russische Kartellbehörde (FAS) vornehmlich auf wettbewerbswidrige Vereinbarungen abzielt, die im Staatsgebiet der Russischen Föderation geschlossen wurden, berücksichtigt sie in ihrer jüngsten Praxis jedoch auch wettbewerbswidrige Verhaltensweisen im Ausland. So prüfte die FAS in dem Fall gegen Mobile TeleSystems (MTS), den größten Mobilfunkbetreiber in Russland, Verstöße auf dem Markt für Mobilfunkdienste in Usbekistan.
Das Fehlen etablierter Kooperationsverfahren mit anderen Kartellbehörden ist weiterhin die größte Herausforderung in grenzüberschreitenden Ermittlungen in Russland. In den letzten Jahren hat sich die FAS jedoch bemüht, mit der Europäischen Kommission und anderen Behörden im Rahmen von Ermittlungen zusammenzuarbeiten, einschließlich u. a. in Verfahren gegen Transportunternehmen Ende 2015. Die Bedeutung internationaler Kooperationen wurde von der FAS bei Treffen mit Kartellbehörden anderer Länder besonders hervorgehoben und hat zum Abschluss multilateraler Kooperationsvereinbarungen geführt (u. a. mit EU-Mitgliedstaaten und BRICS-Staaten).
Ausweitung des geographisch relevanten Marktes: Eurasische Wirtschaftsunion
Russland ist neben Kasachstan, Weißrussland, Kirgisien und Armenien ein Mitgliedstaat der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAEU). Es wurde eine Reihe von für die EAEU-Mitgliedstaaten geltende Regeln erlassen, die zum Ziel haben, die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts zu regulieren. Insbesondere wurden Rechtsvorschriften erlassen, die die Märkte der EAEU-Mitgliedstaaten als einen grenzüberschreitenden Markt betrachten, der zum Zwecke der Untersuchung von Kartellrechtsverstößen sämtliche Länder abdeckt. Diese wurden insbesondere in Verbindung mit dem Arzneimittelmarkt angewendet.
Nach einer Entscheidung der Eurasischen Wirtschaftskommission aus dem Jahr 2016 haben Wirtschaftseinheiten in verschiedenen EAEU-Staaten einen unterschiedlichen Zugang zu Produkten. In dem fraglichen Verfahren weigerte sich ein russischer Händler, Produkte an einen kasachischen Marktteilnehmer zu verkaufen, trotz der Tatsache, dass die Kosten für den Erwerb des Produkts von einem autorisierten Händler in der Republik Kasachstan höher waren als diejenigen des Erwerbs von einem Vertragshändler in der Russischen Föderation. Dies ist einer der ersten Fälle, in denen durch die Eurasische Wirtschaftskommission der Markt von EAEU-Mitgliedern als gemeinsamer grenzüberschreitender Markt untersucht wurde. Es ist zu erwarten, dass dieser Ansatz in künftigen Fällen weiterverfolgt wird, mit dem Ziel, in den EAEU-Mitgliedstaaten einheitliche Wettbewerbsregeln zu gewährleisten.
Privatrechtliche Kartellbekämpfung in Russland
Gemäß dem russischen Wettbewerbsrecht haften die Mitglieder eines Kartells für die durch einen Verstoß verursachten Schäden getrennt. Die Opfer eines Kartellverstoßes können für die durch die Verletzung entstandenen Schäden gerichtlich Schadenersatz einklagen. In der Praxis ist es jedoch schwierig, den Nachweis einer direkten Verbindung zwischen einem Verstoß und den daraus resultierenden Schäden zu beweisen, und es gibt nur wenige Fälle, in denen Unternehmen, die gegen das Kartellrecht verstoßen haben, Schadenersatz zahlen mussten. Dessen ungeachtet beabsichtigt die FAS, die Zahl der privatrechtlichen Kartellbekämpfungsverfahren in den nächsten Jahren zu erhöhen und hat erst vor Kurzem die Methoden zum Nachweis und zur Berechnung der Höhe der durch Kartellrechtsverstöße entstandenen Verluste und Schäden geregelt.
COMBATE A CARTÉIS INTERNACIONAIS NA UNIÃO EUROPEIA, NO BRASIL E NA RÚSSIA
O combate a cartéis com base em pedidos de imunidade continua sendo prioridade para as autoridades antitruste europeias
A aplicação de regras antitruste na União Europeia (UE) é dividida entre a Comissão Europeia (CE) e as Autoridades Nacionais da Concorrência (ANCs) dos países membros. Tanto a CE como as ANCs frequentemente enfatizam que os casos de cartel constituem-se em prioridade. Como consequência, a CE tem recentemente imposto multas recorde.
Em princípio, o direito concorrencial europeu aplica-se a todas as condutas que possam causar efeitos no âmbito do Espaço Econômico Europeu (ou seja, UE, Noruega, Liechtenstein e Islândia). A alocação de casos entre a CE e as ANCs também baseia-se nos efeitos potenciais da conduta. A CE tende a investigar condutas que afetem mais de três estados membros, ao passo que as ANCs concentram-se nos casos que afetam predominantemente os seus respectivos territórios. No entanto, tendo em vista possíveis competências paralelas, tal alocação nem sempre é evidente. Além disso, considerando que a maioria dos casos atuais inicia-se com base em pedidos de imunidade, a CE e as ANCs estabeleceram o chamado Programa Modelo de Leniência da Rede Europeia da Concorrência (REC).
De acordo com esse programa, empresas que submetam um pedido completo de imunidade perante a CE devem apenas apresentar pedidos sumários perante as ANCs dos países que considerem potencialmente afetados. Tais pedidos sumários somente deverão ser complementados para compor pedidos integrais caso a CE decida não investigar o caso, parcialmente ou no todo. Dessa maneira, o procedimento do pedido sumário reduz o ônus burocrático para os potenciais requerentes de imunidade. No mais, referido procedimento tem por objetivo diminuir a incerteza que inevitavelmente surgiria no caso de pedidos individuais a serem apresentados em relação aos diferentes programas de leniência disponibilizados pelos vários estados membros. Entretanto, o Tribunal de Justiça da EU, a mais alta corte da EU, recentemente considerou que os pedidos sumários são formalmente independentes do pedido integral perante a CE. Assim sendo, empresas que desejem submeter pedidos de imunidade devem atualizar os pedidos sumários quando tomem ciência de novos fatos ou quando a CE decida limitar a investigação.
A persecução privada deve continuar se intensificando na Europa
Ao menos na Europa continental, a persecução privada antitruste desempenhou historicamente apenas um papel secundário, que somente recentemente ganhou maior destaque em alguns estados membros. No entanto, a UE aprovou uma nova Diretiva sobre Indenizações por Infrações Concorrenciais obrigando todos os estados membros a garantir que potenciais vítimas de condutas anticompetitivas possam efetivamente demandar a reparação de danos. Ainda que a maioria dos países não tenham cumprido o prazo de implementação no final de 2016, a Diretiva sobre Indenizações por Infrações Concorrenciais e as futuras respectivas legislações nacionais deverão impactar os casos de reparação de danos. Empresas que supostamente tenham violado regras de direito concorrencial estarão sujeitas a obrigações de divulgar informações, bem como à responsabilização solidária e a prazos prescricionais mais longos. Além disso, haverá uma presunção legal de que cartéis causam danos. A Diretiva sobre Indenizações por Infrações Concorrenciais provavelmente incentivará as vítimas a reclamar danos resultantes de suposto comportamento anticompetitivo, reforçando a importância da persecução privada antitruste na Europa.
A CE considera reforçar os poderes de investigação e execução das ANCs
No que se refere à persecução pública, a CE atualmente está considerando medidas legislativas que reforcem os poderes das ANCs. Para tanto, a CE abriu uma consulta pública questionando como se pode garantir que as ANCs:
- atuem independentemente na aplicação das regras concorrenciais europeias e tenham recursos e pessoal suficientes;
- disponham de instrumentos adequados para detectar e deter infrações;
- possam impor multas efetivas a empresas infratoras; e
- disponham de programas de leniência que encorajem as empresas a se apresentarem com provas relativas a cartéis ilegais e que funcionem de maneira efetiva em toda a Europa.
Quando abriu o processo de consulta pública, a CE afirmou que o resultado dessa consulta formará a base para nova legislação, cuja aprovação é esperada já para o primeiro trimestre de 2017.
Desenvolvimentos recentes na persecução de cartéis internacionais no Brasil
De acordo com o direito brasileiro, a formação de cartel configura tanto uma infração administrativa quanto crime. Para a persecução administrativa de cartéis internacionais, o Brasil adota a chamada doutrina dos efeitos. Dessa maneira, a autoridade antitruste brasileira (CADE) analisa cartéis enquanto infrações com base nos efeitos da conduta pretendidos no Brasil, independentemente de tal conduta ter ocorrido ou não fora do território brasileiro. Considera-se que os efeitos de cartéis internacionais sobre a economia e os consumidores sejam ainda mais nocivos do que os de cartéis domésticos e que tal impacto seja ainda mais nefasto para países em desenvolvimento.
No Brasil, o programa de leniência do CADE e os Termos de Compromisso de Cessação (TCC) constituem-se em importantes recursos para a investigação de cartéis internacionais. Para poder se beneficiar de um acordo de leniência, o requerente deve ser o primeiro a confessar e a cessar a sua participação na conduta anticompetitiva, prestar informação suficiente que ainda não tenha sido obtida pelo CADE e concordar em cooperar integralmente nas investigações (Art. 86 § 1° Lei n° 12.529/2011). Quando não for mais possível requerer leniência, poderá a parte interessada firmar um TCC para acordar o pagamento de uma multa reduzida e ter as investigações suspensas e até encerradas após o cumprimento integral do TCC.
Enquanto o acordo de leniência garante imunidade administrativa parcial ou total ao requerente e imunidade criminal às pessoas físicas, a parte signatária do TCC não se beneficiará de imunidade criminal. Entretanto, nem o programa de leniência nem o TCC protege os requerentes contra ações civis de reparação por danos concorrenciais interpostas por partes lesadas pela conduta anticompetitiva.
Houve um aumento dos casos de persecução privada para a reparação de danos concorrenciais no Brasil?
De acordo com o direito brasileiro, os membros de um cartel são solidariamente responsáveis pelos danos concorrenciais causados. Quaisquer vítimas de tal conduta anticompetitiva podem demandar a compensação por perdas e danos perante os tribunais brasileiros. Ainda que a persecução privada encontre-se ainda em um estágio bastante preliminar no Brasil, espera-se que tal situação mude conforme as primeiras decisões favoráveis à reparação de danos concorrenciais sejam exaradas e haja maior sensibilização a respeito do direito antitruste no país com um aumento de decisões do CADE relativas a infrações concorrenciais.
Principais desafios na aplicação da lei concorrencial no Brasil em casos internacionais
Desde a introdução dos acordos de leniência e das buscas e apreensões como instrumentos investigativos no ano de 2000, o combate aos chamados cartéis “hard-core” foi fixado com prioridade máxima no Brasil e o país vivenciou significativos avanços na área da persecução de cartéis. O número de investigações de cartéis sofreu um rápido incremento, penalidades mais severas foram impostas de maneira consistente tanto em relação a empresas como em relação a pessoas físicas, a interação e a cooperação com promotores e procuradores brasileiros bem como com autoridades estrangeiras, incluindo o Departamento de Justiça norte-americano e a CE, foram intensificadas. Entretanto, investigações internacionais de cartéis ainda implicam em uma série de dificuldades, principalmente no que se refere à superação de barreiras territoriais para a obtenção de provas, localização de infratores, recolhimento de pagamento de multas e execução de decisões contra infratores sem bens ou patrimônio no Brasil.
Lei Concorrencial Russa: extraterritorialidade e cooperação internacional
Diferentemente do Brasil, a Rússia raramente faz uso de acordos de leniência. Ainda que a Lei Russa sobre a Proteção da Concorrência (Lei Concorrencial Russa) contenha disposições a respeito de leniência, as quais foram recentemente estendidas para também beneficiar o segundo requerente, na prática, as empresas ainda são relutantes em se apresentar para comunicar infrações concorrenciais na Rússia.
A Lei Concorrencial Russa dispõe que as restrições definidas nessa lei são aplicáveis a acordos entre empresas e indivíduos russos e estrangeiros ou também entre empresas e indivíduos estrangeiros, desde que tais acordos tenham impacto na concorrência no mercado russo. Ainda que autoridade antitruste russa (FAS) concentre-se sobretudo em acordos anticompetitivos realizados no território russo, a prática recente tem cada vez mais considerado condutas ocorridas no exterior. Por exemplo, no caso contra a Mobile TeleSystems (MTS), a maior operadora de telefonia celular na Rússia, a FAS analisou a infração no mercado de serviços de telefonia móvel no Uzbequistão.
A ausência de uma cooperação bem estabelecida com outras autoridades antitruste segue sendo um desafio para investigações transnacionais na Rússia. No entanto, nos últimos anos, a FAS tem tendido a cooperar com a CE e outras autoridades em investigações, incluindo por exemplo o caso contra as empresas de transporte marítimo no final de 2015. A importância da cooperação internacional foi reconhecida pela FAS em reuniões com autoridades antitruste de outros países e, como resultado, acordos de cooperação multilateral foram firmados (entre outros, com países da UE e BRICS).
Ampliando o mercado relevante geográfico: União Econômica Eurasiática
A Rússia, juntamente com o Cazaquistão, Belarus, Quirquistão e a Armênia, é estado membro da União Econômica Eurasiática (UEE). Uma série de regras aplicáveis aos estados membros da UEE foram editadas com o objetivo de regular a cooperação na área do direito concorrencial. Tais regras incluem leis que consideram os mercados dos estados membros da UEE como um único mercado transfronteiriço abrangendo os territórios de todos os países para fins de análise de violações antitruste. Essas leis tem sido aplicadas, em especial, com relação ao mercado farmacêutico.
Em 2016, a Comissão Econômica da Eurásia exarou uma decisão de acordo com a qual participantes do mercado teriam acesso desigual a produtos em diferentes estados membros da UEE. Nesse caso, um fornecedor russo recusou-se a vender seus produtos a um comprador cazaque, ainda que o custo do produto para um fornecedor autorizado no Cazaquistão fosse mais alto do que o custo para um fornecedor oficial da Rússia. Esse foi um dos primeiros casos em que a Comissão Econômica da Eurásia examinou e considerou o mercado dos estados membros da UEE como um mercado comum transnacional. Espera-se que tal orientação seja seguida em casos futuros, com vistas a garantir regras unificadas de direito concorrencial nos países da UEE.
Persecução privada na Rússia
De acordo com a Lei Concorrencial Russa, os participantes de um cartel são individualmente responsáveis pelos danos causados pela conduta anticompetitiva. As vítimas de uma violação podem demandar judicialmente a reparação por danos concorrenciais. Entretanto, na prática, é difícil demonstrar o nexo de causalidade direta entre a violação e os danos e existem apenas poucos casos em que empresas infratoras tiveram de pagar indenizações. De todas as maneiras, a FAS pretende fomentar um aumento no número de casos de persecução privada antitruste nos próximos anos e recentemente esclareceu os critérios para a comprovação e cálculo de perdas e danos causados por violações à lei concorrencial.