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ESG - Neue Compliance Anforderungen durch das Fonds­standort­gesetz

03.02.2021

Am 20.01.2021 hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Stärkung des Fondsstandortes Deutschland beschlossen. Um dieses Ziel zu erreichen, sieht das Gesetz u.a. Steuererleichterungen vor. Das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) soll partiell entbürokratisiert und die Palette der zur Verfügung stehenden Gestaltungsformen für Investmentvermögen erweitert werden (siehe unseren Newsletter zum Entwurf eines Fondsstandortgesetzes (FoG)). Darüber hinaus ist beabsichtigt, die Transparenz der Anbieter alternativer Investmentfonds und ihrer Produkte in Bezug auf Nachhaltigkeitsthemen (Environmental Social Governance, ESG) zu erhöhen.

Europäischer Hintergrund: Offenlegungs-VO und Taxonomie-VO.

Der im Fondsstandortgesetz enthaltene Änderungsentwurf des KAGB nimmt an verschiedenen Stellen Bezug auf die sog. Offenlegungs-Verordnung (EU) 2019/2088 und die Taxonomie-Verordnung (EU) 2020/852. Beide Verordnungen gelten als Kernbestandteile der europäischen Regulierungsbestrebungen im Zusammenhang mit der Förderung nachhaltigen Wachstums (EU-Kommission, Sustainable Finance Action Plan vom 08.03.2018, COM(2018) 97 final).

Für wen gelten die ESG Vorgaben der Offenlegungs-VO und der Taxonomie-VO?

Mit der Offenlegungs-VO werden für Finanzmarktteilnehmer und teilweise auch für Finanzberater harmonisierte Vorschriften über die Transparenz bei der Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken und der Berücksichtigung nachteiliger Nachhaltigkeitsauswirkungen in ihren Entscheidungsprozessen sowie bei der Bereitstellung von (vorvertraglichen) Informationen über die Nachhaltigkeit von Finanzprodukten festgelegt. Der Begriff „Finanzmarktteilnehmer“ und der damit einhergehende Anwendungsbereich der Offenlegungs-VO ist weit gefasst und betrifft u.a. Versicherungsunternehmen, die ein Versicherungsanlageprodukt anbieten, Wertpapierfirmen und Kreditinstitute, die Portfolioverwaltung anbieten, AIF- und OGAW-Verwaltungsgesellschaften sowie Fondsgesellschaften, die Produkte für die Altersvorsorge auflegen und Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge. Die Taxonomie-VO ist mit der Offenlegungs-VO verknüpft und enthält Kriterien für die Beurteilung der ökologischen Nachhaltigkeit wirtschaftlicher Aktivitäten. Der persönliche Anwendungsbereich der Taxonomie-VO ist hingegen weiter gefasst und erstreckt sich auf staatliche Organe der EU, Mitgliedstaaten, Unternehmen, die zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtet sind, sowie Finanzmarktteilnehmer i. S. d. Offenlegungs-VO.

Geplante Änderungen im KAGB mit ESG-Bezug

Die Offenlegungs-VO und die Taxonomie-VO sind unmittelbar geltendes Recht und bedürfen daher keines Umsetzungsaktes in lokales Recht. Daher ergänzen die vorgeschlagenen Änderungen des KAGB lediglich den durch die Verordnungen gesetzten Rechtsrahmen. Folgende Änderungen werden vorgeschlagen:

  • Die den Umfang der Prüfung durch den Abschlussprüfer regelnden § 121 Abs. 3 KAGB und § 136 Abs. 3 KAGB sollen dahingehend ergänzt werden, dass die Kapitalverwaltungsgesellschaften auch auf die Einhaltung der ihnen aus der Offenlegungs-VO (Art. 3 bis 13) und der Taxonomie-VO (Art. 5 bis 7) auferlegten Pflichten überprüft werden. Die neuen Transparenzpflichten beziehen sich auf den Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken, nachteiligen Nachteiligkeitsauswirkungen und die Vergütungspolitik im Zusammenhang mit der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken sowie eine Reihe vorvertraglicher Informationen zur Nachhaltigkeit von Finanzprodukten. Sie müssen Informationen offenlegen, ob und wenn ja, warum ihre Finanzprodukte zur Erreichung ökologisch nachhaltiger Ziele beitragen und in welchem Umfang die wirtschaftliche Tätigkeit ökologisch nachhaltig ist. Die BaFin darf außerdem anstelle des Abschlussprüfers eine entsprechende Prüfung auch ohne besonderen Anlass durchführen.

  • 165 Abs. 2 Nr. 42 KAGB-E erweitert die Mindestangaben in Verkaufsprospekten offener Investmentvermögen und soll festlegen, dass der Verkaufsprospekt gemäß den Art. 6 - 9 Offenlegungs-VO sowie Art. 5 - 7 Taxonomie-VO Transparenz über die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken, nachteiligen Nachhaltigkeitsauswirkungen sowie ökologischer und sozialer Merkmale herstellen muss.

  • Die in § 307 KAGB enthaltenen Informationspflichten gegenüber professionellen und semi-professionellen Anlegern sollen erweitert werden. Hinzu kommen vorvertragliche Informationen über den Umgang mit Nachhaltigkeitsaspekten gemäß Art. 6 - 9 der Offenlegungs-VO sowie Art. 5 - 7 der Taxonomie-VO.

Auswirkungen für die Praxis

Mit den beschriebenen Transparenzverpflichtungen kommt den bereits jetzt verstärkt von vielen Anlegern bzw. Investoren im Rahmen ihrer Investitionsentscheidung nachgefragten ESG-Faktoren schon auf Ebene des Marketings stärkeres Gewicht zu. Aus Sicht der Kapitalverwaltungsgesellschaften dürfte der Vertrieb an institutionelle Investoren hingegen zusätzlich bürokratisiert werden, wie bereits der Bundesverband Alternative Investments e.V. (BAI) in einer ersten Stellungnahme zum Fondsstandortgesetz kritisiert hat. Damit besteht ein gewisser Widerspruch zum erklärten Ziel des Fondsstandortgesetzes.